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Redoxprozesse sind integraler Bestandteil von zellulären Regenerationszyklen und Signaltransduktionskaskaden. Störungen der endogenen Radikalhomöostase sind mit vorzeitigen Alterungsprozessen, funktionellen Beeinträchtigungen von Geweben und Organen sowie Schäden des Genpools assoziiert.
Selen ist ein Kofaktor antioxidativ und entzündungshemmend wirkender Selenoproteine, zu denen die Glutathionperoxidasen (GSH-Px) und die Thioredoxinreduktasen (TrxR) gehören. Die GSH-Px spielt eine zentrale Rolle bei der Elimination zelltoxischer Peroxide. Eine besonders hohe Aktivität dieses Schutzenzyms findet sich in der Schilddrüse. Bei Selenmangel ist die GSH-Px-Aktivität verringert, sodass reaktive Lipidperoxide nur noch unzureichend metabolisiert werden. Als Folge werden Entzündungsprozesse angestoßen, die Schäden in endokrinologischen Geweben und den Zellmembranen verursachen können. Für eine optimale Aktivität der GSH-Px sind Selenserumspiegel von etwa 95 µg/l (= 1,18 µmol/l) notwendig. Die Thioredoxinreduktasen (TrxR) beeinflussen die DNA-Synthese, die Proteinfaltung durch Reduktion oxidierter Proteindisulfidbrücken und die Aktivität von Transkriptionsfaktoren (NFκB, AP-1). Daneben sind sie für Regenerierung von Ubichinon zu Ubichinol (Coenzym Q10) wichtig.
Selen ist ein Kofaktor der Iodthyronin-5-Deiodase. Deiodasen katalysieren die Abspaltung von Iodid aus dem Ringsystem des Thyroxins (T4), wodurch dieses in das aktive Schilddrüsenhormon Triiodthyronin (T3) umgewandelt wird. Für Prävention und TherapieVitamine, Mineralstoffe und andere Mikronährstoffe spielen eine große Rolle bei der Prävention und Therapie ernährungsassoziierter Krankheiten. Eine chronische Unterversorgung an essenziellen Mikronährstoffen kann komplexe metabolische Störungen auslösen, auf deren Boden sich im Lauf der Jahre handfeste Zivilisationserkrankungen entwickeln. In dieser Serie werden die wesentlichen, aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse über Mikronährstoffe kurz und übersichtlich zusammengefasst. Nutzen Sie das Wissen bei der Beratung in der Apotheke! AKTUELL Selen und Hashimoto-ThyreoiditisDie Hashimoto-Thyreoiditis ist eine über Jahre verlaufende schmerzlose Entzündung der Schilddrüse mit partieller oder vollständiger Zerstörung des Schilddrüsengewebes. Sie beruht auf einem Autoimmunprozess, bei dem Antikörper gegen Schilddrüsen-spezifische Antigene gebildet werden (Autoimmunthyreoiditis, AIT). Autoreaktive T-Lymphozyten und Autoantikörper gegen die thyreoidale Peroxidase (TPO) und Thyreoglobulin (TG) induzieren autoimmun-destruktive Prozesse mit der Folge einer Hypothyreose. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die häufigste Ursache einer primären Hypothyreose und tritt bevorzugt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf. Frauen sind etwa achtmal häufiger betroffen als Männer! Die Hashimoto-Thyreoiditis ist mit entzündlichen Prozessen verbunden, die in der frühen Phase mit einer leichten Lymphozyteninfiltration der Schilddrüse beginnen, symptomlos verlaufen und daher häufig nicht erkannt werden. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer dichten Lymphozyteninfiltration mit destruktiver Thyreoiditis und schließlich zur Fibrosierung der Schilddrüse. Bei der klinischen Untersuchung findet man eine nicht schmerzhafte Struma. Das klinische Bild wird im fortgeschrittenen Stadium durch die Symptome der Hypothyreose (z. B. Müdigkeit, Leistungs-, Muskelschwäche, Kälteempfindlichkeit, Kribbelparästhesien an Händen und Füßen) geprägt. Andere Autoimmunerkrankungen wie perniziöse Anämie (→ Vitamin-B12-Status) und endokrine Störungen (z. B. Nebennierenrinden-Insuffizienz) werden häufig mit beobachtet. Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis haben häufig einen unzureichenden Selen-Status. Neben der Substitutionstherapie mit Schilddrüsenhormonen (z. B. 50 –100 µg L-Thyroxin/d) konnte in verschiedenen klinischen Studien durch die Gabe des immunmodulierend und antioxidativ wirkenden Selens (z. B. 200 µg Selen/d, p. o. als Natriumselenit, Selenomethionin) der Antikörpertiter gegen die thyreoidale Peroxidase (TPO) signifikant reduziert (Abb. 1 und 2) und zum Teil sogar normalisiert werden (der TPO-Autoantikörper-Spiegel ist ein Parameter für den Grad der Entzündung der Schilddrüse). Auch die Lebensqualität kann durch die labordiagnostisch validierte Supplementierung von Selen verbessert werden [1, 2]. Abb. 1 und 2: Effekt einer dreimonatigen Gabe von Selen (200 μg/d als Natriumselenit p. o.) auf die Selenplasmaspiegel (links) und die TPO-Autoantikörper-Spiegel von Patienten mit Autoimmunthyreoiditis (n = 71). In der Verum-Gruppe (n = 36) sanken die TPO-Autoantikörper-Spiegel durchschnittlich um 36,4%, bei neun Patienten sogar auf den Normalwert [1]. KOMPAKT* * aus Uwe Gröber: Mikronährstoffe - Beratungsempfehlungen für die Praxis (Kitteltaschenbuch) Selen ist ein regulatorischer und katalytischer Kofaktor selenocysteinhaltiger Proteine (Enzyme). Funktionen:
Geschätzte angemessene Zufuhr (laut D-A-CH): Jugendliche und Erwachsene 30 –70 µg Selen/d (ideale Zufuhr für Gesunde liegt bei ca. 1,5 µg Selen/kg KG/d). Selen-Status: siehe Tabelle 1. Hinweis: Die Bestimmung im Vollblut erfasst die zelluläre Selenkonzentration, die mit dem Selengehalt der Leber korreliert. Ideale präventive Blutspiegel im Vollblut bei 160 µg/l, im Serum bei 135 µg/l. Die maximale Aktivität der GSH-Px wird bei Selenserumspiegeln um 95 µg/l erreicht. Inzwischen wurden mehrere neue Selenoenzyme entdeckt, von denen mindestens eins das Aktivitätsmaximum bei wesentlich höheren Selenspiegeln erreicht. Selenverteilung im Plasma: etwa 68% gebunden an Selenoprotein P, 25% an GSH-Px und 7% an Albumin. Interaktionen mit Arzneimitteln/Nährstoffen: Verschlechterung der Selenresorption: Alkohol, Antazida, Laxanzien, Zytostatika, Zink, Vitamin C (→ Na-Selenit). Abfall der Selenserumspiegel: Alkohol, Clozapin, Corticoide, Diuretika, Valproinsäure, Zytostatika (z. B. Cisplatin, Doxorubicin). Störung des Selenstatus: CSE-Hemmer/Statine (?), Chemo-/Strahlentherapie, Vitamin-B6 -Mangel. Erhöhter Bedarf: Schwangere, Stillende, Ernährung: vegetarisch. Erkrankungen: Aids/HIV, akutes Atemnotsyndrom (ARDS), akute Pankreatitis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), Hepatitis, Krebs, Lymphödem, Myokardinfarkt, Mukoviszidose, Phenylketonurie, Polytraumen, Rheuma, Sepsis/systemisches inflammatorisches Response-Syndrom (SIRS), Verbrennungen, Niereninsuffizienz (Dialyse). Ernährung: vegan, total parenteral (TPN); oxidativer Stress; Malabsorption; Schadstoff-/Schwermetallbelastung (Dioxin, NOx , Hg, Pb, Cd). Mangelsymptome: Allgemein: Infektanfälligkeit, Müdigkeit, Depressionen. Blut: Hämolyse, Methämoglobin-Synthese↑, GSH-Px-Aktivität↓.Fertilität: Subfertilität. Haut: erythematös. Hormone: Schilddrüsenfunktionsstörung (T3↓). Immunsystem: Immundepression, erhöhte Allergieneigung (Th2/Th2-Shift). Krebs: Inzidenz und Mortalität↑ (v. a. Prostata, Kolon). Herz: Myokardnekrose/Reperfusionsschäden, Kardiomyopathie (Keshan-Krankheit). Gelenke/Knochen: degenerative Osteoarthritis (Kashin-Beck-Krankheit). Muskulatur: Myopathien, Fatigue, Schwäche. Langfristige hochdosierte Anwendung (> 300 µg Selen/d) nur unter ärztlicher Kontrolle!√ ok auf Raster Einnahme: Natriumselenit präprandial (1 –2 h Abstand zu einer Mahlzeit). Selenhefe (enthält Se in Form des Selenomethionins = Depotform) zu den Mahlzeiten. Selenit und Selenat sind im Gegensatz zu Selenomethionin direkt bioverfügbar. Gegenanzeigen: Selenintoxikationen. Nebenwirkungen: Überdosierung: a) chronisch: Haarausfall, brüchige Fingernägel, Neuropathien; b) akut: knoblauch- bzw. rettichartiger Atemgeruch, Übelkeit, abdominelle Schmerzen. Eine Hypothyreose kann sich bei alleiniger Selensubstitution verschlechtern. Höchste, auf Dauer unschädliche Aufnahme (UL): ≤ 400 µg Selen/d. Höchste unschädliche Aufnahme (NOAEL): ≤ 850 µg Selen/d. Wechselwirkungen: Natriumselenit nicht zusammen mit Reduktionsmitteln wie Vitamin C einnehmen (Einnahmeabstand > 1 h). Schwermetalle (Hg, Pb, Cd) und hohe Zufuhr anderer Spurenelemente, v. a. Zink, Chrom (Selen-Resorption↓, v. a. Na-Selenit).
Literatur [1] Gärtner R, et al. Selenium supplementation in patients with autoimmune thyroiditis decreases thyroid peroxidase antibodies concentrations. J Clin Endocrinol Metab 2002; 87(4):1687-1691. Anschrift des
Verfassers: Was nicht zusammen mit Selen einnehmen?Wechselwirkungen: Natriumselenit nicht zusammen mit Reduktionsmitteln wie Vitamin C einnehmen (Einnahmeabstand > 1 h). Schwermetalle (Hg, Pb, Cd) und hohe Zufuhr anderer Spurenelemente, v. a. Zink, Chrom (Selen-Resorption↓, v. a. Na-Selenit).
Wann nehme ich Zink und Selen ein?Der Tageszeitpunkt einer Selenaufnahme ist grundsätzlich nicht entscheidend für die Effizienz. Jedoch sollte Selen in Form von Nahrungsergänzungsmitteln immer mit einer Mahlzeit eingenommen werden, wenn man Probleme mit der Einnahme von Kapseln und Tabletten auf leeren Magen hat.
Welche Vitamine nicht mit Selen?Sind gleichzeitig Selen und Vitamin C in einem Präparat enthalten, kann das Selen gänzlich zerstört, das Vitamin C zumindest abgeschwächt werden.
Warum soll man Zink abends einnehmen?Beginnen wir mit Zink – Zink ist eines der wichtigsten Spurenelemente für den Körper und, wie zahlreiche Supplementierer leider nicht wissen: Zink wird viel besser vertragen und vom Organismus aufgenommen, wenn es abends eingenommen wird.
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