Was passiert wenn ich keine patientenverfügung habe

Ein Arzt darf einen Patienten nur behandeln, wenn dieser in die Behandlung einwilligt (§ 630d Absatz 1 BGB). Ein Patient kann eine Behandlung sogar dann ablehnen, wenn er aufgrund der Nichtbehandlung stirbt. Der Arzt muss das respektieren. Was gilt nun aber, wenn der Patient nicht mehr einwilligungsfähig ist?

Diese Frage ist in der Praxis aus zwei Gründen wichtig. Zum einen macht sich ein Arzt strafbar, wenn er einen Patienten gegen seinen Willen behandelt. Zum anderen haben die Ärzte Angst davor, dass sie sich wegen Körperverletzung oder Totschlag durch Unterlassen strafbar machen, wenn sie nicht behandeln und der Patient stirbt.

Wenn der Patient nicht mehr einwilligungsfähig ist, müssen verschiedene Fälle unterschieden werden: Hat der Patient eine Patientenverfügung? Gibt es einen Vorsorgebevollmächtigten? Ist die medizinische Maßnahme unaufschiebbar?

Patientenverfügung vorhanden

Wenn der Patient eine Patientenverfügung erstellt hat, gibt es zunächst einmal den möglichen, aber unwahrscheinlichen Fall, dass der Patient eine Anordnung genau für die geplante Maßnahme getroffen hat. Das ist denkbar, wenn der Patient die Patientenverfügung unmittelbar vor einer Operation angepasst hat. In der Regel treffen die Patientenverfügungen allgemeine Regelungen über die Nichtbehandlung, die Unterlassung künstlicher Ernährung, etc. Dann muss jemand prüfen, ob die Voraussetzung für den Behandlungsabbruch im konreten Einzelfall vorliegen. Diese Aufgabe fällt dem Vorsorgebevollmächtigten zu. Ist kein Vorsorgebevollmächtigter vorhanden, muss das Gericht einen Betreuer bestellen. Das weitere Vorgehen hängt davon ab, wie sich der Vorsorgebevollmächtigte oder der Betreuer entscheiden. Entscheidet sich der Vorsorgebevollmächtigte oder Betreuer für die Behandlung, dann muss der Arzt behandeln. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Arzt bereits kein Behandlungsangebot unterbreitet, weil er eine Behandlung aus medizinischen Gründen für erfolglos hält.

Entscheidet sich der Vorsorgebevollmächtigte oder Betreuer gegen eine Behandlung, dann muss der Arzt die Patientenverfügung selbst prüfen. Er wird quasi als Kontrollorgan tätig. Wenn der Arzt die Einschätzung des Vorsorgebevollmächtigten oder Betreuers teilt, wird die Behandlung abgebrochen. Andernfalls muss eine Entscheidung des Betreuungsgerichts herbeigeführt werden. Wenn der Patient bis zu dieser Entscheidung sterben könnte, muss der Arzt vorübergehend weiterbehandeln.

Keine Patientenverfügung

Hat der Patient keine Patientenverfügung, dann muss der Vorsorgebevollmächtigte den mutmaßlichen Willen des Patienten ermitteln. Wenn es keine Patientenverfügung gibt, gibt es regelmäßig auch keine Vorsorgevollmacht. Dann muss das Betreuungsgericht erst einen Betreuer  bestellen. Das kann dann ein Berufsbetreuer sein, der den Patienten nicht kennt. Für diesen Betreuer ist es naturgemäß schwierig, den mutmaßlichen Patientenwillen festzustellen. Er kann hierzu Angehörige befragen. Wenn diese aber als potenzielle Erbschleicher in Betracht kommen, ist diese Erkenntnisquelle auch mit Vorsicht zu genießen. Es kann daher passieren, dass der Betreuer vorschnell zu dem Ergebnis gelangt, dass der Patient in jedem Fall eine medizinische Maximalversorgung gewünscht hätte.

Entscheidet sich der Vorsorgebevollmächtigte oder Betreuer für die Behandlung, so muss der Arzt wiederum behandeln. Entscheidet sich der Vorsorgebevollmächtigte oder Betreuer für einen Behandlungsabbruch, dann darf die Behandlung abgebrochen werden, wenn der Arzt diese Einschätzung teilt. Andernfalls ist die Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich.

Haben Sie vorgesorgt?

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass es misslich ist, wenn im Fall der Fälle keine klaren Anweisungen vorliegen. Ruhiger kann derjenige schlafen, der eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht erstellt hat. Die Vorsorgevollmacht sorgt dafür, dass im Ernstfall eine Person des Vertrauens entscheiden kann. Die Patientenverfügung gibt dieser Person die Leitlinien in die Hand, nach denen sie sich in dieser schwierigen Situation richten kann. Ihr VorsorgeAnwalt hilft Ihnen gern bei der Erstellung der Vorsorgevollmacht und der Patientenverfügung. Wenn Sie keine Vertrauensperson haben, können Sie Ihren VorsorgeAnwalt als Bevollmächtigten benennen.

  • Ratgeber

rechtzeitig vorsorge treffen

  • 19.10.2021, 21:30 Uhr
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer seine Vorsorge nicht rechtzeitig mit Vollmachten und Verfügungen plant, hat im Ernstfall keine Kontrolle darüber, was mit ihm passiert und wer seine Angelegenheiten für ihn regelt.

»Ehepartner oder Kinder beispielsweise sind nicht automatisch Vertreter, wenn man selbst nicht mehr entscheiden kann. Ohne eine Vorsorgevollmacht können Angehörige beispielsweise keine Verträge kündigen oder Leistungen bei der Pflege- oder Krankenkasse beantragen«, erklärt Birger Mählmann, Pflegeexperte der IDEAL Versicherung.

Ist man dennoch auf einen Betreuer angewiesen, bestellt ein Betreuungsgericht einen Vertreter. In der Regel legt das Gericht zwar einen Angehörigen fest, den man vielleicht ohnehin einsetzen würde. Kommt kein Angehöriger in Frage, übernimmt die Betreuung allerdings eine völlig fremde Person.

In jedem Fall findet ein gerichtliches Verfahren mit Anhörung und ärztlichem beziehungsweise psychiatrischem Gutachten des Betroffenen statt. Dafür fallen Kosten an, die man sich durch die Erstellung einer Vorsorgevollmacht sparen kann.

Was passiert, wenn die Patientenverfügung fehlt. In einem solchen Fall versucht der behandelnde Arzt, den mutmaßlichen Willen des schwer kranken Patienten zu ermitteln. Hält es der Arzt beispielsweise für sinnvoll, den Patienten jahrelang künstlich am Leben zu erhalten, können Angehörige nichts dagegen tun - auch wenn sie mit absoluter Sicherheit wissen, dass der Betroffene das so nicht gewollt hätte.

»Damit in Zeiten, in denen man nicht mehr selbst entscheiden kann, die eigenen Wünsche berücksichtigt werden, sind Patientenverfügung und Vollmachten unerlässlich«, so der Pflegeexperte Birger Mählmann. IDEAL/nd

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Welche Nachteile hat eine Patientenverfügung?

Gibt es auch Nachteile? Eine Patientenverfügung hat grundsätzlich keine Nachteile. Sie können Ihre Verfügungen jederzeit ändern oder widerrufen.

Was passiert wenn man keine Vorsorgevollmacht hat?

Haben Sie keine Vorsorgevollmacht, bestimmt ein Betreuungsgericht eine*n Betreuer*in. Der oder die Betreuer*in entscheidet dann für Sie. Denn es muss eine Person geben, die entscheidet, wenn Sie es nicht können. Wollen Sie keine Vorsorgevollmacht, dann sollten Sie möglichst eine Betreuungsverfügung ausstellen.

Hat der Ehepartner automatisch Vorsorgevollmacht?

Nein, auch wenn Sie verheiratet sind, ist Ihr Partner nicht automatisch bevollmächtigt. Sie müssen ihm eine schriftliche Vorsorgevollmacht erteilen, damit Ärzte ihm gegenüber auskunftsberechtigt sind und er medizinische und geschäftliche Angelegenheiten für Sie regeln darf.

Wer entscheidet Wenn keine Patientenverfügung vorliegt Schweiz?

Niemand kann gezwungen werden, eine Patientenverfügung zu verfassen. Liegt keine Patientenverfügung vor, so entscheiden gemäss Gesetz die nächsten Angehörigen (Aufzählung siehe Box) über die weiteren medizinischen Behandlungsschritte oder die Erwachsenenschutzbehörde (KESB) setzt eine Vertretung als Beistand ein.