Warum gibt es nur 4 Miss Marple-Filme

16 Uhr 50 ab Paddington schien von der Zeit bereits überholt, als er 1961 in die Kinos kam. Er war in Schwarz-weiß gedreht und im Mittelpunkt der Handlung stand eine alte Jungfer, die zwar längst ein Teil der Kriminalroman-Geschichte gewesen sein mochte, die aber so ganz und gar nicht in das langsam beginnende Zeitalter der Swinging Sixties passen sollte. Doch mit der Schauspielerin Margaret Rutherford, die bei den Dreharbeiten zum ersten Miss Marple-Film bereits 69 Jahre alt war, hatten die Produzenten einen absoluten Glücksgriff getätigt. Agatha-Christie-Puristen waren zuerst schockiert. Die Miss Marple der Romane war eine kultivierte, groß gewachsene, etwas blasshäutige Dame der oberen Mittelschicht, Margaret Rutherford hingegen eine klein gewachsene, korpulente Frau des Proletariats -- doch bis zum heutigen Tag müssen sich alle Miss-Marple-Darstellerinnen mit der Londonerin messen. Und keine hat dem Vergleich bislang Stand gehalten. Rutherfords Miss Marple ist kauzig. Sie ist resolut, sie bestimmt, wo es lang geht. Und wenn es darum geht, einen Mord aufzuklären, besitzt sie eine Penetranz, von der selbst ein Inspector Colombo noch etwas lernen könnte.

Mit 16 Uhr 50 ab Paddington gab Margaret Rutherford 1961 ihr Debüt in der folgenden Geschichte: Auf dem Weg von London in den Süden Englands beobachtet Miss Marple im Paddington-Express einen Mord. Sie meldet das Geschehen beim Schaffner, der jedoch glaubt, der alten Dame sei die Fantasie durchgegangen. Da keine Leiche gefunden wird, nimmt Miss Marple mit ihrem Freund, dem Bibliothekar Mister Stringer (Stringer Davis -- seine Figur ist übrigens eine Erfindung der Filme!) die Ermittlung auf -- und fördert nicht nur eine Leiche, sondern auch einen Täter zu Tage.

Mit viel Ironie ist diese erste Geschichte inszeniert. Und wahrscheinlich ist es der Humor, der den Film 1961 zum Hit werden ließ. Es ist keine laute, brüllende Komik, der Humor entsteht vielmehr aus der Interaktion der Figuren, dem Tempo, mit der die Geschichte erzählt wird und den liebenswerten Sticheleien gegen das englische Ständesystem.

Mit Vier Frauen und ein Mord ist dem Regisseur aller Filme, George Pollock, ein Jahr später sogar das Kunststück gelungen, eine Fortsetzung zu inszenieren, die besser ist als Teil eins! Als Schöffin in einem Mordprozess zieht Miss Marple den Unmut der anderen Geschworenen und des Richters auf sich, denn statt dem Prozess zu folgen, strickt sie lieber einen Pullover. Doch warum soll sie ihre Zeit mit diesem Prozess verschwenden -- wo der Angeklagte doch eindeutig unschuldig ist!

Wenn man einmal ehrlich ist, sind die Romane von Agatha Christie ganz schön brutal. Unterhaltend werden ihre Geschichten ja erst durch einen Mord. Und auch der dritte Teil der Serie, Der Wachsblumenstrauß, wird erst dadurch spannend, dass ein Sonderling ermordet wird und Miss Marple, wie immer ganz zufällig, in die Ermittlungen stolpert. Von allen Teilen ist dieser möglicherweise derjenige mit dem schwärzesten Humor!

Aufgrund des weltweiten Erfolges der Filme wurde auch Hollywood auf die betagte Hauptdarstellerin aufmerksam. Und so spielte sie 1963 auch in der Hollywood-Produktion Hotel International mit, einem weitläufig überschätzten Drama, das es der Traumfabrik jedoch gestattete, die auch in den USA ungemein populäre alte Dame mit einem Oscar auszuzeichnen.

Ganz auf Margaret Rutherford fixiert, wurde der vierte und letzte Miss-Marple-Film 1964 denn auch ganz auf sie zugeschnitten: Mörder ahoi! beruht nicht auf einer Vorlage von Agatha Christie, und dies merkt man dem Film an. Die Geschichte vom Mord auf einem Schulschiff, auf dem Jungkriminelle wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden sollen, wirkt reichlich konstruiert und weitaus weniger spritzig und amüsant als seine Vorgänger. Doch vier geniale Filme wären denn auch vielleicht einer zu viel gewesen. --Christian Lukas

Movieman.de

Moviemans Kommentar zur DVD: Das beschnittene Bildformat ist ein Skandal, besonders wenn man weiß, daß saubere, formattreue Abtastungen für die Laserdiscs erstellt worden sind. Daß das Vierer-Set nicht das kleinste Extra, nicht einmal eine gedruckte Kapitelübersicht, enthält, ist ebenso schmerzlich, denn die Lasers warteten zumindest mit den niedlichen Trailern auf. Über die Filme läßt sich nur sagen, daß es keine bessere Miss Marple gab als Mrs. Rutherford und daß die Werke bei aller Absehbarkeit wunderbar schrulliges Krimi-Kino bieten. Hinreißend natürlich auch die von Ron Goodwin komponierte Titelmusik. Sehenswert.

Bild: Das entsetzliche an der Abtastung sind nicht die Bildwerte an sich — diese sind für eine nicht anamorphe Abtastung gelungen: kontraststark, recht tiefenscharf und wenig artefaktbelastet — nein das Schlimme sind die Formate. Wie in den alten VHS-Tagen ist in drei der Filme auf das nicht originale 1,33:1-Format hineingefahren worden, so daß etwa 20% der Bildinformation verloren gehen. Einzig "Mörder Ahoi" wird in einer durchgehenden 1,66:1-Version gezeigt. "Wachsblumenstrauß" und "Vier Frauen" wird jeweils erst nach der Titelsequenz ins Bild hineingezoomt, so daß man richtig sieht, was einem entgeht; "Paddington" wird in einer durchgehenden 1.33:1-Fassung dargeboten. Uns liegen die alten MGM-Laser-Discs vor, die eindeutig die 20% Mehranteil aufweisen. Traurig, wenngleich von den Bildwerten her recht ordentlich.

Ton: Rausch- und übersteuerungsfrei gibt sich der Ton, der weder die Musik noch Stimmen verzerrt oder schrill erscheinen läßt. Dies gilt sowohl für die wunderbar besetzten Synchronfassungen, wie für die Originalspuren. --movieman.de

VideoMarkt

"Miss Marple - 16 Uhr 50 Paddington": Auf einer Zugfahrt beobachtet Miss Marple die Ermordung einer jungen Frau. Doch da die Leiche verschwindet, will man ihr keinen Glauben schenken. "Der Wachsblumenstrauß": Nach dem mysteriösen Tod von Mr. Enderby kommen auch einige seiner Erben ums Leben. Miss Marple ermittelt. "Vier Frauen und ein Mord": Miss Marple versucht, die Unschuld eines angeblichen Mörders zu beweisen. "Mörder Ahoi": Miss Marple begibt sich auf ein Schulschiff, um einen Mord aufzuklären.

Video.de

Sammlung mit den vier Agatha-Christie-Verfilmungen, in denen Margaret Rutherford die couragierte, leicht exzentrische Hobbydetektivin Miss Jane Marple verkörpert und dabei unter Beweis stellt, dass man auch als ältere Dame weder vor dem Reiten noch vor einem Degenduell zurückschrecken muss. Feste Partner an Rutherfords Seite in den legendär gewordenen Filmen sind Stringer Davis als ihr sympathischer Gehilfe und Charles Tingwell als neunmalkluger Inspektor. Rutherfords zielstrebiger Watschelgang wird durch das musikalische Leitmotiv der Filme untermalt.

Blickpunkt: Film Kurzinfo

Die vier Agatha-Christie-Verfilmungen, in denen Margaret Rutherford als Hobbydetektivin Miss Marple den Verbrechern das Fürchten lehrt.

Warum wurde Miss Marple ausgetauscht?

Agatha Christie's Marple basiert lose auf der Buch- und Kurzgeschichtenreihe mit der Titelheldin Miss Marple von Agatha Christie. Aus Altersgründen hat sich Hauptdarstellerin Geraldine McEwan nach drei Staffeln zurückgezogen, um 2008 durch Julia McKenzie ersetzt zu werden.

Wie viele Miss Marple Filme gibt es?

Kinofilme. Unter der Regie von George Pollock spielte Margaret Rutherford Miss Marple in vier Filmen, von denen allerdings nur der erste, Murder, She Said, auf einem Miss-Marple-Roman von Agatha Christie basiert, nämlich auf 4.50 from Paddington.

Welche Reihenfolge Miss Marple?

Alle Bücher in chronologischer Reihenfolge.
Band 1: Mord im Pfarrhaus. (246) ... .
Band 2: Der Dienstagabend-Klub. (114) ... .
Band 3: Die Tote in der Bibliothek. (285) ... .
Band 4: Die Schattenhand. (138) ... .
Band 5: Ein Mord wird angekündigt. (131) ... .
Band 6: Fata Morgana. (158) ... .
Band 7: Das Geheimnis der Goldmine. ... .
Band 8: 16 Uhr 50 ab Paddington..

Ist Miss Marple gestorben?

Sie starb 1972, elf Tage nach ihrem 80. Geburtstag, an Komplikationen, die sich aus einem zahnärztlichen Eingriff ergeben hatten. Beigesetzt wurde sie auf dem Friedhof der St. James Church von Gerrards Cross, Buckinghamshire.