Kann ich während der Kündigungsfrist fristlos kündigen?

Im Regelfall ist es so: Kündigt ein Arbeitnehmer unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist, darf der Arbeitgeber seinerseits nicht noch eine fristlose Kündigung aussprechen, um den Arbeitnehmer früher loszuwerden. Das bedeutet aber nicht, dass ein Arbeitnehmer, hat er einmal gekündigt, unkündbar ist. Unter gewissen Umständen ist tatsächlich eine Revanche-Kündigung durch den Arbeitgeber rechtens.

Fristlose Gegenkündigung bei Pflichtverletzung

Hat ein Arbeitnehmer etwa zum Ende des Monats ordentlich gekündigt, ist es grundsätzlich möglich, dass der Arbeitgeber ihm mit einer außerordentlichen Kündigung zuvorkommt. Dafür muss der Arbeitnehmer jedoch eine schwere Pflichtverletzung oder eine Rechtswidrigkeit begangen haben, die die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar macht. Der bloße „Abkehrwille“, den der Arbeitnehmer mit seiner Kündigung signalisiert habe, reiche für eine Gegenkündigung nicht aus. So urteilte das Arbeitsgericht Siegburg im Juli 2019.

Beispiele für Pflichtverstöße, die eine fristlose Kündigung nach einer ordentlichen Kündigung rechtfertigen, sind:

  • Arbeitsverweigerung
  • Krankfeiern
  • unangemeldete Nebentätigkeit
  • Beleidigungen, Beschimpfungen, Rufschädigung
  • Diebstahl, Betrugsversuch
  • tätliche Auseinandersetzungen
  • sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Außerdem ist eine arbeitgeberseitige fristlose Kündigung nach einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung nicht zulässig, wenn diese aus exakt dem gleichen Anlass ausgesprochen wird.

Verhaltensbedingte Gegenkündigung

Der Arbeitgeber kann nicht nur fristlos zurückkündigen, sondern auch ordentlich verhaltensbedingt. In diesem Fall muss die Kündigungsfrist eingehalten werden. Dennoch braucht der Arbeitgeber für eine ordentliche Gegenkündigung einen Grund. Sinn macht die Revanche-Kündigung in diesem Fall auch nur, wenn der Arbeitnehmer mit Vorlaufzeit gekündigt hat, um etwa eine neue Arbeitsstelle anzutreten.

Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat bereits eine neue Stelle sicher und kündigt seinen Job. Das Arbeitsverhältnis endet erst in zwölf Wochen, obwohl er mit einer deutlich kürzeren Frist hätte kündigen können. In dieser verlängerten Kündigungsfrist kommt er noch häufiger als sonst zu spät und lässt seine Aufgaben schleifen, sodass der Arbeitgeber ihm kurzerhand eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ausspricht. Der Arbeitnehmer muss das Unternehmen nun mit einer Kündigungsfrist von nur vier Wochen noch vor seinem geplanten Ausscheiden verlassen.

Kann mich mein Arbeitgeber gleich zweimal hintereinander kündigen?

Insofern wirksame Kündigungsgründe vorliegen, kann ein Arbeitnehmer auch zweimal in Folge gekündigt werden. Es ist also möglich, einen Arbeitnehmer erst ordentlich und dann noch einmal fristlos zu kündigen. Wichtig ist, dass die nachgeschobene Kündigung nicht wegen desselben Pflichtverstoßes, wegen dem der Arbeitnehmer eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung erhalten hat, erfolgen darf.

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Wann darf Dein Arbeitgeber fristlos kündigen?

Will Dein Arbeitgeber Dir fristlos kündigen, dann muss er einen wirklich wichtigen Grund haben. Obwohl er in der Kündigung selbst nicht angeben muss, warum er außerordentlich kündigt, kannst Du verlangen, dass er Dir den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilt (§ 626 Abs. 2 Satz 3 BGB).

Im Gesetz gibt es keine Liste von wichtigen Kündigungsgründen. Einzelne Urteile sind deshalb besonders wichtig, die sich in Fallgruppen für wichtige Kündigungsgründe einteilen lassen. Denn eins ist klar: Lässt ein Arbeitnehmer von einem Gericht überprüfen, ob die fristlose Kündigung gerechtfertigt war, dann muss der Arbeitgeber die Gründe beweisen.

Wichtige Kündigungsgründe für Arbeitgeber

Betrug, Diebstahl und Veruntreuung („Fall Emmely“) - Diese Straftaten stellen unabhängig von der Höhe des Schadens einen wichtigen Kündigungsgrund dar. Eine Abmahnung kann im Einzelfall erforderlich sein. Außerdem ist immer eine Interessenabwägung vorzunehmen (BAG, Urteil vom 10. Juni 2010, Az. 2 AZR 541/09). Wer 40 Jahre für denselben Arbeitgeber gearbeitet hat, ohne sich jemals etwas hat zuschulden kommen lassen, der hat Vertrauenskapital angesammelt. Eine außerordentliche Kündigung kann dann unzulässig sein, wenn der Arbeitnehmer zum Beispiel sofort seinen Fehler gesteht und sich entschuldigt (LAG Berlin, Urteil vom 16. September 2010, Az. 2 Sa 509/10).

Verdacht einer Straftat - Der Arbeitgeber kann auch dann aus wichtigem Grund kündigen, wenn gegen einen Arbeitnehmer oder Auszubildenden der schwerwiegende Verdacht einer Straftat besteht. Die Tat muss noch nicht erwiesen sein – eine bloße Vermutung allein reicht aber nicht. Vor dem Ausspruch der Kündigung muss der Arbeitgeber den betreffenden Arbeitnehmer anhören (BAG, Urteil vom 12. Februar 2015, Az. 6 AZR 845/13).

Äußerungen über den Arbeitgeber im Internet - Geschäftsschädigendes Verhalten müssen Arbeitgeber nicht hinnehmen. Sie können deshalb außerordentlich kündigen (LAG Hamm, Urteil vom 15. März 2013, Az. 13 Sa 6/13).

Beleidigung des Arbeitgebers - Das ist in der Regel ein erheblicher Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten (BAG, Urteil vom 10. Oktober 2002, Az. 2 AZR 418/01). Anders sieht es aus, wenn der Arbeitnehmer die Beleidigung in einem vertraulichen Gespräch gegenüber einem Dritten gemacht hat. Beleidigt der Arbeitnehmer mit einem Emoticon seinen Chef, darf der fristlos kündigen. Im Einzelfall muss er aber vorher abmahnen, etwa weil der Arbeitnehmer über Jahre zuverlässig gearbeitet hatte (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juni 2016, Az. 4 Sa 5/16).

Sexuelle Belästigungen von Kollegen - Auch langjährig Beschäftigte können außerordentlich gekündigt werden, wenn sie eine Kollegin oder einen Kollegen sexuell belästigen (BAG, Urteil vom 9. Juni 2011, Az. 2 AZR 323/10; LAG Niedersachsen, Urteil vom 6. Dezember 2013, Az. 6 Sa 391/13).

Mobbing - Wer seine Kollegen unter Druck setzt, herabwürdigt und schlecht behandelt, riskiert eine Kündigung. Je schwerer der Vorwurf, desto eher kann der Arbeitgeber sogar ohne Abmahnung kündigen (LAG Thüringen, Urteil vom 15. Februar 2001, Az. 5 Sa 102/00).

Drogenkonsum - Konsumiert ein LKW-Fahrer harte Drogen wie Crystal Meth, darf der Arbeitgeber ihn außerordentlich kündigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob er die Drogen vor oder während der Arbeitszeit genommen hat (BAG, Urteil vom 20. Oktober 2016, Az. 6 AZR 471/15).

Arbeitsverweigerung - Es genügt nicht, wenn der Arbeitnehmer bloß eine Weisung seines Vorgesetzten unbeachtet lässt: Er muss die Arbeit beharrlich verweigern. Eine vorherige Abmahnung ist normalerweise nötig (LAG Hamm, Urteil vom 25. Mai 2012, Az. 7 Sa 2/12).

Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit - Wer vortäuscht, krank zu sein, verletzt damit seine Hauptleistungspflicht, da er nicht arbeitet, obwohl er könnte. Hinzukommt, dass er bei einer vorgetäuschten Erkrankung unberechtigt Gehalt bezieht, was zugleich ein Betrug sein kann (LAG Mecklenburg Vorpommern, Urteil vom 30. Juli 2019, 5 Sa 246/18).

Angedrohtes Krankfeiern - Droht ein gesunder Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber, er werde krankfeiern, falls er den gewünschten Urlaub nicht bekomme, stellt diese Androhung grundsätzlich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar (BAG, Urteil vom 12. März 2009, Az. 2 AZR 251/07). Aber die Abwägung der Interessen kann trotzdem dazu führen, dass der Arbeitgeber nicht fristlos künidgen durfte (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 4. Mai 2021, Az. 5 Sa 319/20).

Eigenmächtiger Urlaubsantritt - Arbeitnehmer, die ohne Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber in den Urlaub gehen, können fristlos gekündigt werden, da sie beharrlich die Arbeit verweigern (BAG, Urteil vom 21. November 1996, Az. 2 AZR 357/95). Ausnahme: Der Arbeitnehmer hat den Urlaub rechtzeitig beantragt, aber nicht bewilligt bekommen (LAG Berlin, Urteil vom 26. November 2010, Az. 10 Sa 1823/10).

Konkurrenztätigkeit - Übt ein Arbeitnehmer eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit aus, kann das ein wichtiger Grund für die Kündigung sein (LAG Hessen, Urteil vom 10. Juni 2013, Az. 21 Sa 850/12).

Arbeitszeitbetrug - Ein Arbeitnehmer, der falsch stempelt und geleistete Arbeitszeit vorspiegelt, kann fristlos entlassen werden. Das ist nicht nur bei festen Arbeitszeiten so, sondern auch bei Gleitzeit (BAG, Urteil vom 9. Juni 2011, Az. 2 AZR 381/10). Wer seine Arbeitszeit nicht korrekt dokumentiert, begeht einen schweren Vertrauensbruch (LAG Mecklenburg Vorpommern, Urteil vom 30. Juli 2019, Az. 5 Sa 246/18).

Das gilt erst recht in Fällen, in denen ein Mitarbeiter seinen Arbeitgeber dadurch täuscht, dass er einen Kollegen veranlasst, an seiner Stelle die Stempeluhr zu betätigen (BAG, Urteil vom 24.11.2005, Az. 2 AZR 39/05). Vorher kann im Einzelfall eine Abmahnung erforderlich sein (LAG Berlin, Urteil vom 13. Juni 2012, Az. 15 Sa 407/12).

Private Telefonate - Unerlaubt und heimlich auf Kosten des Arbeitgebers geführte Privattelefonate können eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (BAG, Urteil vom 4. März 2004, Az. 2 AZR 147/03).

Private PC-, Internet- und E-Mail-Nutzung - Ein Verstoß gegen das vom Arbeitgeber ausgesprochene Verbot private E-Mails während der Arbeitszeit zu verschicken, rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung – auch ohne Abmahnung, sofern die Nutzung exzessiv war (LAG Niedersachsen, Urteil vom 31. Mai 2010, Az. 12 Sa 875/09). Erstellt ein Arbeitnehmer auf einem Dienstcomputer während der Arbeitszeit sogenannte Raubkopien, darf ihn der Arbeitgeber fristlos kündigen (BAG, Urteil vom 16. Juli 2015, Az. 2 AZR 85/15).

Der Arbeitgeber muss die private Nutzung allerdings beweisen. Das geht nicht durch heimlich beschaffte Daten mittels Keylogger (Tasten-Protokollierer). Die Installation einer solchen Software verstößt gegen Grundrechte (LAG Hamm, Urteil vom 17. Juni 2016, Az. 16 Sa 1711/15).

Löschen und Kopieren von Daten - Hat ein Arbeitnehmer Kundendaten und Schriftverkehr auf seinem Arbeitsrechner gelöscht, damit sein Arbeitgeber darauf keinen Zugriff hat, kann der Arbeitgeber außerordentlich sogar ohne Abmahnung kündigen (Hessisches LAG, Urteil vom 5. August 2013, Az. 7 Sa 1060/10). Wollte der Arbeitnehmer mit der erheblichen Datenlöschung verbrannte Erde hinterlassen, rechtfertigt das die fristlose Kündigung (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. September 2020, Az. 17 Sa 8/20).

Kann ich trotz Kündigungsfrist fristlos kündigen?

Nein, gemäß § 626 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) muss ein wichtiger Grund vorliegen, wegen dem eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar wäre, damit eine fristlose Kündigung wirksam ist.

Wie kann ich mit sofortiger Wirkung kündigen?

Gründe für die fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer.
ausbleibende oder unpünktliche Bezahlung des Gehaltes (Wiederholungsfall).
unwiederbringlicher Verlust des Vertrauens zum Arbeitgeber..
Gesundheitsgefährdung..
anhaltende Arbeitsunfähigkeit..
grobe Verletzung der Pflichten des Arbeitgebers..
Verlangen einer Straftat..

Kann man gleichzeitig ordentlich und außerordentlich kündigen?

Alternativ können außerordentliche und ordentliche Kündigung gleichzeitig ausgesprochen werden, wobei die letztere nur greift, wenn die außerordentliche Kündigung unwirksam ist („vorsorgliche ordentliche Kündigung“).

Kann ich aus persönlichen Gründen fristlos kündigen?

Eine fristlose Kündigung einzureichen, ohne einen Grund anzugeben, ist gesetzlich erlaubt. In jedem Fall muss laut § 626 Abs. 1 BGB ein wichtiger Kündigungsgrund vorhanden sein. Dazu gibt es keine pauschalen Begründungen.