Was bedeuten aqp4 antikörper

Die Neuromyelitis Optica (NMO), eine entzündliche, demyelinisierende Erkrankung, welche insbesondere durch den selektiven Befall des Sehnervs und Rückenmarks charakterisiert ist, wird fälschlicherweise häufig als schwere Form der Multiplen Sklerose (MS) diagnostiziert. Die Entdeckung der AQP4-Antikörper im Serum von NMO und Hochrisiko (HR)-Patienten ermöglichte erstmals eine frühzeitige Dia-gnose und spezielle Behandlung. In diesem Artikel möchten wir einen Überblick über die diagnostische und therapeutische Bedeutung von AQP4-Antikörpern im Serum und Li-quor von NMO und HR-Patienten geben und deren Relevanz für den Krankheitsverlauf diskutieren.

Abstract

Neuromyelitis optica (NMO), an inflammatory demyelinating disease, is characterized by the occurrence of optic neuritis and longitudinally extensive transverse myelitis and is easily misdiagnosed as a severe variant of multiple sclerosis (MS). The discovery of AQP4-antibodies in serum of NMO and high-risk (HR) patients enables early diagnosis and specific treatment. In this review, we will give an overview of AQP4-antibodies in serum and cerebrospinal fluid of NMO and HR patients. In addition, the diagnostic and therapeutic relevance of these AQP4-antibodies with regard to the disease course will be discussed.

Keywords: Aquaporin-4; Behandlungsmöglichkeiten; Immunfluoreszenz; Isoformen; Neuromyelitis Optica; Schwangerschaft; Titer; aquaporin-4; immunofluorescence; isoforms; neuromyelitis optica; pregnancy; titer; treatment


Korrespondenz: Univ.-Prof. Dr. M. Reindl, Univ.-Klinik für Neurologie, Medizinische Universität Innsbruck, Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck, Österreich Tel.: +43-512-504-24363/82288 Fax: +43-512-504-24230 [email protected]


Online erschienen: 2010-11-09

Erschienen im Druck: 2010-11-01

©2010 by Walter de Gruyter Berlin New York

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Neuromyelitis optica ist eine Entzündung des Rückenmarks mit Querschnittsyndrom und teilweiser aufsteigender Entzündung innerhalb von Stunden bis Tagen von mindestens einem Sehnerv mit Sehstörungen, die bis zur Erblindung eines Auges oder beider Augen führen kann. Die Neuromyelitis optica ist selten (ca. 1 % der demyelinisierenden Erkrankungen). Es wird diskutiert, ob sie eine Sonderform der Multiplen Sklerose oder eine eigenständige Erkrankung darstellt. Multiple Sklerose ist neben Epilepsie eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen im jungen Erwachsenenalter. Bei MS sind auch andere Bereiche des Nervensystems betroffen. Auf Grund der sehr ähnlichen Symptomatik ist eine sichere Abgrenzung zwischen Multipler Sklerose und Devic-Syndrom ist zum Beginn der Erkran-kung nicht immer möglich. Die frühzeitige Unterscheidung ist jedoch wichtig, da eine unterschiedliche Behandlung notwendig ist. Das neue Verfahren zur entsprechenden Differentialdiagnose basiert auf dem Nachweis von Aquaporin-4-Antikörper. Vor einiger Zeit wurde bei Patienten mit dem Devic-Syndrom entdeckt, dass diese Antikörper gegen bestimmte neurologische Strukturen im Nervensystem besitzen. Zielantigen für diese Antikörper ist ein Protein namens Aquaporin-4, das für die Bildung von Kanälen in der Zellmembran zuständig ist und den Durchtritt von Wassermolekülen erleichtert. Antikörper gegen Aquaporin-4 werden bei über der Hälfte der Patienten mit einem Devic-Syndrom nachgewiesen, während MS-Patienten und Patienten mit anderen entzündlichen und nicht-entzündlichen neurologischen Erkrankungen nur sehr selten Aquaporin-4-Antikörper aufweisen.

Vor einiger Zeit wurde bei Patienten mit dem Devic-Syndrom entdeckt, dass sie offensichtlich Antikörper gegen eine bestimmte Struktur im Nervensystem besitzen. Es wurde vermutet, dass diese Antikörper ein Protein namens Aquaporin-4 erkennen, das für die Bildung von Kanälen in der Zellmembran zuständig ist und den Durchtritt von Wassermolekülen erleichtert. Dass die Patienten tatsächlich Antikörper gegen Aquaporin-4 in ihrem Blut haben, wurde jetzt mit dem neuen Test gezeigt, der den quantitativen Nachweis der Aquaporin-4-Antikörper ermöglicht. Aquaporin-4 wird hierbei mit einem gentechnischen Verfahren hergestellt und radioaktiv markiert. Dem Patienten wird anschließend Blut abgenommen, das daraufhin dem künstlichen Protein hinzugegeben wird. Bei Betroffenen mit dem Devic-Syndrom müssten sich die spezifischen Antikörper aus dem Blut nach einiger Zeit an das radioaktiv markierte Aquaporin-4 binden. Nicht gebundenes Aquaporin-4 wird anschließend aus der Lösung extrahiert und die restliche Radioaktivität dieser Lösung bestimmt. Je größer sie ist, desto mehr Antikörper befinden sich im Blut der Patienten, was für ein Devic-Syndrom spricht.

Antikörper gegen Aquaporin-4 konnten in der Studie unter der Leitung von Dr. Friedemann Paul und Dr. Orhan Aktas bei 63 Prozent der Patienten mit dem Devic-Syndrom nachgewiesen werden. MS-Patienten und Patienten mit anderen entzündlichen und nicht-entzündlichen neurologischen Erkrankungen wiesen hingegen fast keine Aquaporin-4-Antikörper auf. Der Antikörper ist also sehr spezifisch für das Syndrom.

"Das bedeutet, dass man mit Hilfe des Test auf Aquaporin-4-Antikörper das Devic-Syndrom diagnostizieren kann, noch bevor die Erkrankung in ein fortgeschrittenes Stadium übergeht. Weitere Krankheitsschübe könnten eventuell durch die frühzeitige Behandlung verhindert werden", erklärt Prof. Frauke Zipp, Leiterin der Cecilie-Vogt-Klinik an der Charité.