Warum soviele bedeutungen für wörter

Wörter haben keine fixen, absoluten Bedeutungen, sondern was ein Wort bedeutet, ergibt sich überhaupt nur aus dem Kontext, in dem es benutzt wird. Auch das viel diskutierte N-Wort ist für sich genommen nichts anderes als eine Aneinanderreihung von fünf Buchstaben. Würde ein Marsmensch dieses Wort aussprechen, der in keinerlei Beziehung zur Erde stünde, würde es überhaupt keine Bedeutung haben, es wäre sinn-los.

Wenn ich mich entscheide, ein Wort zu gebrauchen oder nicht, dann trage ich so oder so zur Prägung des jeweiligen Wortkontextes bei, wobei ich mich immer in einer Zwischenposition befinde: Einerseits kann ich ein Wort nicht unabhängig von der „Bedeutungswolke“ verwenden, die es im Lauf der menschlichen Geschichte bereits angenommen hat. Gleichzeitig aber trage ich mit der Art und Weise, wie ich ein Wort gebrauche (oder eben nicht) selbst auch wieder dazu bei, diese Bedeutungswolke auf die Zukunft hin zu verändern.

Was mich an der bisherigen Diskussion vor allem stört ist, wenn diese eigene Verantwortung nicht reflektiert wird. Es geht nicht darum, herauszufinden, was ein Wort „wirklich“ bedeutet, denn wir befinden uns hier nicht auf der Ebene wissenschaftlicher Beweise, die durch logische Deduktion oder im Experiment verifiziert oder falsifiziert werden können. Wir befinden uns auf der Ebene einer politischen Auseinandersetzung, in der die Sprecherin ein politisches Urteil fällt, für das sie eben auch die Verantwortung zu tragen hat.

Es ist unausweichlich, dass sich die Bedeutung von Wörtern im Lauf der Zeit verändert, weil sich der Kontext ändert, in dem die Menschen leben, und entsprechend eben auch der Kontext, in dem diese Wörter gebraucht werden. Deshalb ist ein Buch, das über hundert Jahre hinweg sprachlich nicht verändert wird, schlicht und einfach nicht mehr dasselbe Buch.

Ganz banal: Ein Buch enthält Worte, die zu der Zeit, in der es geschrieben wird, völlig geläufig sind –zum Beispiel „Schuhwichse“. Hundert Jahre später benutzt kein Mensch mehr dieses Wort. Damit nimmt die entsprechende Textstelle einen anderen Charakter an. Während die Zeitgenossinnen des Autors einfach drüber hinweglesen, weil „Schuhwichse“ für sie ein völlig normales Alltagswort ist, wird ein Leser hundert Jahre später an dieser Stelle stolpern und unter Umständen erst einmal googeln müssen, was dieses „Schuhwichse“ eigentlich sein soll.

Das heißt: Texte einfach so zu lassen wie sie sind, ist keine Lösung, denn gerade weil sie sich nicht ändern, ändern sie sich in Wirklichkeit sehr. Das ist der große Unterschied zwischen dem geschriebenen und dem gesprochenen Wort: Das geschriebene Wort wird durch die Verschriftlichung von seinem Kontext gelöst (das genau ist ja ihr Zweck), während das gesprochene Wort immer direkt an seinen Kontext gebunden ist, nämlich an den Ort und die Situation, in der sich der Körper der Sprechenden in dem jeweiligen Augenblick befindet.

Für das verschriftlichte Wort gilt also ganz besonders das, was Tomasi di Lampedusa seinerzeit so schön auf den Punkt gebracht hat: „Es muss sich alles ändern, damit es bleibt, wie es ist.“ Und die Frage ist nicht, ob, sondern wie Texte im Lauf der Zeit verändert werden müssen. Denn wenn sie nicht verändert werden, sind sie irgendwann schlicht und ergreifend unbrauchbar und taugen nur noch für Archive oder Museen.

Im Falle von rassistischer oder sexistischer Sprache geht es aber nicht nur um die Bedeutung von einzelnen Wörtern, sondern viel allgemeiner um die Bedeutung von Ideen und ihre symbolische Repräsentationen in der Sprache.

Mit diesem Thema habe ich mich im Zusammenhang mit meiner Doktorarbeit intensiv auseinandergesetzt, bei der es um die politischen Ideen der Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert ging. Um zum Beispiel die Meinungen und Ansichten, die damals zur „Rolle der Frau“ geäußert wurden, einordnen zu können, nützt es nichts, sie einfach mit der heutigen Sicht abzugleichen. Es ist nämlich nicht dasselbe, ob jemand im Jahr 1868 gegen das Frauenwahlrecht ist oder im Jahr 2013. Natürlich ist es damals wie heute „frauenfeindlich“, nur Männern das Recht zuzusprechen, in politischen Gremien Entscheidungen zu fällen. Aber es ist eben nicht auf dieselbe Weise frauenfeindlich. Es ist ein Unterschied, ob eine solche Ansicht in einem gesellschaftlichen Kontext vertreten wird, wo das Frauenstimmrecht nur von einer kleinen radikalen Minderheit gefordert wird, oder in einem Kontext, wo es seit langem eine selbstverständliche Realität ist.

Andersrum: Wenn ich bestimmte linke Denker des 19. Jahrhunderts für ihre Position in Punkto „Rolle der Frau“ als Antifeministen kritisiere (zum Beispiel Proudhon), wird häufig zu deren Verteidigung angeführt, damals wäre das doch allgemein übliche Meinung gewesen. Das ist dann genau der Punkt, wo die historisch-ideengeschichtliche Forschung einsetzt und ich genau das nachprüfe: Ist das damals wirklich allgemein verbreitete Meinung gewesen? Wo genau, auf welcher Seite des damaligen Spektrums, hat sich Proudhon zum Beispiel positioniert? In seinem Fall lässt sich klar zeigen, dass seine Äußerungen wie, man müsse eine Frau eher hinter Schloss und Riegel sperren als sie politisch mitreden zu lassen, keineswegs nur für heutige Ohren frauenfeindlich klingt, sondern auch schon für damalige Verhältnisse. Denn die meisten Menschen waren auch damals schon anderer Ansicht.

Genau diese Frage, nämlich wo ein historischer Autor oder eine historische Autorin sich damals im Diskurs verortet hat, ist meiner Ansicht auch das Kriterium, anhand dessen zu entscheiden ist, in welcher Weise seine oder ihr Texte für heute aktualisiert werden müssen. Es wäre zum Beispiel ganz falsch, die frauenfeindlichen Abschnitte in Proudhons Büchern zu glätten oder zu verändern, um den Rest seines Werkes in die heutige Zeit zu „retten“, denn – Antifeministen wie er sind nicht zu „retten“. Im Gegenteil müsste man fragen, inwiefern nicht auch der Rest seiner Ideen dementsprechend heute unbrauchbar geworden ist.

Ähnlich ist es bei der aktuellen Frage, ob rassistische Begriffe aus Kinderbüchern (also Büchern, die nicht von Historikerinnen gelesen werden, sondern von Kindern, Kontext!) zu streichen sind.

Entweder der betreffende Autor war auch in seinem zeitgenössischen Kontext ein Rassist (also verglichen mit dem Spektrum an Meinungen, das damals vertreten wurde) – dann gehören seine Bücher aber auch sowieso nicht in den alltäglichen Gebrauch, sondern ins Archiv oder ins Museum.

Oder aber der betreffende Autor oder die Autorin war im damaligen Kontext eher auf der antirassistischen Seite (ich denke zum Beispiel an die Bücher von Harriet Beecher-Stowe, die eine engagierte Kämpferin gegen die Sklaverei war, deren sprachliche Formulierungen aber zum Teil trotzdem rassistisch sind, vor dem Hintergrund all dessen, was in den seither vergangenen 150 Jahren diskutiert und herausgearbeitet worden ist) – dann wäre es geradezu eine Verfälschung des Originaltextes, solche Formulierungen einfach weiter so stehen zu lassen.

Warum haben manche Wörter mehrere Bedeutungen?

Diese nennt man Homophone (‚gleich klingend'). Und dann gibt es noch Wörter, die man zwar genau gleich schreibt, aber unterschiedlich ausspricht (z.B. MOdern und moDERN). Diese nennt man Homographe (‚gleich geschrieben'). Schuld an diesen Doppelungen sind zwei verschiedene Prozesse.

Wie nennt man es wenn ein Wort mehrere Bedeutungen hat?

Homonyme sind Wörter, die dieselbe Form, aber eine andere Bedeutung haben. Beispiel: Ball (Sport) Ball (Fest)

Was ist das Wort mit den meisten Bedeutungen?

Gemäss dem Guinness Buch der Rekorde hat übrigens das Wort «Läufer» mit 24 die meisten verschiedenen Bedeutungen. Der «Läufer» ist unter anderem ein schmaler, langer Teppich, ein junges Hausschwein oder ein Rotationskolben an einem Wankelmotor.

Woher haben Wörter ihre Bedeutung?

Die Etymologie, auch Wortherkunft und zudem kurz Herkunft genannt, befasst sich mit der Herkunft, Geschichte und Bedeutung der Wörter. Im Verständnis der Sprachwissenschaft ist die Wortherkunft die Erklärung der Entstehung eines Wortes oder Morphems in einer gegebenen Gestalt und Bedeutung.