Doktorvater wer ist der richtige

Da war Jörg Hennig für mich ein ganz entscheidender Anlaufpunkt. Immer wenn für mich die Phase der Anonymität oder die Phase der Einsamkeit zu groß wurde, habe ich angerufen, dann haben wir Fachdiskussionen geführt, hat er Unterstützung geliefert und zwar von einem Tag auf den anderen.

Damals war es Jörg Hennig, der mir mit brutalem Realismus klar machte, dass der Weg ein ganz anderer sein würde als der in eine Schulklasse. Und mich dann darauf brachte, mich wissenschaftlich stärker zu bemühen in seinem Feld. Und das war letzten Endes auch der richtige Ratschlag.

Zwei, die es geschafft haben, den langen Weg der Doktorarbeit erfolgreich zu Ende zu gehen: Juniorprofessor Dr. Bernhard Pörksen (34) und Dr. Matthias Woisin (48) – beide sind ehemalige Doktoranden von Professor Jörg Hennig am germanistischen Institut der Hamburger Universität. Ohne den heute 62-Jährigen, da sind sich beide sicher, wäre ihr Lebensweg ein ganz anderer gewesen. Nicht länger als drei Jahre soll es dauern, bis seine Studenten die erste eigene wissenschaftliche Untersuchung zu Ende geführt haben, sagt Jörg Hennig. Und erst dann, wenn die Doktorarbeit auch gedruckt und damit publiziert ist, ist der lang umkämpfte Doktortitel endlich gewonnen. Eine Zeit, die die Promovenden von Jörg Hennig nicht nur einsam und allein vor dem Schreibtisch verbringen – gemeinsam erstellte Arbeitsaufträge, regelmäßiges Checken der Ergebnisse und eine intensive Auseinandersetzung zwischen Doktorvater und angehenden Doktoranden sind die Mechanismen, mit denen Jörg Hennig seinem wissenschaftlichen Nachwuchs hilft, sich immer wieder zu motivieren. Wenn sich ein Doktorand eine Zeitlang nicht meldet, dann ruft der Doktorvater Hennig sogar selbst an.

Der Hauptgrund für diese Art von Betreuung ist meine Überzeugung, dass Wissenschaft von ihrem Wesen her dialogisch ist. Ich glaube niemand kann auf Dauer nur alleine im Kämmerchen sitzen und dort Forschung betreiben. Er muss das auch im Dialog überprüfen, was er da tut, er muss sich verantworten zwischendurch und er muss offen sein für Anregungen auch.

Das hört sich gut an – und wenn man in Jörg Hennigs strahlende und gütige Augen schaut, dann fühlt man sich tatsächlich aufgehoben wie bei einem Vater. Doch Hennig weiß: Frust über die Einsamkeit, Frust über die wissenschaftlichen Ergebnisse, die zu gering erscheinen, und vor allem privater Frust im sozialen Umfeld erfährt jeder Doktorand:

Liebeskummer ist die harmlose Variante dabei, aber in dieser Zeit kann es immer wieder dazu kommen, dass Partnerschaften auseinander gehen auch, weil möglicherweise der Partner, die Partnerin kein Verständnis dafür hat, dass man den Tag nicht so einteilen kann, dass etwa um 17 Uhr der Feierabend beginnt.

Nicht älter als dreißig Jahre sollte seiner Meinung nach ein angehender Doktorand sein. Die Promovenden wählt er persönlich aus: Wer während des Studiums ausgezeichnete Arbeiten abliefert, wird von Hennig persönlich angesprochen. Dreizehn Doktoranden hat der 62-Jährige bisher ausgebildet – mit acht Doktorandinnen in der Mehrzahl Frauen.

Eine Frau, die nach einer Kindererziehungsphase kommt und die Promotion mit auf ihrer Visitenkarte hat, den Doktortitel da drauf hat, hat es ganz sicherlich leichter, als wenn dieses da nicht steht, Anerkennung zu gewinnen in der Berufstätigkeit dann.

Die 25.000 Euro, die er für den Preis für Mentorship erhalten hat, will Jörg Hennig in die Doktorandenförderung investieren. Das Geld wird dringend gebraucht – denn eine der schwierigsten Probleme für angehende Doktoranden ist es, die eigene Existenz zu sichern:

Leider haben wir nicht genug Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter, das wären im Prinzip halbe Stellen, auf denen wir Doktoranden fördern können. Diese Stellen sind im Zuge der Stellenstreichung, weil das möglich war, das sind ja immer Zeitverträge dann, als erste gestrichen worden. Drum gibt es fast keine solchen Stellen bei uns hier mehr.

Matthias Woisin, sein ehemaliger Doktorand, der heute in der Finanzbehörde Hamburg für die überregionale Finanzplanung zuständig ist, findet es ausgezeichnet, dass endlich auch ein Professor wie Jörg Hennig, der sich in erster Linie für die Lehre engagiert hat, ausgezeichnet wird. Die Beziehung zu seinem Doktorvater ist wie bei den übrigen Doktoranden eine Freundschaft fürs Leben geworden. Es sei auch heute noch so…

dass man sich im Privatesten und Allerprivatesten zugehörig fühlt, das ist einfach ja wie große Familie.

Eine ganz wesentliche Weichenstellung für die Promotionszeit ist das Finden einer Person, die sich bereiterklärt, das Forschungsprojekt zu betreuen. Zum einen, weil es ohne eine solche betreuende Person rein formal nicht geht. Zum anderen, weil die Frage, wer die Arbeit betreut, sich auf das Thema, die Arbeitsweise, den Zeitplan und Vieles mehr auswirken kann.

Vorüberlegungen

Bevor man sich auf die Suche nach einer betreuenden Person macht, sollte man sich zunächst selbst ein paar Gedanken dazu machen, wie man sich die Promotionszeit vorstellt.

Das Thema

Zunächst sollte man sich darüber im Klaren werden, in welchem Bereich man eigentlich thematisch promovieren möchte. Viele Professor*innen betreuen zwar auch Promotionen, die nicht im Kernbereich ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit liegen und häufig gibt es auch Schnittstellen, die sich für ein Dissertationsthema eignen. Allerdings ist es – sofern man nicht eine vorbestehende Beziehung zu einer potentiellen betreuenden Person hat – sinnvoll, sich bei der Suche zunächst auf die Personen zu konzentrieren, die sich zumindest in den gleichen Gebieten bewegen, in denen man auch promovieren möchte.

Wer noch gar keine Ahnung hat, in welche Richtung es thematisch gehen soll, kann sich der Frage von zwei Richtungen aus nähern. Erstens: welche Fächer haben in der Studienzeit besonders Spaß gemacht, welche gar nicht? Gab es Seminar- oder Hausarbeiten, die besonders Freude gemacht haben? Zweitens: Was möchte man später beruflich machen? Es ist zwar keineswegs zwingend, in einem passenden Feld zu promovieren, es kann aber hilfreich sein, wenn man sich als Staatsanwalt schon einmal vertieft mit Strafprozessrecht beschäftigt oder als M&A-Anwältin eine Dissertation zum Unternehmenskauf gemacht hat.

Es ist auch möglich, ohne konkrete Gebiets-Vorstellung zu starten. Das hat den Vorteil, dass man bei der Suche nach einer betreuenden Person thematisch frei ist und damit mehr “Auswahl” hat. Wenn man vielseitig interessiert ist und/oder Lust hat, sich mit einem völlig neuen Bereich einzuarbeiten, ist das auch eine gute Erkenntnis, die man für das weitere Vorgehen nutzen kann. Wichtig ist aber – da decken sich meine eigenen Erfahrungen mit denen fast aller Interviewpartner*innen – , dass das Thema, zu dem man später promoviert einen zumindest grundsätzlich interessiert (mehr zur Themensuche gibt es in diesem Beitrag).

Orts- und Stellenwahl

Eine weitere Überlegung ist, wo man räumlich promovieren möchte. Diese Frage kann auch eng mit der Finanzierung zusammenhängen. Wer gerne am Lehrstuhl der betreuenden Person arbeiten möchte, ist entweder an die Universität(en) in der Nähe gebunden oder muss bereit sein, umzuziehen. Etwas flexibler sind die Personen, die extern promovieren, d.h. anderswo arbeiten wollen oder sich das zumindest vorstellen können. Nicht erst seit Videokonferenzen fester Bestandteil unseres Berufs- und Universitätsalltags geworden sind, ist es möglich, in einer ganz anderen Stadt zu arbeiten, als man promoviert. Möchte man allerdings von der Nähe des Lehrstuhls profitieren – ob mit oder ohne Uni-Stelle – schränkt das die Wahl durchaus ein.

Eigene Erwartungen

Hilfreich ist es außerdem, vorab die eigenen Erwartungen zu klären: warum promoviert man eigentlich? Wie lange soll die Promotion ungefähr dauern? Ist die Note wichtig oder kommt es nur auf den Titel als solchen an? Diese Fragen können deshalb wichtig sein, weil manche Professor*innen den Anspruch haben, nur besonders gute Dissertationen anzunehmen, während andere auch Dissertationen in den unteren Bereichen zulassen. Das bedeutet nicht, dass nicht auch gute, anspruchsvolle Dissertationen bei Letzteren entstehen. Wer allerdings mit dem Ziel “Hauptsache schnell den Doktortitel” promoviert, ist vermutlich bei einem*r anspruchsvollen Doktorvater*mutter nicht gut aufgehoben.

Man kann sich auch Gedanken dazu machen, wie man sich die Betreuung vorstellt. Die wenigsten haben zu Beginn der Promotionszeit schon eine klare Vorstellung, wie sie so ein großes Projekt erfolgreich angehen. Trotzdem kann man aus anderen Lebensbereichen vielleicht Rückschlüsse darüber ziehen, ob man besser arbeitet, wenn man feste Vorgaben von außen hat oder ganz frei in der eigenen Zeitplanung und Arbeitsgestaltung ist.

Bewerbung bei Professor*innen

Wenn man die Rahmenbedingungen – insbesondere Rechtsgebiet und Ort(e) – geklärt hat, gibt es meist nur noch eine Handvoll Professor*innen, die in Frage kommen. Dafür sollte man nicht nur nach der groben Aufteilung anhand des Namens von Institut oder Lehrstuhl gehen, sondern auch einmal die Veröffentlichungsliste sichten. Gerade die Veröffentlichungen der letzten zwei-drei Jahre zeigen viel darüber, was die*derjenige wissenschaftlich macht und in welche Richtung es inhaltlich gehen könnte. Es kann auch hilfreich sein, das Gespräch mit Mitarbeitenden an den entsprechenden Lehrstühlen zu suchen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die*der jeweilige Professor*in betreut, wie die Arbeit am Lehrstuhl verteilt ist und wie das soziale Klima ist.

Für die eigentliche Bewerbung sollte man zunächst nachschauen, ob es auf der Internetpräsenz des Lehrstuhls Vorgaben gibt, die man dann natürlich beachten sollte. Gibt es sie nicht, ist ein Anschreiben und ein Lebenslauf üblich. Im Anschreiben sollte man sich selbst kurz vorstellen. Dabei ist es gut, solche Aspekte hervorzuheben, die für das vorgestellte Thema oder Rechtsgebiet besonders relevant sind, oder die Fähigkeit, wissenschaftlich zu arbeiten, zeigt. Ein Tipp, den ich mir bei Bewerbungen immer wieder in Erinnerung rufe, ist, dass klar werden sollte, warum gerade ich die Richtige für gerade die Stelle/das Thema bin. Im Anschreiben kann bzw. sollte man auch bereits grobe Themenvorschläge unterbreiten. Das müssen noch keine fertig ausgearbeiteten Ideen sein, aber es sollte zeigen, dass man sich schon Gedanken gemacht und mit der Materie beschäftigt hat. Außerdem kann man die Themenvorschläge in Bezug zum wissenschaftlichen Profil des*der Professor*in setzen, um zu verdeutlichen, weshalb man sich gerade dort bewirbt. Falls man den*die Professor*in bereits aus einer Vorlesung oder einem Seminar kennt, sollte man das ebenfalls erwähnen. Schließlich kann es nützlich sein, zu erwähnen, ob man zugleich auch eine Stelle am Lehrstuhl benötigt oder möchte, oder ob man lieber extern promoviert. Aus dem Lebenslauf und/oder dem Anschreiben sollte – sofern bereits vorhanden – auch die Note des Ersten Staatsexamens hervorgehen, da sie eine wichtige Voraussetzung für die Möglichkeit, zu promovieren, darstellt (mehr dazu hier).

Wer keine klare Vorstellung hat, in welchem Rechtsgebiet er*sie promovieren möchte, kann stattdessen auch nach Stellenausschreibungen an der gewünschten Fakultät suchen. Stellen für wissenschaftliche Mitarbeitende sind häufig mit der Möglichkeit zur Promotion verbunden. Damit hat man ein mögliches Hindernis, dass schlicht keine Kapazität mehr besteht, ausgeräumt. Auch in diesem Fall sollte man im Anschreiben versuchen, Bezüge zum entsprechenden Rechtsgebiet herzustellen.

Das Vorstellungsgespräch

Sofern für den Professor oder die Professorin eine Betreuung in Frage kommt, schließt sich an die schriftliche Bewerbung in der Regel ein persönliches Vorstellungsgespräch an. Solche Gespräche sind häufig weniger förmlich als bei anderen potentiellen Arbeitgebenden. Auch der Dresscode ist häufig nicht so eng, Anzug oder Kostüm werden in der Regel nicht erwartet, es lohnt sich aber, wenn man zum Beispiel durch Bluse oder Hemd deutlich macht, dass einem das Gespräch wichtig ist.

Im Gespräch selbst geht es nicht nur darum, sich selbst als Doktorand*in zu “verkaufen”, sondern auch darum, auszuloten, ob die Rahmenbedingungen bei diesem*r Betreuer*in für einen persönlich passen. Es ist also absolut legitim – und zeugt davon, dass man sich bereits mit der Promotionszeit beschäftigt hat – selbst Fragen zu stellen, zum Beispiel zur Art der Betreuung oder zu Möglichkeiten, auch ohne Stelle einen Arbeitsplatz am Institut einzurichten.

Häufig wird auch schon einmal über das potentielle Thema einer Dissertation gesprochen. Dafür ist es gut, sich noch einmal etwas vertieft mit den eigenen Themenvorschlägen aus der Bewerbung zu beschäftigen und zumindest ein paar Ideen dazu bereit zu haben, wie ein solches Thema aussehen könnte. Es ist auch nicht unüblich, dass der*die Professor*in nach dem ersten Gespräch darum bittet, ein kurzes Exposé zu verfassen, bevor sie*er sich endgültig entscheidet, ob sie*er das Thema und die*den Doktorand*in betreuen möchte. Dabei dient aus Betreuenden-Sicht das Exposé zum einen dazu, abzuklären, ob sich das Thema wirklich für eine Dissertation eignet, zum anderen können damit aber auch grundlegende Fähigkeiten des*der Doktorand*in noch einmal überprüft werden.

Zum Schluss

Wenn Professor*in und Bewerber*in sich einig sind, gemeinsam das Projekt Dissertation angehen zu wollen, wird an manchen Fakultäten eine förmliche Promotionsvereinbarung geschlossen. An anderen Fakultäten bekommt man lediglich ein Schreiben, dass die Betreuungsabsicht bestätigt und mit dem man sich dann als Promotionsstudent*in einschreiben kann.

Falls es nicht gleich beim ersten Anlauf klappt, ist das auch nicht schlimm. Viele Doktorand*innen werden erst nach der zweiten oder dritten Bewerbung fündig. Denn Promotionsplätze sind häufig knapp und viele Professor*innen haben genaue Vorstellungen von künftigen Doktorand*innen. Also nur Mut, es noch einmal zu versuchen!

Wie wichtig ist der Doktorvater?

Doktorvater oder Doktormutter sind inoffizielle, aber überaus gebräuchliche Bezeichnungen für die Betreuenden einer Promotion. Sie sind die zentralen Ansprechpartner und Motivatoren, tragen das Promotionsvorhaben ihrer Schützlinge mit und helfen bei fachlichen und oft auch bei persönlichen Problemen weiter.

Wer kann mein Doktorvater werden?

Wer Doktorvater sein kann, regeln die Universitäten durch Promotionsordnungen. Generell können Professoren und Juniorprofessoren sowie Universitätsdozenten für die Betreuung infrage kommen.

Wer liest die Doktorarbeit?

Wenn die Doktorarbeit geschrieben ist, liest sich zunächst der Betreuer die Arbeit durch. Nach Korrekturen wird die Promotionskommission Gutachter bestellen, die eine Bewertung durchführen.

Wie nennt man einen weiblichen Doktorvater?

Du kannst ,Doktorvater' und ,Doktormutter' z. B. mit einer Doppelnennung gendern. Wir empfehlen die Verwendung einer geschlechtsneutralen Alternative.