Cardio und muskelaufbau am gleichen tag

Wer Muskeln aufbauen will, muss Krafttraining machen – sonst nichts? Eine aktuelle Studie sagt etwas anderes aus. Wenn es um Hypertrophie geht, scheinen die Forscher eine klare Trainingsempfehlung geben zu können.

Auf fachliche Richtigkeit geprüft von

Cardio und muskelaufbau am gleichen tag

Enrico Zessin, Arzt in Weiterbildung für Innere Medizin und Sportmedizin, Verbandsarzt Deutscher Leichtathletik Verband und Diplom-Molekularbiologe

Wenn man Muskeln aufbauen will, sollte man sich auf Krafttraining fokussieren? Und ist Ausdauertraining dann sogar kontraproduktiv? Das fragen sich viele Sportler. In einer kleinen schwedischen Studie mit acht Männern fanden Forscher heraus, dass die Kombination beider Trainingsarten ideal ist: Eine kurze Ausdauer-Einheit unmittelbar vor dem Krafttraining fördert offenbar den Muskelaufbau – unter einer Voraussetzung.1

Übersicht

  • Ausdauer- und Krafttraining für Muskelaufbau kombinieren?
  • So lief die schwedische Studie ab
    • Unterschiedliche Workouts
    • Entnahme von Blut- und Gewebeproben
    • Untersuchung der Proben
  • Ausdauer-Training unterstützt Krafttraining und Muskelaufbau
  • Fazit
  • Quellen

Ausdauer- und Krafttraining für Muskelaufbau kombinieren?

Schon frühere Studien haben sich mit Ausdauer- und Krafttraining bei Männern beschäftigt. Eine Untersuchung aus 2013 deutet bspw. darauf hin, dass die Kombination beider Trainingsarten von Vorteil fürs Muskelwachstum ist oder diesem zumindest nicht im Weg steht.2 Eine andere kam dagegen zu dem Schluss, dass schweißtreibende Ausdauer-Workouts die Effekte von Krafttraining vermindern könnte.3 Was diese Untersuchungen gemeinsam haben: Die Probanden konzentrierten sich sowohl bei Ausdauer als auch bei Kraft auf dieselben Muskelgruppen.

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Doch wie sähe die Wirkung aus, wenn man beim Ausdauertraining die Beine belastet und anschließend beim Krafttraining die Arme? Genau das untersuchte nun das schwedische Forscherteam aus Stockholm. Für ihre Studie entschieden sich die Wissenschaftler, die Kombination aus Radfahren und Oberkörpertraining zu testen.

So lief die schwedische Studie ab

Unterschiedliche Workouts

Die Forscher rekrutierten acht sportlich aktive Männer und maßen im ersten Schritt ihre Fitness und Kraft. Im zweiten Schritt und an einem anderen Tag absolvierten die Probanden ein Workout, das aus zwei Teilen bestand. Die Männer starteten mit einem hochintensiven Intervalltraining auf dem Fahrrad. Dabei traten sie vier Minuten lang so schnell wie möglich in die Pedale, gefolgt von einer dreiminütigen Pause. Diese Fahrradsequenz wiederholten sie fünfmal, sodass sie insgesamt 20 Minuten Fahrrad fuhren. Nach einer kurzen Pause von wenigen Minuten folgte auf den Ausdauer-Teil das Krafttraining. Während diesem machten die Teilnehmer Übungen für die Arme und die Schultern an dafür vorgesehenen Trainingsgeräten. Schritt drei der Studie fand wiederum an einem separaten Tag statt. Nun absolvierten die acht Männer das Krafttraining erneut, jedoch ohne sich zuvor 20 Minuten auf das Fahrrad zu schwingen.

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Entnahme von Blut- und Gewebeproben

Um den Effekt der unterschiedlichen Trainingseinheiten zu erkennen, entnahmen die Forscher den Probanden Blut- und kleine Gewebeproben aus dem Trizepsmuskel. Das taten sie gleich mehrmals: einmal vor dem Training, ein zweites Mal direkt danach, zum dritten Mal 90 Minuten später und schließlich erneut drei Stunden nach Beendigung des Workouts. Das war laut Studienautor Marcus Moberg übrigens auch der Grund, warum die Studie nur mit Männern durchgeführt wurde. Solche Biopsien seien bei den weniger ausgeprägten Trizepsmuskeln von Frauen nicht so einfach vorzunehmen und können sogar Verletzungen verursachen.

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Untersuchung der Proben

Im finalen Schritt der Studie untersuchten die Forscher die entnommenen Blut- und Muskelgewebe-Proben mikroskopisch. Ihr Ziel: Substanzen auszumachen, die darauf hindeuten, wie die Muskeln auf die Workouts reagieren. Dabei lag der Schwerpunkt auf Proteinen und Markern der Genaktivität, von denen angenommen wird, dass sie Ausdauer und Muskelmasse beeinflussen.

Ausdauer-Training unterstützt Krafttraining und Muskelaufbau

Die Blut- und Gewebe-Analyse zeigte: Nach dem alleinigen Krafttraining wimmelte es in den Muskeln der Männer von Proteinen und genetischen Markern, die dafür bekannt sind, das Muskelwachstum zu fördern. Die gleichen Substanzen waren auch nach dem Training mit dem Fahrrad reichlich vorhanden, allerdings kamen noch andere Proteine und Genaktivitäten hinzu, die mit einer verbesserten Ausdauer in Verbindung gebracht werden.

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Die Muskeln der Männer schienen nach dem Doppeltraining darauf vorbereitet zu sein, sowohl an Größe als auch an Ausdauer zuzunehmen, wobei es keine Anzeichen dafür gab, dass das Radfahren auf molekularer Ebene mit den Geräteübungen interferiert hatte. Stattdessen schien das Ausdauertraining die erwarteten Vorteile des Krafttrainings zu erweitern und zu verstärken.

„Das faszinierendste Ergebnis ist, dass einige biochemische Faktoren, die durch das Ausdauertraining in den Beinen hervorgerufen wurden, in den Blutkreislauf gelangten und dann in der Lage waren, Prozesse in einer völlig anderen Muskelgruppe zu beeinflussen, und zwar in einer Weise, die für die Trainingsanpassungen in den Armen vorteilhaft zu sein scheint“, erklärte Moberg. „Es ist fast so, als ob das Ausdauertraining in den Beinen bis zu einem gewissen Grad auf die Arme übertragen wurde.“

Fazit

Die Ergebnisse dieser Studie spiegeln wider, was bereits sportwissenschaftlich postuliert wird. Immerhin werden durch Aktivitäten jeglicher Art verschiedene Botenstoffe ausgeschüttet, deren Effekte sich natürlich auf den ganzen Körper ausüben. Allerdings muss man sagen, dass aufgrund der Invasivität der Probennahme die Studie natürlich nur in einem sehr kleinen Umfang durchgeführt wurde. Es wurden nur acht Sportler untersucht. Daher ist die Aussagekraft mit Vorsicht zu genießen. Es bedarf weiterer Untersuchung, um die Aussagen zu bestätigen.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, Ausdauertraining immer mit dem Krafttraining zu kombinieren, da es vor allem das Herzkreislaufsystem stabilisiert, welches beim Kraftsport ebenfalls stark belastet wird.

Warum kein Cardio bei Muskelaufbau?

Während des Muskelaufbaus spricht man von der anabolen Phase, beim Abbau von der katabolen Phase. Wenn du zu viele Cardioeinheiten einlegst, führt dies zum Anstieg von Stresshormonen wie zum Beispiel Cortisol. Diese fördern besonders den katabolen Prozess, wodurch keine neuen Muskeln aufgebaut werden.

Wie viel Zeit zwischen Cardio und Krafttraining?

Wie lange sollte die Zeitspanne zwischen Ausdauer- und Krafttraining sein? Je größer desto besser. Mindestens sechs bis neun Stunden sind ideal. Wenn der Zeitabstand zwischen Cardio- und Kraftübungen so weit wie möglich auseinander liegt, hilft das, die Kraftanpassungen zu steigern.

Wie Cardio und Krafttraining kombinieren?

Eine leichte Cardio-Einheit nach dem Krafttraining ist zu empfehlen, jedoch solltest du auf die Intensität achten. Hochintensive Trainingseinheiten wie das Intervalltraining, sollten getrennt vom Krafttraining stattfinden, da der Körper schon angeschlagen ist und so nur das Verletzungsrisiko steigt.

Kann man Krafttraining und Ausdauertraining kombinieren?

Die Kombination von Kraft- und Ausdauertraining in einer Trainingsperiode ist für die meisten Sportler unabdingbar. Richtig angewandt hat Concurrent Training bis zu einem gewissen Grad keine negativen Auswirkungen auf Kraftadaptionen. Die Ausdauerleistung kann durch gezieltes Krafttraining sogar noch gesteigert werden.