Wie lange zählt man als geimpft

Die STIKO hat für ihre Empfehlung der COVID-19-Impfung für Kinder und Jugendliche die Evidenz zur Epidemiologie und Krankheitslast von COVID-19 wiederholt umfassend aufgearbeitet. Auch wenn COVID-19 bei Kindern und Jugendlichen in der Regel nicht schwer verläuft, kann es in seltenen Fällen in Folge der Erkrankung zu schwerwiegenden Krankheitsmanifestationen kommen. So bestehen mit Long-COVID und dem sogenannten Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS) zwei Krankheitsbilder, deren Langzeitprognosen noch nicht endgültig bekannt sind.

Als Long-COVID werden gesundheitliche Beschwerden definiert, die nach der akuten Krankheitsphase einer SARS-CoV-2-Infektion über mehr als 4 Wochen fortbestehen oder neu auftreten. Als Post-COVID-Syndrom werden Beschwerden bezeichnet, die länger als 12 Wochen nach Beginn der SARS-CoV-2-Infektion vorhanden sind und nicht anderweitig erklärt werden können. Somit umfasst Long-COVID sowohl im Anschluss an eine akute COVID-19-Erkrankung 4 bis 12 Wochen nach Symptombeginn noch bestehende Symptome als auch das Post-COVID-19-Syndrom.

Die Pathogenese (Krankheitsentstehung) von Long-COVID ist bisher nicht geklärt. Die Langzeitsymptome treten auch nach mildem Erkrankungsverlauf auf. Unter Personen, die schwer an COVID-19 erkrankt waren, ist der Anteil mit Long-COVID jedoch höher.

Die Symptomatik ist sehr variabel und kann über Wochen bis Monate anhalten. Zu den häufigsten Symptomen gehören anhaltende Erschöpfungszustände (Fatigue), Atembeschwerden, Geruchs- und Geschmacksstörungen, Konzentrations- und Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Brustschmerzen, Herzrhythmusstörungen und depressive Verstimmung.

Bisher wurden größtenteils Studien zu Long-COVID bei Erwachsenen publiziert. Die Datenlage zu Long-COVID bei Kindern ist begrenzt und publizierte Studien inkl. der systematischen Reviews weisen zum Teil erhebliche methodische Mängel auf (z. B. kleine Studienpopulation, das Fehlen einer Kontrollgruppe, einer Falldefinition oder einer gesicherten SARS-CoV-2-Labordiagnose). Daher kann die Häufigkeit von Long-COVID bei Kindern derzeit noch nicht verlässlich erfasst werden.

Einige Symptome von Long-COVID wie Konzentrations- und Schlafstörungen, Kopfschmerzen und depressive Verstimmung sind zudem sehr unspezifisch und treten auch infolge von psychosozialen Belastungen während der Pandemie auf, zum Beispiel durch Ängste, Schulschließungen oder Isolation, unabhängig von SARS-CoV-2-Infektionen.

Weitere Studien sind wichtig, die Kontrollgruppen von Kindern und Jugendlichen einschließen, die keine SARS-CoV-2-Infektion hatten. In den drei vorliegenden Studien mit Kontrollgruppe sind Kinder mit SARS-CoV-2-Infektion nicht häufiger von Spätfolgen betroffen als Kinder ohne SARS-CoV-2-Infektion. Insgesamt scheint Long-COVID für die Altersgruppe der Kinder eine geringere Bedeutung zu haben, als für Jugendliche und Erwachsene.

PIMS (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome) ist ein schweres entzündliches Krankheitsbild, das in seltenen Fällen bei Kindern und Jugendlichen i.d.R. 3-4 Wochen nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 (auch nach asymptomatischer Infektion) beobachtet wurde. In vielen Fällen geht PIMS mit Schocksymptomatik und i.d.R. vorübergehender Herz-Kreislauf-Insuffizienz einher. Die Ursache der Entstehung der Erkrankung (Pathogenese) ist noch unklar. Das Krankheitsbild wird jedoch von den behandelnden Ärzt:innen zunehmend besser verstanden und ist inzwischen gut behandelbar.

Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) definiert PIMS als Fälle, bei denen neben Fieber, erhöhte systemische Entzündungsparameter, mindestens zwei Organbeteiligungen und eine aktuelle oder stattgehabte SARS-CoV-2-Infektion oder ein SARS-CoV-2-Kontakt nachzuweisen waren, sowie andere infektiologische Ursachen ausgeschlossen werden konnten. Zwischen Mai 2020 und Oktober 2022 wurden insgesamt 909 Kinder und Jugendliche gemeldet, die diese Falldefinition erfüllten. Der Erkrankungsverlauf war trotz des schweren Krankheitsbildes meist günstig, tödliche PIMS-Verläufe wurden in Deutschland bisher nicht gemeldet.

Das Risiko eines Infizierten an einem PIMS zu erkranken, ist stark abhängig von der SARS-CoV-2 Variante. Im Vergleich zu der Wuhan- und Alpha-Variante von 2020 ist das Risiko unter Delta etwa fünfmal geringer und unter Omikron 15- bis 20-fach reduziert. Dieser Effekt ist in allen Altersgruppen gleich und nicht abhängig von der Impfquote. Bezogen auf das absolute PIMS-Risiko von 1:4.000 unter der Wuhan und Alpha Variante ergibt sich für die aktuell zirkulierenden Varianten demnach ein PIMS Risiko von etwa 1:60.000 bis 1:80.000. Zu beachten ist allerdings, dass sich dieses Risiko auf immunnaive Kinder und Jugendliche bezieht, die es praktisch nicht mehr gibt. Das reale Risiko dürfte daher noch einmal geringer sein.

Nach den Erleichterungen für die Gruppen der gegen Covid-19-Geimpften und Genesenen stellt sich die Frage: Wie lange hält ihr Schutz überhaupt? Wann ist eine Auffrischungsimpfung nötig?

Von Gisela Gross, Katrin Andre und dpa, Aktualisiert am 14.02.2022

Manche Krankheiten wie Masern steht man einmal im Leben durch - und wenn man erneut mit dem Erreger in Kontakt kommt, hat man nichts mehr zu befürchten. Gegen andere Krankheiten wie Gelbfieber gilt eine einzige Impfung bei gesunden Personen als ausreichend für lebenslange Immunität.

Wäre der Immunschutz nach Infektion oder Impfung beim Coronavirus genauso stabil, wäre die Pandemie deutlich schneller in den Griff zu bekommen. Doch bei Sars-CoV-2 ist es komplexer. Auch, weil nicht alle Menschen gleich auf Infektion oder Impfung reagieren.

Die Impfung verhindert nicht immer eine Infektion

Trotz des Wegfalls vieler Alltagsbeschränkungen für Geimpfte und Genesene sollte man nicht vergessen: Eine Impfung schützt nicht zu 100 Prozent und wie lange der Immun-Effekt anhält, ist noch nicht abschließend geklärt.

Das Virus werde durch Impfungen nicht verschwinden, betonte auch der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler: Sie gäben zwar eine Grundimmunität, die die Erkrankung verhindere oder die Schwere abmildere. „Aber sie verhindern nicht immer, dass eine Infektion mit dem Sars-CoV-2 geschieht.“ Auch bei Geimpften bestehe somit ein Restrisiko für einen Impfdurchbruch.

Dies liegt auch daran, dass der Schutz mit der Zeit nachlässt und die in der EU zugelassenen Impfstoffe gegen verschiedene Virusvarianten unterschiedlich wirksam sind. Bei der Delta-Variante (B.1.617.2, ehemals indische Variante) ist beispielsweise bekannt, dass ein unvollständiger Impfschutz (eine von zwei notwendigen Dosen) eine deutlich geringere Schutzwirkung als die vollständige Impfung aufweist. Bei Omikron ist der Schutz vor Ansteckung mit den bisherigen Impfstoffen noch geringer - hier kann auch die Auffrischung mit einer dritten Impfung eine Infektion nicht immer verhindern.

Wie lange hält die Immunität bei Genesenen?

Was lässt sich bisher sagen? „Die besten Daten, die wir haben, kommen von ehemals Infizierten“, sagt der Immunologe Carsten Watzl. Für Studien wurden Betroffene von der ersten Phase der Pandemie an begleitet. Wissenschaftler interessieren sich etwa dafür, wie sich Antikörperspiegel entwickeln: Wie lange bleiben die Abwehrstoffe, die der Körper gegen Sars-CoV-2 gebildet hat, erhalten?

Es gibt aber dabei nicht den einen Wert, der die Immunität anzeigt. „Es existieren keine internationalen Schwellenwerte, die definieren, ab welchem Punkt man nicht mehr immun ist“, erläutert Watzl, der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie ist.

Gültig ist der Genesenstatus seit Anfang Februar 2022 wieder sechs Monate für vor der Erkrankung Geimpfte. Bei ungeimpften Genesenen beträgt die Gültigkeit des Genesenenstatus drei Monate. Diese Festlegung hat das Robert Koch-Instituts (RKI) aus wissenschaftlicher Sicht getroffen. Zuvor hatte es Verwirrung um die Gültigkeitsdauer des Genesenenstatus gegeben. In Folge unpräziser Angaben des RKI war die Gültigkeit für alle Genesenen zuvor von sechs auf drei Monate reduziert worden. Apotheken sollen ihre Zertifikats-Ausstellung nun entsprechend angepasst haben.

Wie lange sind Geimpfte geschützt?

Durch Impfungen rechnet Watzl mit einem noch besseren, möglicherweise mehrjährigen Schutzeffekt vor schweren Verläufen bis hin zum Tod: Damit würden höhere Antikörperspiegel erreicht als bei der natürlichen Infektion.

Die Nachbeobachtung des US-Herstellers Moderna etwa zeigt bisher, dass Antikörper mindestens sechs Monate nach der zweiten Dosis bestehen bleiben. Man kann aber nicht pauschalieren: Watzl zufolge bewirken verschiedene Impfstoffarten auch unterschiedliche Immunantworten.

Für das Vakzin von Johnson & Johnson wurde im Unterschied zu den anderen zugelassenen Impfstoffen eine vergleichsweise geringe Wirksamkeit gegen die in Deutschland vorherrschende Delta-Variante beobachtet. Aus diesem Grund kann der Impfschutz mit einer mRNA-Impfdosis ab vier Wochen nach der Einmal-Impfung optimiert werden.

Zudem geht die Ständige Impfkommission (STIKO) davon aus, dass einige Menschen trotz vollständiger Impfung keinen wirksamen Immunschutz aufbauen. Dies kann vor allem bei immungeschwächten Personen auftreten, denen daher schon länger eine Auffrischungsimpfung empfohlen wird.

Dritte Impfung für alle

 Die Ständige Impfkommission spricht sich aufgrund des nachlassenden Impfschutzes und des verminderten Impfschutzes gegenüber der Omikron-Variante inzwischen für Auffrischungsimpfungen für alle Personen ab 12 Jahre aus. Wichtige Informationen zur Auffrischungsimpfung lesen Sie hier.

Die wichtigsten Fakten zur Corona-Impfung

Welche Impfstoffe gegen Covid-19 sind zugelassen? Wann ist eine Auffrischung nötig? Ein Überblick.

Fragen und Antworten zur Auffrischungsimpfung

Die Stiko empfiehlt eine Auffrischung der Impfung gegen Covid-19 für alle ab 12. Manche sollen sich sogar ein zweites Mal boostern lassen.

Toplist

Neuester Beitrag

Stichworte