Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das Arbeitsentgelt an den Arbeitnehmer pünktlich zu zahlen. Die Fälligkeit des Arbeitsentgelts ist in § 614 BGB geregelt. Danach ist der Arbeitnehmer verpflichtet, seine Arbeitsleistung vor der Lohnzahlung zu erbringen. Somit muss der Arbeitnehmer zunächst arbeiten, erst dann erfolgt die Zahlung von Arbeitsentgelt für die geleistete Tätigkeit. Wird die Zahlung von Arbeitsentgelt nach Zeitabschnitten bemessen, ist das Arbeitsentgelt nach den einzelnen Zeitabschnitten zu entrichten.
Bei der Nachzahlung von Arbeitslohn ist zu unterscheiden ob es sich um Nachzahlungen von laufendem Arbeitsentgelt oder von einmaligem Arbeitsentgelt handelt. Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass Nachzahlungen lohnsteuer- und beitragspflichtig sind. Um laufenden Arbeitslohn handelt es sich, wenn die Nachzahlung aus einer Lohnerhöhung für das laufende Kalenderjahr resultiert. Wird hingegen die Nachzahlung für das Vorjahr vorgenommen, handelt sich steuerrechtlich um einen sonstigen Bezug.
Nachzahlungen von Arbeitslohn gehören im Lohnsteuerrecht nur dann zum laufenden Arbeitslohn, wenn sich der Gesamtbetrag der Nachzahlung ausschließlich auf das laufende Kalenderjahr bezieht.
Bezieht sich die Nachzahlung von Arbeitslohn ausschließlich auf bereits abgelaufene Kalenderjahre, ist dieser Arbeitslohn im Lohnsteuerrecht stets ein sonstiger Bezug.
Die Sozialversicherung unterscheidet bei der Nachzahlung von Arbeitsentgelt zwischen
- Nachzahlungen von Arbeitsentgelt aufgrund von rückwirkenden Erhöhungen und
- Nachzahlungen von laufendem Arbeitsentgelt, auf den der Arbeitnehmer bereits einen Anspruch erlangt hat.
Werden Nachzahlungen aufgrund einer rückwirkenden Erhöhung des Arbeitsentgelts vorgenommen, sind diese auf die Lohnabrechnungszeiträume zu verteilen, für die die jeweiligen Nachzahlungen bestimmt sind. Somit müssen für jeden einzelnen Abrechnungsmonat die maßgebenden Beitragsbemessungsgrenzen berücksichtigt werden. Auch in einem solchen Fall spricht man vom Aufrollen der einzelnen Monate.
Die Sozialversicherung erlaubt – ebenso wie das Lohnsteuerrecht - aus Vereinfachungsgründen eine Zahlung als einmalig gezahltes Entgelt. Bei dieser Berechnung ist die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze für den jeweiligen Nachzahlungszeitraum zugrunde zu legen.
Zahlt der Arbeitgeber an seinen Arbeitnehmer einen sonstigen Bezug erst, nachdem der Arbeitnehmer bereits aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden ist, ist zu unterscheiden, ob der Arbeitnehmer nach Steuerklasse VI oder nach einer der Steuerklassen I bis V zu besteuern ist.
Zahlt der Arbeitgeber nach Beendigung des Dienstverhältnisses laufenden Arbeitslohn (R 39b.2 Abs. 1 LStR), sind der Besteuerung die ELStAM zum Ende des Lohnzahlungszeitraums zugrunde zu legen, für den die Nachzahlung erfolgt (R 39b.5 Abs. 1 Satz 3 LStR). Eine erneute ELStAM-Anmeldung des Arbeitnehmers bei der Finanzverwaltung ist insoweit nicht erforderlich.
Lesen Sie hier den kompletten Beitrag „Nachzahlung von Arbeitslohn - Laufender Arbeitslohn oder sonstiger Bezug?“ aus Lohn und Gehalt direkt digital 3/2019 v. 15.4.2019
Dr. Andrea Baer ist Vorsitzende Richterin und Pressesprecherin am Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. © Pablo Castagnola
Wie lange dauert ein Prozess beim Arbeitsgericht und was müssen Arbeitnehmer bei den Kosten beachten? Antoworten hat Dr. Andrea Baer, Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg.
Beim Arbeitsgericht gibt es die Besonderheit, dass man in erster Instanz auch ohne Anwalt klagen kann. Wem raten Sie dazu?
In Fällen, in denen Ihnen zum Beispiel eindeutig Lohn zusteht, den Sie nicht erhalten haben, können Sie das Verfahren in der Regel auch ohne anwaltliche Vertretung führen. Bei schwierigen Fragen wie einer Betriebsrentenerhöhung sollte man sich bereits vor Klageerhebung anwaltlich beraten lassen. Es ist auch möglich, in einem laufenden Verfahren einen Anwalt hinzuzuziehen.
Wie hoch sind die Kosten, falls man verliert?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Kosten hängen vom Streitwert ab und davon, ob man einen Anwalt beauftragt. Je höher der Streitwert ist, desto höher sind die Kosten. Dazu gibt es Gebührenrechner im Internet. Sie sollten deshalb auch nicht ins Blaue hinein zu viel fordern, sondern nur das, was Sie auch nachweisen können. Die Anwaltskosten trägt beim Arbeitsgericht übrigens in erster Instanz jede Partei selbst, auch wenn sie gewinnt.
Wie lange dauert ein Prozess?
Vom Eingang der Klage bis zum Gütetermin vergehen bei uns in der Regel zwei bis sechs Wochen. Im Gütetermin wird erörtert, ob eine gütliche Einigung möglich ist. Kommt es zum Vergleich oder Versäumnisurteil, weil eine Seite nicht erscheint, ist das Verfahren abgeschlossen. Geschieht das nicht, kommt es nach ungefähr drei bis neun Monaten zu einem Kammertermin. Dabei fällt das Gericht ein Urteil, falls nicht doch noch ein Vergleich geschlossen wird. Es gibt im Moment noch Rückstände, weil wir während des pandemiebedingten Lockdowns keine Verhandlungen durchführen konnten. Diese werden derzeit aufgearbeitet.
Einige Experten erwarten eine Zunahme der Unternehmensinsolvenzen, wenn die Corona-Ausnahmeregelung endet. Was sollte man tun, wenn der Arbeitgeber finanziell in Not ist?
Über das Insolvenzgeld sind im Falle einer Insolvenz nur drei Monatsgehälter abgesichert. Arbeiten Sie also nicht beliebig lange weiter, wenn kein Geld fließt. Wenn der Arbeitgeber nichts hat, kann auch eine Verurteilung zur Zahlung letztlich nicht vollstreckt werden. Bei erheblichen finanziellen Schwierigkeiten des Arbeitgebers sollte man sich vorsichtshalber nach einem neuen Arbeitgeber umsehen.