Wie lange darf die Polizei beschlagnahmte Sachen behalten

Wenn bei einer Haus- oder Personendurchsuchung Gegenstände gefunden werden, die für die Untersuchung von Bedeutung sein können, werden sie in einem Verzeichnis aufgeführt und sichergestellt (Sicherstellung). Die Kriminalpolizei nimmt die sichergestellten Gegenstände vorläufig in Verwahrung oder spricht ein Herausgabeverbot bzw. Veräußerungs-/Verpfändungsverbot an andere Personen aus. Wird die Sicherstellung aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung durchgeführt oder fortgesetzt, liegt eine Beschlagnahme vor.

Hinweis

Verweigert der Besitzer die Herausgabe eines Gegenstands, kann die Kriminalpolizei die Sicherstellung mit verhältnismäßigem und angemessenem Zwang durchsetzen. In diesem Fall ist aber auch die Verhängung einer Beugestrafe durch das Gericht möglich, um die Herausgabe zu erreichen. Die Beugestrafe kann aus einer Geldstrafe oder aus Beugehaft bestehen. Die verfolgte Straftat muss im Verhältnis zur Beugestrafe schwerwiegend sein.

Wenn bei einer Haus- oder Personendurchsuchung Gegenstände gefunden werden, die auf eine weitere Straftat schließen lassen, werden diese ebenfalls sichergestellt. Es muss jedoch darüber ein zusätzliches Protokoll aufgenommen werden, das sofort der Staatsanwaltschaft übermittelt wird. Beantragt diese keine weiteren Ermittlungen, müssen die Gegenstände sofort zurückgegeben werden.

Bei Wertgegenständen, die nicht für die vorgenommene Untersuchung von Bedeutung sind, die aber

  • augenscheinlich aus unrechtmäßiger Bereicherung stammen,
  • kriminellen Organisationen zuzuordnen sind oder
  • der Terrorismusfinanzierung dienen könnten,

ist ebenfalls eine Sicherstellung sowie spätere Beschlagnahme möglich.

Sichergestellte oder beschlagnahmte Gegenstände oder Vermögenswerte, die

  • einem raschen Verderben oder
  • einer erheblichen Wertminderung unterliegen oder
  • sich nur mit unverhältnismäßigen Kosten aufbewahren lassen,

können auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Gericht veräußert werden. Die davon betroffenen Personen werden von der Verwertung verständigt.

Die Verwertung muss jedoch solange unterbleiben, als die Gegenstände für Beweiszwecke benötigt werden. Die Verwertung wegen unverhältnismäßigen Aufbewahrungskosten unterbleibt, wenn rechtzeitig ein zur Deckung dieser Kosten ausreichender Betrag von der betroffenen Person erlegt wird.

Beschlagnahme und Öffnen von Briefen und anderen Papieren

Die Beschlagnahme und das Öffnen von Briefen und Papieren unterliegen besonderen Regelungen, um Privatsphäre und Geschäftsgeheimnisse zu schützen.

Diese Maßnahmen sind nur zulässig, wenn

  • sie zur Aufklärung einer vorsätzlich begangenen Straftat beitragen, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bestraft wird, und
  • der Beschuldigte sich wegen einer solchen Straftat in Haft befindet bzw. die Vorführung oder Festnahme bereits angeordnet wurde.

Bei der Durchsuchung und Beschlagnahme von Papieren muss dafür gesorgt werden, dass deren Inhalt unbefugten Personen nicht bekannt wird.

Die Beschlagnahme von Briefen muss dem Beschuldigten sofort mitgeteilt werden. Bei Abwesenheit ergeht diese Verständigung an einen Angehörigen.

Gestattet der Beschuldigte die Durchsuchung und Beschlagnahme nicht, werden die Papiere versiegelt bei Gericht hinterlegt. Das Gericht entscheidet dann auf Antrag der Staatsanwaltschaft, ob die Briefe und Papiere durchsucht werden dürfen oder zurückgegeben werden müssen.

Auskunft aus dem Kontenregister und Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte

Auskünfte aus dem Kontenregister und Auskünfte über Bankkonten und Bankgeschäfte sind grundsätzlich zulässig, wenn sie zur Aufklärung einer Straftat erforderlich sind.

Die Erteilung einer Auskunft aus dem Kontenregister muss von der Staatsanwaltschaft angeordnet werden. Für die Erteilung einer Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte ist zusätzlich eine gerichtliche Bewilligung notwendig. 

Die Anordnung der Auskunft aus dem Kontenregister und die Anordnung der Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte samt gerichtlicher Bewilligung müssen dem Beschuldigten und den aus der Geschäftsverbindung verfügungsberechtigten Personen zugestellt werden. Die Zustellung an den Beschuldigten und an die Verfügungsberechtigten kann aufgeschoben werden, solange dadurch der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre.

Beschlagnahme ist die Sicherstellung von Gegenständen, die als Beweismittel für ein Strafverfahren von Bedeutung sein können. Zweck der Sicherstellung ist die Absicherung des Strafverfahrens gegen Beweisverluste. Daher ist zunächst festzustellen, ob der zu beschlagnahmende Gegenstand als Beweismittel in Betracht kommt. Um ein Beweismittel handelt es sich, wenn der Gegenstand unmittelbar oder mittelbar für die Tat oder die Umstände ihrer Begehung Beweis erbringen kann. Es reicht die potenzielle Beweisbedeutung (BVerfG NJW 1998, 890, d.h. es muss die Möglichkeit bestehen, dass der Gegenstand später als Beweismittel verwendet werden kann. Steht die fehlende Beweisbedeutung fest, ist die Beschlagnahme unzulässig (LG Freiburg StraFo 1999, 136; OLG Frankfurt NJW 2005, 2938). Der Erlass einer nur allgemeinen Beschlagnahmeanordnung ist unzulässig, BVerfG NJW 1994, 2079; NStZ 2000, 601.

Strafvollstreckung

Die Beschlagnahme gilt nicht für Zwecke der Strafvollstreckung (KG NJW 1999, 2979).

Sicherstellung – freiwillige Herausgabe

Wird der Gegenstand freiwillig herausgegeben, wird dieser gemäß § 94 Abs. 1 StPO in Verwahrung genommen. Dazu bedarf es keiner besonderen Anordnung.

Beschlagnahme – keine freiwillige Herausgabe

Eine förmliche Beschlagnahme im Sinne des § 94 Abs. 2 StPO ist hingegen notwendig, wenn es an einer freiwilligen Herausgabe fehlt.

Amtliche Verwahrung

Die beschlagnahmten Gegenstände werden in amtliche Verwahrung überführt und erfolgt durch die Staatsanwaltschaft, die die Gegenstände in den Akten, auf der Geschäftsstelle oder in einem besonderen Asservatenraum verwahrt.

Anordnung

Eine Beschlagnahme muss gemäß § 98 Abs. 1 S. 1 StPO gerichtlich angeordnet werden, bei Gefahr in Verzug ist ausnahmsweise auch eine Anordnung durch die Staatsanwaltschaft oder deren Ermittlungspersonen ausreichend. Zudem muss der Gegenstand potentiell als Beweis geeignet sein und es darf sich nicht um einen Gegenstand handeln, der gemäß §§ 96, 97 StPO nicht beschlagnahmt werden darf. Wird die Herausgabe verweigert, kann diese gemäß § 95 Abs. 2 mit Ordnungs- oder Zwangsmitteln erzwungen werden.

Richterliche Bestätigung

Der Beamte, der einen Gegenstand ohne richterliche Anordnung beschlagnahmt, soll binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung beantragen, wenn bei der Beschlagnahme weder der Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war oder wenn der Betroffene und im Fall seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklich Widerspruch erhoben hat.

Betroffener ist jeder, in dessen Gewahrsam durch die Beschlagnahme eingegriffen wird oder dessen Eigentums- oder Besitzrechte dadurch berührt werden. Der Betroffene kann die richterliche Entscheidung jederzeit beantragen.

Beschlagnahmeverbote

Im Wesentlichen sind Gegenstände von der Beschlagnahme ausgeschlossen, die zwischen dem Beschuldigten und den Personen, die das Zeugnis verweigern dürfen. Besonderer Bedeutung kommt dabei § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO zu. Diese Vorschrift verbietet nämlich die Beschlagnahme von Gegenständen, die sich im Gewahrsam des Verteidigers befinden. Dies soll das Recht auf eine effektive Verteidigung sicherstellen. Daher ist diese Vorschrift auch entsprechend anzuwenden für Mitteilungen des Verteidigers, die sich im Gewahrsam des Beschuldigten befinden, und ebenso für Unterlagen, die der Beschuldigte zur Vorbereitung seiner Verteidigung angefertigt hat.

Herausgabe der beschlagnahmten Sache

Mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens erlischt die Beschlagnahmeanordnung, OLG Düsseldorf NJW 1995, 2239. Die beschlagnahmten Gegenstände sind von der Staatsanwaltschaft herauszugeben.

Herausgegeben wird die Sache grundsätzlich an den letzten Gewahrsamsinhaber. Die Rückgabe hat an dem Ort zu erfolgen, an welchem die beschlagnahmte Sache aufzubewahren war.

Stellt sich schon vor endgültiger Verfahrensbeendigung heraus, dass die beschlagnahmte Sache nicht mehr zu Beweiszwecken gebraucht wird und eine Beschlagnahme nach den §§ 111b ff. StPO nicht in Betracht kommt, muss die Beschlagnahmeanordnung ausdrücklich aufgeboben werden.

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Kann Polizei Iphone auslesen?

Die Polizei will die Daten aus den Handys und Smartphones auszulesen, um Beweismittel zu finden. Insbesondere Handys sind fast immer mit einer PIN oder einem Entsperrcode gesichert. Um das Handy auslesen zu können, benötigt die Polizei jedoch die PIN bzw. den Entsperrcode des Handys.

Was versteht man unter Sicherstellung?

Definition: Sicherstellung Unter Sicherstellung versteht man die Begründung polizeilichen Gewahrsams an einer gefährdeten Sache. Rechtstechnisch entsteht durch die Sicherstellung ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis, das dem „Schutz von Hab und Gut“ Einzelner dient.

Wie lange darf ein Computer beschlagnahmt werden?

Dauer der Beschlagnahme: Theorie und Praxis Das Amtsgericht Reutlingen entschied mit Beschluss vom 05.12.2011, Az. 5 Gs 363/11, dass die Beschlagnahme von Festplatten zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit mit Ablauf von drei Werktagen aufzuheben ist.

Wann darf beschlagnahmt werden?

Zusammenfassung: Alle Gegenstände, die als Beweis dienen, einbezogen werden dürfen oder die eine Gefahr für ein Rechtsgut darstellen, dürfen mit richterlicher Anordnung oder bei Gefahr im Verzug beschlagnahmt werden.

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