Wer hat das Lied der Deutschen erfunden?

"Einigkeit und Recht und Freiheit! Dieser Dreiklang aus dem Liede des Dichters gab in Zeiten innerer Zersplitterung und Unterdrückung der Sehnsucht aller Deutschen Ausdruck; es soll auch jetzt unseren harten Weg zu einer besseren Zukunft begleiten."

Mit diesen Worten hatte Reichspräsident Friedrich Ebert in seiner Festansprache zum dritten Verfassungstag der Weimarer Republik seine Entscheidung begründet, das Deutschlandlied zur Hymne des Deutschen Reiches zu erklären. Ebert betonte in seiner Rede am 11. August 1922 zudem, die Hymne solle keinesfalls "Ausdruck nationalistischer Überhebung"

sein. Ein Großteil der Weimarer Öffentlichkeit begrüßte Eberts Entscheidung. Kritik kam aus dem Lager der politischen Linken im Weimarer Parlament. Ihnen ging insbesondere der imperialistische Tonfall der ersten Strophe ("Deutschland, Deutschland über alles…") zu weit.

aus dem Berliner Tageblatt vom 11. August 1922Friedrich Eberts Ansprache

Friedrich Ebert ließ in zahlreichen deutschen Tageszeitungen am 11. August 1922 eine Ansprache zum dritten Verfassungstag der Weimarer Republik abdrucken.
Darin war zu lesen:

"Einigkeit und Recht und Freiheit! Dieser Dreiklang aus dem Liede des Dichters gab in Zeiten innerer Zersplitterung und Unterdrückung der Sehnsucht aller Deutschen Ausdruck; es soll auch jetzt unseren harten Weg zu einer besseren Zukunft begleiten. Ein Lied gesungen gegen Zwietracht und Willkür soll nicht Mißbrauch finden im Parteikampf, es soll nicht der Kampfgesang derer werden, gegen die es gerichtet war, es soll auch nicht dienen als Ausdruck nationalistischer Ueberhebung. Aber so, wie einst der Dichter, so lieben wir heute Deutschland über alles. In Erfüllung seiner Sehnsucht soll unter den schwarzrotgoldenen Fahnen der Sang von Einigkeit und Recht und Freiheit der festliche Ausdruck unserer vaterländischen Gefühle sein."

Faksimile der dritten Strophe der von Hoffmann von Fallersleben 1841 handgeschriebenen Fassung von "Das Lied der Deutschen" (© picture-alliance/dpa – Report, Foto: Peer Grimm)

Faksimile der dritten Strophe der von Hoffmann von Fallersleben 1841 handgeschriebenen Fassung von "Das Lied der Deutschen"

(© picture-alliance/dpa – Report, Foto: Peer Grimm)

Faksimile der dritten Strophe der von Hoffmann von Fallersleben 1841 handgeschriebenen Fassung von "Das Lied der Deutschen"

(© picture-alliance/dpa – Report, Foto: Peer Grimm)

Text und Melodie des Deutschlandliedes, das auch "Lied der Deutschen" genannt wird, sind deutlich älter als die Weimarer Republik. Den Text hatte der Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) am 26. August 1841 auf der Insel Helgoland geschrieben – Fallersleben hatte damit seinen Wunsch nach einer nationalen Einheit Deutschlands ausdrücken wollen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts bestand ‚Deutschland‘ noch aus einer Vielzahl kleiner Fürsten- und Herzogtümer, die im Deutschen Bund zusammengefasst waren. Die Melodie des Deutschlandliedes gehörte ursprünglich zur österreichischen Kaiserhymne "Gott erhalte Franz, den Kaiser" des Komponisten Joseph Haydn (1732-1809).

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Hymne, ebenso wie die Flagge, im Sinne der Diktatur umgedeutet: Man sang die erste Strophe des Deutschlandlieds in Verbindung mit dem Horst-Wessel-Lied, einem nationalsozialistischen Kampflied.

Die junge Bundesrepublik tat sich mit der Entscheidung über eine Nationalhymne schwer. Im Gegensatz zur Bundesflagge sieht das Grundgesetz keine Regelung zur Hymne vor. Erst 1952 bat der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer den Bundespräsidenten Theodor Heuss in einem Brief, das Deutschlandlied als Interner Link: Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland anzuerkennen. Bei staatlichen Veranstaltungen sollte die dritte Strophe gesungen werden. Theodor Heuss gab hierzu mit seinem Antwortschreiben vom 2. Mai 1952 seine Zustimmung. Sein vorausgehender Versuch, eine neue Hymne zu initiieren, hatte keinen Erfolg gehabt.

Nach der deutschen Wiedervereinigung nahmen immer wieder Intellektuelle einen Anlauf, alternativ eine neue, zurückhaltendere Hymne vorzuschlagen, wie die Kinderhymne von Bertolt Brecht.

Das Lied der Deutschen

  • 01.10.2004

Das Lied der Deutschen
(Text: Hoffmann von Fallersleben 1841, Musik: Franz Joseph Haydn 1797)

Deutschland, Deutschland über alles,
über alles in der Welt,
wenn es stets zu Schutz und Trutze
brüderlich zusammenhält.
Von der Maas bis an die Memel,
von der Etsch bis an den Belt.
|: Deutschland, Deutschland über alles,
über alles in der Welt! :|

Deutsche Frauen, deutsche Treue,
deutscher Wein und deutscher Sang
sollen in der Welt behalten
ihren alten schönen Klang,
uns zu edler Tat begeistern
unser ganzes Leben lang.
|: Deutsche Frauen, deutsche Treue,
deutscher Wein und deutscher Sang! :|

Einigkeit und Recht und Freiheit
für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand.
|: Blüh' im Glanze dieses Glückes,
blühe, deutsches Vaterland. :|

www.von-fallersleben.de
Sehr umfangreich: Biographie, Briefe, Buch- und Liederverzeichnis, Kommentare zum "Lied der Deutschen“

www.deutschlandlied.de
Seite rund um das Lied, von nationalistischem Gedankengut geprägt

www.thenationalanthems.com
192 Nationalhymnen in Ton und Wort; Texte in der Originalsprache und in Englisch

Als am 9. November 1989 im Bonner Parlament die Nachricht eintraf, in Berlin sei die Mauer gefallen, da erhoben sich die Abgeordneten von ihren Sitzen und sangen die westdeutsche Nationalhymne: "Einigkeit und Recht und Freiheit ...“. Nur ein paar MdBs der Grünen machten da nicht mit und verließen den Saal. Da war eigentlich schon klar, dass die DDR-Hymne ausgedient hatte.

Liest man heute noch einmal die Berichterstattung über das Ende des SED-Staates, so stößt man an vielen Stellen auf Vergleiche mit 1848, als in der Frankfurter Paulskirche nach der März-Revolution erstmals ein gesamtdeutsches Parlament tagte. Der Dichter Hoffmann von Fallersleben gehörte damals zu den Verfechtern eines großdeutschen Staates. So ist auch die erste Strophe seines "Lied der Deutschen“ zu interpretieren. Deutschsprachige Menschen hatten "von der Etsch bis an den Belt“ gesiedelt, lebten also am größten Fluss Südtirols als südliche Begrenzung und dem Kleinen Belt in der Ostsee als nördliche Markierung. Außerdem begrenzten die Flüsse Maas und Memel im Westen und Osten diesen Siedlungsraum.

Erfindung einer Kulturnation

Das "Lied der Deutschen“ ist auch wegen dieser geografischen Inhalte ein Beispiel dafür, wie im Laufe des 19. Jahrhunderts eine "Nation“ erfunden wurde. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurde verstärkt nach sprachlichen und kulturellen Gemeinsamkeiten der "Deutschen" gesucht. Das führte etwa zu deutschsprachigen Literatursammlungen wie den "Kinder- und Hausmärchen", die die Gebrüder Grimm zwischen 1812 und 1815 zusammentrugen. Es ist kein Zufall, dass Jacob Grimm auch die germanistische Sprachwissenschaft begründete. Deutschland sollte als Kulturnation konstruiert werden - wenn auch die Nationalstaatsgrenzen nicht mit denen der Sprachgrenzen übereinstimmten und es schon damals klar war, dass sie wohl nie übereinstimmen würden.

Dieses Zusammenfallen und damit Zustandekommen einer Kulturnation Deutschland ist das, was sich Hoffmann von Fallersleben in seinem "Lied der Deutschen“ erhoffte. Von Fallersleben hieß eigentlich August Heinrich Hoffmann; nach seinem Geburtsort, der heute ein Stadtteil von Wolfsburg ist, benannte er sich bereits während seines Studiums. Zwischen 1840 und 1841 entstand sein zweibändiges Werk "Die Unpolitischen Lieder“. Darin sind nicht nur Kinderlieder wie "Der Kuckuck und der Esel“ oder "Summ summ summ“ versammelt, sondern auch das 1841 während eine Kuraufenthaltes auf Helgoland gedichtete "Lied der Deutschen". Wegen der national-liberalen Haltung, die von Fallersleben in der Liedersammlung erkennen ließ, wurde er bereits ein Jahr später seiner Ämter enthoben. Denn ein deutscher Staat mit parlamentarischer Gesetzgebung widersprach deutlich den Interessen der zahlreichen Monarchien und Fürstentümer auf deutschsprachigem Gebiet.

Gott, Kaiser und Staat

Von Fallersleben hatte der Zensur gegenüber noch einen obendrauf gesetzt, indem er ein Streichquartett Joseph Haydns als Melodie seines Liedes ausgewählt hatte: Die hatte Haydn im Jahr 1797 nämlich für den Kaiser von Österreich-Ungarn geschrieben: "Gott erhalte Franz den Kaiser“. Erst in der Weimarer Republik wurde "Das Lied der Deutschen“ tatsächlich zur Nationalhymne – Reichspräsident Ebert (SPD) machte es 1922 offiziell.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde das Lied aggressiv umgedeutet - unter Hitler setzte sich die Hymne zusammen aus der 1. Strophe des Von-Fallersleben-Liedes, dem das SA-Lied "Die Fahne hoch“ (das "Horst-Wessel-Lied") folgte. Seit 1952 bildeten alle drei Strophen vom "Lied der Deutschen“ die Hymne der BRD, seit dem August 1991 ist es die Hymne des wieder vereinigten Deutschlands. Wobei zu offiziellen Anlässen lediglich die dritte Strophe gesungen werden soll.

Die Nationalhymne ist nicht im Grundgesetz festgeschrieben. Lediglich ein Briefwechsel zwischen Bundespräsident und Bundeskanzler entscheidet über die Verwendung des Liedes als staatstragendes Gut. Heute, wo "Das Lied der Deutschen" von der Bevölkerung grad mal zu Fußballländerspielen mitgegrölt wird, stellt die Nationalhymne einen gewissen Anachronismus dar. Selbst zu Anlässen wie den Olympischen Spielen nehmen sich inzwischen viele Mannschaften ihre eigenen Hymnen mit - wie die Handballer in Athen 2004 das Stück "Heat“ der Regensburger Band "Beige GT".

Christoph Braun lebt in Berlin und schreibt über Phänomene in Ohr und Raum. Er findet die Melodie der britischen Nationalhymne super.

Was war das erste deutsche Lied?

Das Lied der Deutschen wurde seit seiner Entstehung meist nach der von Joseph Haydn zu Worten von Lorenz Leopold Haschka für Kaiser Franz II. komponierten Hymne Gott erhalte Franz, den Kaiser gesungen. In den ersten Jahrzehnten nach 1841 entstanden noch 58 weitere Vertonungen des Textes.

Warum ist das Lied der Deutschen verboten?

Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Urteil im März 1990 entschieden, dass das ganze Lied – also auch Strophe eins und zwei – unter dem Schutz der Kunstfreiheit interpretiert werden darf. Strafrechtlich geschützt ist allerdings nur die dritte Strophe.

Wann ist das Lied der Deutschen entstanden?

Deutsche Nationalhymne.

Woher kommt die deutsche Nationalhymne?

Die Geschichte dieses Liedes beginnt am 26. August 1841 auf der Hochseeinsel Helgoland, die damals noch zu Großbritannien gehörte. Hier dichtete August Heinrich Hoffmann von Fallersleben das Lied der Deutschen.