Was steht mir als brustkrebspatientin zu

BRUSTKREBS KANN JEDE FRAU TREFFEN

Als Antonia Sommer die Diagnose Brustkrebs erhielt, wusste sie, es kann auch einen Weg geben, den Krebs zu besiegen. Neun Monate lang Therapien hat die heute 59-jährige Frau hinter sich und schaut optimistisch in die Zukunft.

«Mein Mann und ich sind selbständig und führen eine Vermittlungsagentur im en gros Handel für Möbel. Wir sind das Bindeglied zwischen Hersteller und Möbelhaus und arbeiten beide mit grosser Leidenschaft für unsere Firma. Die ersten Anzeichen hatte ich ignoriert. Ich hatte weder Schmerzen noch die Zeit, mich darum zu kümmern. Ich hoffte, dass es nichts Schlimmes sei.

Erst als sich die Brust rötete, reagierte ich und ging zum Hausarzt, der mich sofort an die Frauenklinik des Kantonsspitals Olten überwiesen hatte. Nach vier Tagen hatte ich die Diagnose Brustkrebs. Ich war gefasst gewesen, hatte es schon fast erwartet. Mein Mann konnte vor über 30 Jahren von einer Krebserkrankung mit einer Überlebenschance von zehn Prozent vollständig geheilt werden. Ich wusste, Krebs kann man auch besiegen.

Da der Krebs bereits fortgeschritten war, aber glücklicherweise keine Ableger gebildet hatte, erhielt ich vor der Operation sechs Monate Chemotherapie. Das war zu Beginn heftig. Mit der Zeit fielen mir die Haare aus, die Augenbrauen, sogar die Wimpern. Als ich mit Perücke meine Nachbarin traf, meinte sie, meine neue Frisur stünde mir gut. Ich erzählte ihr und meinem nahen Umfeld von meinem Brustkrebs. Erst waren sie schockiert, dafür war es danach einfacher, offen zu sprechen. Mit meinem Onkologen gab es oft lustige Momente ob meiner vielen Fragen. Nicht nur die Wirkmechanismen der Chemo-Mittel wollte ich verstehen, auch andere biologische Themen in diesem Zusammenhang weckten meine Neugier. Alles, was in meinem Kopf herumschwirrte schrieb ich in mein Notizbuch. Anfänglich waren es Notizen, mit der Zeit wurde es ein Tagebuch. Immer wenn der Berg zu gross wurde, half das Schreiben.

Wenn Frauen beim Arzt die Diagnose Brustkrebs bekommen, ist das für die meisten anfangs ein Schock. Unsicherheit macht sich breit und viele Fragen kreisen im Kopf. Wie soll es jetzt weitergehen? Welche Therapie ist die richtige? Und kann ich die Krankheit besiegen? Dr. med. Claudia Gerber-Schäfer vom Brustkrebszentrum im Sankt Gertrauden-Krankenhaus in Berlin hat bildderfrau.de die wichtigsten Fragen zum Thema Brustkrebs beantwortet.

Diagnose Brustkrebs

bildderfrau.de: Wie reagieren die meisten Frauen, wenn Sie die Diagnose Brustkrebs bekommen?

Dr. Gerber-Schäfer:

Das ist recht unterschiedlich. Einige reagieren fast panisch, andere sind äußerlich sehr ruhig. Angst und Unsicherheit sind wohl die häufigsten Gefühle. Für viele Patientinnen ist zudem der Gedanke, den Tumor im Körper zu haben, sehr belastend. Sie setzen sich daher selbst unter Druck, schnell mit einer Therapie zu beginnen. Gleichzeitig fühlen sich die Frauen damit überfordert, die Diagnose zu verstehen und über ihre persönliche Brustkrebsbehandlung zu entscheiden.

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Was raten Sie Frauen nachdem sie die Diagnose bekommen haben? Wie sollten sie sich am besten Verhalten? Was ist in dieser Phase am wichtigsten?

In dieser schwierigen Zeit ist es wichtig zu wissen: Brustkrebs im Frühstadium ist gut behandelbar. Die meisten Frauen führen nach entsprechender Therapie ein normales Leben. Die Zehn-Jahres-Überlebensrate beträgt bei Brustkrebspatientinnen laut Robert Koch Institut 82 Prozent. Das bedeutet, dass die Chancen auf eine dauerhafte Heilung relativ gut stehen. Positives Denken hilft, den ersten Schock, aber auch die Zeit während der Therapie gut zu überstehen.

Brustkrebs ist kein medizinischer Notfall. Die Frauen können sich Zeit lassen, um gemeinsam mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin die richtige Therapie zu finden. Der Krebs wird in dieser Zeit nicht gefährlicher.

In unserem Brustzentrum sehen wir es als unsere Aufgabe an, die Patientinnen in dieser Phase bestmöglich zu informieren und zu unterstützen. Von großer Bedeutung ist aber auch die Unterstützung durch den Partner, die Familie und das soziale Umfeld. Die Patientinnen sollten wissen und spüren, dass sie nicht alleine sind.

Jeder Brustkrebs ist anders und muss individuell behandelt werden

Warum ist eine individuelle Behandlung so wichtig? Wie sieht die individuelle Behandlung in der Praxis aus?

Es existieren verschiedene Brustkrebsformen. Und genauso wie jeder Mensch anders ist, ist auch jeder Brustkrebs anders. Daher benötigt auch jede Patientin beziehungsweise jeder Brustkrebs eine individuell abgestimmte Therapie – in Abhängigkeit von dem Risikoprofil des Tumors. Während die eine Patientin beispielsweise überhaupt nicht von einer Chemotherapie profitiert (Niedrig-Risiko-Tumor), kann die Chemotherapie für die andere Patientin unbedingt notwendig sein, um den Krebs wirksam bekämpfen zu können (Hoch-Risiko-Tumor).

In den meisten Fällen ist ein chirurgischer Eingriff notwendig, um den Tumor zu entfernen. Schon präoperativ, also bevor der Tumor entfernt wird, kann es notwendig sein mit einer medikamentösen Therapie zu beginnen.

Wir nutzen verschiedene Instrumente, um herauszufinden, was eine Brustkrebspatientin konkret benötigt – von Brustultraschall und auch Mamma-MRT über eine Biopsie (Entnahme einer Gewebeprobe mit feingeweblicher Untersuchung) bis hin zu Genexpressionstests. Mit Hilfe dieser Instrumente erstellen wir einen individuellen, „maßgeschneiderten“ Therapieplan für jede Patientin: Benötigt sie eine Strahlentherapie, eine Chemotherapie, eine Antikörpertherapie oder eine Antihormontherapie?

Wichtig sind natürlich auch weitere Maßnahmen, die beispielsweise Nebenwirkungen erträglicher machen. Bei einem relativ geringen Teil der Patientinnen kann der Krebs zudem weit (gestreut) sein. Auch dann können wir mit unterschiedlichen, helfen, Beschwerden und Schmerzen zu lindern und den Fortschritt der Krankheit zu verlangsamen.

Was sind Ihrer Meinung nach die häufigsten Fehler während der Therapie in Deutschland?

Brustkrebspatientinnen werden häufig übertherapiert. Das bedeutet, dass sie eine sehr belastende Therapie bekommen, die sie in dieser Form gar nicht benötigen.

Was sind die Gefahren einer Unter- bzw. Übertherapie?

Patientinnen, die ohne Notwendigkeit mit einer Chemotherapie behandelt werden, müssen grundlos unter den Nebenwirkungen und den Langzeitschäden leiden. Die Chemotherapeutika (Zellgifte) schädigen nicht nur die Tumorzellen, sondern auch andere sich schnell teilende, gesunde Zellen wie zum Beispiel die Zellen der Magen- und Darmschleimhaut, der Haare oder die Blutzellen.

So entstehen häufige, akute Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle und Haarausfall - und eine erhöhte Infektionsgefahr. Langfristige Folgen können aber auch auftreten. Nach einer Chemo(über)therapie leiden viele Patientinnen an Nervenschäden wie beispielsweise an einem unangenehmen Kribbeln der Hände und Füße und an Störungen des Tastsinns oder der Feinmotorik. Nicht selten kommt es zu Herzschädigungen und Herzschwäche.

Bei Patientinnen, die eine notwendige Chemotherapie nicht erhalten und somit untertherapiert werden, kann es sein, dass der Krebs nie richtig verschwindet und sich schnell in andere Organe ausbreitet, also metastasiert. Oder aber der Krebs kehrt vorzeitig wieder zurück und die Frau erleidet einen Rückfall, ein sogenanntes Rezidiv.

Welche Vorteile hat eine Behandlung ohne Chemotherapie?

Die Patientinnen müssen nicht unter den schlimmen Nebenwirkungen und Langzeitschäden der Chemotherapie leiden. Auch andere Brustkrebstherapien sind für die Patientinnen sicher nicht angenehm und auch nicht frei von Nebenwirkungen. Doch die Chemotherapie ist – auch mit ihren Langzeitfolgen – ein Übel, das Patientinnen erspart werden sollte, wenn es nicht notwendig ist.

Genexpressionstests für bessere Therapieerfolge

Um eine individueller Therapie anbieten zu können, führen Sie im Gertrauden-Krankenhaus den Genexpressionstest bei Brustkrebspatientinnen durch. Was ist das genau und was sind die Vorteile?

Genexpressionstests sind für Patientinnen mit frühem, hormonrezeptorpositivem und gleichzeitig HER2 negativem Brustkrebs geeignet. Sie untersuchen die für den Krebs und seine Entwicklung relevanten Gene einer bei der Patientin entnommenen Tumorgewebeprobe. Auf Basis dieser Untersuchung können das Risikoprofil des Tumors und die Prognose genauer eingeschätzt werden und es lässt sich besser vorhersagen, ob die Patientin von einer zusätzlichen Chemotherapie profitieren wird oder ob eine alleinige Antihormontherapie ausreicht.

Auch über das Risiko für die Patientin, dass der Krebs zu einem späteren Zeitpunkt zurückkehrt, geben sie Auskunft. Sie erleichtern damit die Wahl der optimalen Therapie und ermöglichen es, den Patientinnen unnötige Chemotherapien zu ersparen, und geben sowohl der Patientin als auch den Ärzten mehr Sicherheit.

Beim Oncotype DX Brustkrebstest zum Beispiel, den wir am Sankt Gertrauden-Krankenhaus verwenden, wird die Aktivität von 21 Genen im Tumorgewebe der Patientin bestimmt. Als Ergebnis liefert der Test den sogenannten Recurrence Score® Wert. Dieser Wert liegt zwischen 0 und 100. Abhängig von diesem Wert werden die Patientinnen einer von drei Risikogruppen zugeordnet. Die Patientinnen der Niedrigrisikogruppe haben ein geringes Rückfallrisiko und brauchen definitiv keine Chemotherapie. Das wird durch die Ergebnisse von Studien zu diesem Test sehr gut belegt.

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Was kostet ein Genexpressionstest? Warum wird er nicht von der Krankenkasse übernommen? Wem raten Sie zu einem Genexpressionstest?

Der Oncotype DX Brustkrebstest kostet 3.300 Euro. Obwohl noch keine allgemeine beziehungsweise automatische Kostenerstattung durch die Krankenkassen erfolgt, kann eine Kostenübernahme durchaus erreicht werden. Patientinnen sollten deshalb bei Ihrer Krankenversicherung anfragen, ob der Test erstattet wird.

Der Oncotype DX Test wurde – wie auch andere Genexpressionstests - in alle wichtigen international anerkannten Leitlinien für die Behandlung von Brustkrebs aufgenommen. Diese Leitlinien wurden von medizinischen Experten entwickelt, um die Ärzte bei der Wahl der bestmöglichen Versorgung der Brustkrebspatientinnen zu unterstützen. Dennoch werden in Deutschland die Kosten dieser Tests nicht automatisch erstattet.

Unser Gesundheitssystem stellt sehr hohe Anforderungen an neue Produkte. Eine sehr große Menge an Studiendaten und schließlich ein länger andauernder politischer Entscheidungsprozess sind erforderlich, um eine allgemeine Kostenerstattung zu erreichen. Wir sind allerdings zuversichtlich, dass die zuständigen Gremien in den nächsten Monaten zugunsten der Patientinnen entscheiden werden.

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Gesunder Lebensstil verspricht bessere Heilungsschancen

Wenn eine Frau vom Brustkrebs geheilt ist, wie sollte sie sich verhalten, um das Risiko zu minimieren, dass die Krankheit zurückkommt?

Die Frau sollte motiviert sein, die hocheffektive Antihormontherapie über derzeit fünf bis zehn Jahre durchzuhalten. Sie sollte einen gesunden Lebensstil pflegen, den Alkoholkonsum stark einschränken und auf das Rauchen verzichten. Und auf eine gesunde und ausgewogene, fettarme Ernährung achten. Eine spezielle Krebsdiät ist aber nicht erforderlich, eben so wenig wie die unkritische Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln oder Vitaminen.

Die Frau sollte auf ihr Gewicht achten. Überflüssige Pfunde sollten abgebaut werden. So oft wie möglich sollte sie körperlich aktiv werden. In zahlreichen Studien konnte gezeigt werden, dass durch körperliche Aktivität ein geringeres Rückfallrisiko und ein besseres Überleben erreicht werden kann. Den größten Nutzen haben Patientinnen, die mindestens drei bis fünf Stunden Sport pro Woche (zum Beispiel zügiges Walking) machen.

Sport hält körperlich und geistig fit und stärkt das Immunsystem. Mit Sport können die Nebenwirkungen einer antihormonellen Therapie oder einer Chemotherapie gebessert werden. Die Frau kann also aktiv etwas zu ihrer Heilung beitragen.

Außerdem sollte zudem ein echter Vitamin-D-Mangel ausgeschlossen und gegebenenfalls therapiert werden. Bei Frauen nach den Wechseljahren können knochenstärkende Präparate, sogenannte Bisphosphonate oder Denosumab, das Rückfallrisiko senken. Allerdings werden die Kosten für diese Medikamente nur bei gleichzeitig verminderter Knochendichte von den Krankenkassen übernommen.

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Was kann man bei Brustkrebs beantragen?

Ist Ihr Brustkrebs bereits weit fortgeschritten, kann es zu Pflegebedürftigkeit kommen. Dann können Sie verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen. Sie erhalten Sozialhilfe, wenn Sie nur noch unter 3 Stunden erwerbstätig sein können und Ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können.

Wie hoch ist der Grad der Behinderung bei Brustkrebs?

Nach einer Brustkrebserkrankung wird Ihnen in der Regel zunächst ein Behinderungsgrad von 50 für eine Dauer von fünf Jahren anerkannt (Heilungsbewährung).

Welche Ansprüche habe ich als Krebspatient?

Pflegesachleistung (häusliche Pflegehilfe) häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson. Pflegegeld für selbstbeschaffte Pflegehilfen. Pflegehilfsmittel und Wohnumfeld verbessernde Maßnahmen.

Was zahlt die Krankenkasse bei Brustkrebs?

Die Kosten für die brustprothetische Versorgung werden in Deutschland grundsätzlich von den Krankenkassen übernommen. Zu der Versorgung gehören das Hilfsmittel selbst, aber auch die Beratung und Anpassung vor Ort im Sanitätshaus.

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