Was erben die Kinder wenn die Mutter stirbt

1. Erbfall und Erbfolge

Das Erbrecht regelt den Übergang der Rechte und Pflichten eines Verstorbenen auf andere Personen. Das Gesetz bezeichnet den Verstorbenen als Erblasser, seinen Tod, der die Erbschaft eröffnet, als Erbfall, das vererbliche Vermögen (also seine Rechte und Pflichten) entweder (vom Erblasser her gesehen) als Nachlass oder (vom Erben her gesehen) als Erbschaft, den Erwerb auf Grund einer Erbschaft als Erwerb von Todes wegen. Die Erbschaft geht Kraft Gesetzes mit dem Erbfall unmittelbar auf den Erben über, ohne dass es einer Annahme bedarf. Es bleibt aber seiner Entscheidung überlassen, ob er das Erbe antreten oder auf seine Erbeigenschaft verzichten will, indem er die Erbschaft ausschlägt.

Folgende Regel hat Gültigkeit:
Solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, schließt er alle Verwandten nachfolgender Ordnungen von der Erbschaft aus.

Um ermitteln zu können, wer schließlich wieviel erbt, müssen weitere Regeln beachtet werden:
Innerhalb der ersten drei Ordnungen werden der Erbe und die Erbquote nach Stämmen und Linien ermittelt. Dabei schließen in der 1. Ordnung die näheren die entfernteren Abkömmlinge und in der 2. und 3. Ordnung lebende Eltern ihre Abkömmlinge von der Erbfolge aus. Fallen die Eltern fort, dann rücken die Kinder an ihre Stelle nach.

Der Erbe erwirbt das Vermögen des Verstorbenen als Gesamtrechtsnachfolger. Erbt nur eine Person, so spricht man von einem Alleinerben. Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so nennt man diese Miterben. Sie bilden eine Erbengemeinschaft. Der Nachlass wird dann gemeinschaftliches Vermögen. Der einzelne Miterbe kann zwar über seinen Anteil am Nachlass, nicht aber über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen verfügen. Bei Veräußerung des Nachlassanteils steht den übrigen Miterben ein Vorkaufsrecht zu. Die Gemeinschaftsbindung der Miterben bleibt bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, die jeder Erbe jederzeit verlangen kann, bestehen.

Jeder hat das Recht, durch Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) seine Erben nach eigenem Entschluss zu ernennen. Liegt keine letztwillige Verfügung vor, so tritt die gesetzliche Erbfolge ein, die von dem Grundsatz ausgeht, dass das vom Erblasser hinterlassene Vermögen in der Hand des Ehegatten und der Blutsverwandten verbleiben soll. Die gewillkürte Erbfolge (Testament, Erbvertrag) hat stets Vorrang vor der gesetzlichen.

Die meisten Menschen hinterlassen keine letztwillige Verfügung, wohl weil sie die Regelungen der gesetzlichen Erbfolge für sachgemäß, sinnvoll und auf den eigenen Fall für passend halten, bis auf einen bemerkenswerten Punkt: Vielen Ehepaaren reicht – offensichtlich im Zuge der Wandlung des Begriffs der ehelichen Lebensgemeinschaft zu einem echten Partnerschaftsverhältnis – die gesetzliche Erbfolgesituation der Ehegatten nicht, so dass sie oft die gesetzliche Erbfolge in der Weise abändern, dass sie – meist in einem gemeinschaftlichen Testament - sich zunächst gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und bestimmen, dass erst nach dem Ableben des überlebenden Ehegatten die gemeinsamen Kinder erben sollen.

Elternteil eines Kindes ist vorverstorben – Großeltern leben noch – Beerbt das Kind am Ende die Großeltern?

  • Enkelkind tritt in die Fußstapfen von Vater oder Mutter
  • Haben die Großeltern ein Testament verfasst?
  • Im Falle der Enterbung ist ein Pflichtteilsanspruch für das Enkelkind denkbar

Hat ein Kind bereits seinen Vater oder seine Mutter verloren, lebt aber noch der Großvater bzw. die Großmutter des Kindes, dann kann sich im Falle des Ablebens des Großelternteils die Frage stellen, ob das Kind sein Großelternteil beerbt.

Wichtig ist für das Kind zunächst einmal die Erkenntnis, dass sein mögliches Erbrecht nach dem Großelternteil grundsätzlich nicht davon abhängt, ob es die Erbschaft nach seinem verstorbenen Elternteil angenommen oder ausgeschlagen hat.

War also der vorverstorbene Vater bzw. die vorverstorbene Mutter beispielsweise hoch verschuldet und hat sich das Kind aus diesem Grund beim Tod des Elternteils dazu entschlossen, die Erbschaft auszuschlagen, dann berührt dies in aller Regel nicht ein mögliches Erbrecht nach dem Großelternteil.

Gesetzliche oder testamentarische Erbfolge?

Für die Frage, ob und in welchem Umfang ein Enkelkind sein Großelternteil beerbt, ist von ganz entscheidender Bedeutung, ob das Großelternteil seine Erbfolge durch ein Testament bzw. einen Erbvertrag geregelt hat oder ob die gesetzliche Erbfolge nach den §§ 1924 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gilt.

Existiert kein letzter Wille des Großelternteils, dann lohnt sich für das Enkelkind ein Blick in § 1924 Abs. 3 BGB. Dort ist nämlich folgendes geregelt:

„An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen).“

Dies bedeutet, dass das Enkelkind im Falle der gesetzlichen Erbfolge gleichsam in die Fußstapfen seines vorverstorbenen Vaters bzw. seiner vorverstorbenen Mutter tritt.

Enkelkind als möglicher Alleinerbe

Der Erbteil, der eigentlich auf den vorverstorbenen Vaters bzw. die vorverstorbene Mutter entfallen wäre, geht auf das Enkelkind über. Dies kann dazu führen, dass das Enkelkind alleiniger Erbe des Großelternteils wird, wenn die Großeltern neben dem vorverstorbenen Elternteil keine weiteren Kinder hatten und auch das Enkelkind Einzelkind war.

Existieren weitere Kinder der Großeltern, dann muss sich das Enkelkind das Erbe mit diesen weiteren Kindern des verstorbenen Großelternteils teilen.

Eine grundsätzlich andere Situation ergibt sich, wenn das Großelternteil seine Erbfolge in einem Testament oder Erbvertrag geregelt hat.
Testament geht der gesetzlichen Erbfolge vor

In diesem Fall gilt vorrangig der letzte Wille des Großelternteils. Wenn dem Testament beispielsweise zu entnehmen ist, dass alleiniger Erbe des Großelternteils die katholische Kirche sein soll, dann ist das Enkelkind erbrechtlich zunächst einmal aus dem Rennen.

Spannender wird es für das Enkelkind bei der testamentarischen Erbfolge wiederum, wenn das Großelternteil in seinem letzten Willen den (vorverstorbenen) Sohn bzw. die (vorverstorbene) Tochter als Erben eingesetzt hat und das Testament nach dem Ableben des eigenen Kindes nicht abgeändert wurde.

In diesem Fall kann dem Enkelkind gegebenenfalls nach § 2069 BGB geholfen werden:

„Hat der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht und fällt dieser nach der Errichtung des Testaments weg, so ist im Zweifel anzunehmen, dass dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten würden.“

Diese gesetzliche Auslegungsregel kann – nicht muss – dazu führen, dass das Enkelkind an die Stelle seines im Testament der Großeltern bedachten aber vorverstorbenen Elternteils tritt.

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang  immer die Ermittlung des tatsächlichen Willens des Großelternteils. Bereits die Anordnung einer Ersatzerbschaft im Testament der Großeltern oder aber die ausdrückliche Anordnung im Testament, keine Ersatzerben bestimmen zu wollen, kann die Anwendbarkeit der Auslegungsregel in § 2069 BGB ausschließen.

Möglicher Anspruch auf den Pflichtteil

Ist schließlich weder das vorverstorbene Elternteil noch das Enkelkind im Testament des Großelternteils bedacht, steht für das Enkelkind beim Ableben des Großelternteils gegebenenfalls ein Anspruch auf den Pflichtteil im Raum.

Immer dann, wenn ein Abkömmling durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurde, kann der Abkömmling grundsätzlich seinen Pflichtteilsanspruch einfordern.

Existieren im Zeitpunkt des Ablebens des Großelternteils aber noch lebende Kinder der Großeltern, wird ein Pflichtteil des Enkels oft an der Vorschrift des § 2309 BGB scheitern.

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Wie ist die Erbfolge wenn die Mutter stirbt?

Jede Linie erbt zu gleichen Teilen. Leben noch beide Eltern des Verstorbenen, erben sie zu gleichen Teilen jeweils die Hälfte des Nachlasses. Ist ein Elternteil bereits verstorben, treten an die Stelle des verstorbenen Elternteils dessen Nachkommen – in diesem Fall also die Geschwister des Erblassers und deren Kinder.

Wie hoch ist der Pflichtteil wenn die Mutter stirbt?

Der Pflichtteil ist die gesetzliche Mindestbeteiligung am Erbe. Er beträgt 50 % des gesetzlichen Erbteils – und steht Familienangehörigen auch bei Enterbung zu.

Haben Kinder Anspruch auf Erbe wenn ein Elternteil stirbt?

‍Sobald der Vater stirbt, erben die Kinder seinen Nachlass und die damit verbundenen Vermögenswerte sowie Schulden. Dabei ist unerheblich, ob ein Testament besteht oder nicht. Existiert kein Testament, greift die gesetzliche Erbfolge. Sie sieht die Kinder als erbberechtigt an.

Wie hoch ist der Pflichtteil für ein Kind?

Beispiel zur Höhe des Pflichtteils für Kinder: Demzufolge hat das Kind einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 50 % des Nachlasses. Bei zwei Kindern und einem unverheirateten Erblasser, erhält jedes Kind einen Pflichtteil von 25 %, da die gesetzliche Erbquote für jedes Kind bei 50 % des Nachlasses liegt.