Was bedeutet es wenn die EZB die Zinsen erhöht?

Ziel der EZB ist es, dass sich die Preise im Euroraum stabil entwickeln. Mittelfristig soll dafür die Inflationsrate im Euroraum bei zwei Prozent liegen. Inzwischen lag sie im Oktober 2022 bei 10,4 Prozent – so hoch wie noch nie seit Einführung der Gemeinschaftswährung. Um die Preissteigerungen abzubremsen, dient der Leitzins – beziehungsweise genau genommen drei verschiedene Leitzinssätze – als Steuerungsinstrument.

Üblicherweise steigen die Preise schnell, wenn die Wirtschaft boomt und deswegen viel gekauft wird, also die Nachfrage hoch ist. Dann erhöhen Notenbanken die Zinsen, um die Nachfrage und damit den Anstieg der Preise abzubremsen. Flacht bei langsamerem Wachstum der Preisanstieg ab, können die Zinsen gesenkt werden. Mit niedrigsten Zinsen, so die Argumentation der EZB in den vergangenen Jahren, würden zum Beispiel Finanzierungen für Investitionen günstiger, die Wirtschaft käme in Schwung, die Nachfrage würde anziehen und damit die Inflation steigen.

Die EZB erhöhte den Leitzins am 8. September 2022 und am 27. Oktober um je 0,75 % auf nun insgesamt 2 %. Schon im Juli 2022 erfolgte eine erste Leitzinserhöhung von null auf 0,5 %. Auch der Einlagenzinssatz wurde im Juli von minus 0,5 % auf 0 % und im Oktober von 0,75 auf 1,5 % angehoben. Das Ziel der EZB ist es, der hohen Inflation entgegenzuwirken. Diese hatte im September 2022 im Euroraum einen Rekordwert von 10,9 % erreicht. 

Die Erhöhung der Leitzinsen markiert eine Trendwende: Seit 2016 befand sich der Leitzins durchgängig bei 0 %. Doch nicht nur die EZB, sondern auch die Zentralbanken außerhalb der Eurozone haben 2022 ihre Leitzinsen erhöht. Unter anderem der Krieg in der Ukraine und die Corona-Pandemie führten auf der ganzen Welt zu einer Verknappung von Gütern. Das hatte erhebliche Teuerungen von Waren und Dienstleistungen zur Folge und erforderte ein Einschreiten der Notenbanken.

Weitere Zinserhöhungen sollen im November und Dezember folgen. Sie sollen dazu beitragen, die Inflation wieder auf den Zielwert der EZB von ca. 2 % zu bringen. Eine Inflationsrate von 2 % wird als angemessen für ein stabiles Wirtschaftswachstum angesehen.

Seit März 2016 lag der Leitzins im Euroraum bei null Prozent. Nach langem Zögern hatte die EZB im Juli 2022 die Zinsen im Euroraum wieder angehoben. Im September legte sie nochmals nach. Mit einer historischen Zinserhöhung von 0,75 Prozentpunkten auf 1,25 Prozent stemmte sie sich gegen die Rekordinflation im Euroraum. Im Oktober entschied sie, den Leitzins erneut anzuheben - wieder um 0,75 Prozentpunkte. Damit stieg der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB leihen können, auf 2,0 Prozent.

  • Warum erhöht die EZB den Leitzins?
  • Warum war die EZB bislang so zögerlich?
  • Welche Auswirkungen hat die Zinserhöhung für Verbraucher?
  • Wie wird sich die Entscheidung auf die Inflation auswirken?

Warum erhöht die EZB den Leitzins?

Der Hauptgrund für die Änderung der EZB-Geldpolitik ist das Ziel, die Inflationsentwicklung im Euroraum zu bremsen, die Verbraucher und Unternehmen belastet. Durch die EU-Verträge ist festgehalten, dass die EZB für die 19 Staaten idealerweise einen jährlichen Preisauftrieb von zwei Prozent anstreben soll – im August lag er weit darüber bei 9,1 Prozent.

Inzwischen zeichnet sich ab, dass die Inflation auch vorerst hoch bleiben wird. Deswegen forderten viele Volkswirte, dass die EZB schnell konsequent handeln müsse. In den USA hat die Notenbank bereits viel früher und deutlich reagiert. Die Federal Reserve hat den Leitzins in diesem Jahr bereits sechsmal erhöht - zuletzt am 2. November um 0,75 Prozentpunkte. Damit liegt der US-Leitzins aktuell in einer Spanne von 3,75 bis 4 Prozent.

Warum war die EZB bislang so zögerlich?

Zinserhöhungen bringen immer Rezessionsrisiken mit sich: Wenn die Zinsen steigen, wird beispielsweise weniger gebaut, auch Unternehmen investieren zögerlicher. Der gesamte Wirtschaftskreislauf wird gebremst. Bedingt durch die Corona-Pandemie, aber auch durch den Krieg in der Ukraine besteht die Gefahr eines wirtschaftlichen Abschwungs, wenn jetzt auch noch Zinserhöhungen hinzukommen.

Zudem: Die Entscheidung der EZB gilt für die gesamte Währungsunion. Mehrere Euroländer sind hochverschuldet (z.B. Italien oder Frankreich). Für diese Staaten könnte es bei höheren Zinsen schwierig werden, ihre Schulden zuverlässig zu bedienen. Und das kann theoretisch zu Staatspleiten führen.

Was bedeutet es wenn die EZB die Zinsen erhöht?

Was bedeutet es wenn die EZB die Zinsen erhöht?

Leitzins-Entscheidung der EZBFolgen für Unternehmen und Verbraucher

03:27 Minuten09.09.2022

Welche Auswirkungen hat die Leitzinserhöhung für Verbraucher?

Höhere Kredit- und Bauzinsen

Die bislang niedrigen Zinsen haben Immobilienfinanzierungen jahrelang immer billiger gemacht. Zuletzt haben sich Kredite bereits rasant verteuert, mit der Leitzinserhöhung wird die Zinslast weiter steigen. Nach Angaben des Internetportals Finanztip sind die Bauzinsen zwischen Januar und Juni 2022 auf den höchsten Stand seit zehn Jahren angestiegen. Für einen Kredit mit fünf Jahren Laufzeit wurden Anfang Juli im Schnitt circa 3,2 Prozent Zinsen fällig, bei einer Laufzeit von zehn Jahren waren es 3,3 Prozent.

Experten befürchten, dass steigende Kreditraten einige Schuldner finanziell überfordern könnten. Wachsam sein sollten nun vor allem jene Kreditnehmer, deren Zinsbindung in nächster Zeit ausläuft. Weil viele Hypothekenverträge einen fest vereinbarten Zinssatz für die Dauer von z.B. zehn oder 15 Jahren garantieren, dürfte sich die EZB-Entscheidung vorerst noch nicht in der Breite bemerkbar machen. Sobald die Zinsbindung jedoch endet, dürfte die Höhe der monatlichen Rückzahlungsraten merklich steigen - für einige möglicherweise schmerzlich.

Möglicherweise mehr Zwangsversteigerungen

Es wird damit gerechnet, dass manche Hypothekenschuldner die aufgrund der steigenden Zinssätze höheren monatliche Raten nicht mehr stemmen können. Eine Folge: Die Zahl der Zwangsversteigerungen von Immobilien könnte zunehmen. Aufgrund der oft langen Verfahrensdauer von Haus-Versteigerungen dürfte sich dieser Effekt aber erst in den Jahren 2023 und 2024 bemerkbar machen.

In den vergangenen Jahren war die Zahl der Zwangsversteigerungen in Deutschland ständig gesunken. Als Gründe galten die lange Zeit gute Konjunktur und die Niedrigzinsen, die die Last von Krediten für Schuldner niedrig hielten und die Immobiliennachfrage antrieben.

Die Situation für Sparer

Durch die Entscheidung der EZB dürften Niedrigstzinsen auf Tagesgeld- und Festgeldkonten sowie Negativzinsen auf Konten, die einen bestimmten Freibetrag überschreiten, der Vergangenheit angehören. Denn aufgrund von Negativzinsen entstanden bislang auch den Banken Kosten, die sie oftmals in Form von Verwahrentgelten an ihre Kunden weitergeben haben.

Nach Angaben des Vergleichsportals Verivox haben bereits 51 Banken in Deutschland die Negativzinsen für ihre Kunden ganz oder teilweise abgeschafft. Seit Ende April strichen demnach 35 Banken ihre Negativzinsen komplett, weitere 16 Banken hoben die Freibeträge deutlich an, so dass ein Großteil der Kunden keine Negativzinsen mehr zahlen muss.

Tatsächlich dürften die Zinsen für Sparer zumindest langfristig sogar steigen. Bereits jetzt zeigen sich erste entsprechende Tendenzen. Andererseits bedeutet die aktuell hohe Inflationsrate, dass der Realzins erst einmal auch weiterhin im negativen Bereich verharrt.

Was bedeutet es wenn die EZB die Zinsen erhöht?

Krieg, Klimaschutz und steigende Preise

So können Haushalte Energie sparen

Krieg, Klimaschutz und steigende Preise

So können Haushalte Energie sparen

Steigende Preise, Klimaschutz, Gaskrise - es gibt viele Gründe, warum es sich lohnt, Energie zu sparen, auch im Sommer. Mit Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans Gas ist Energiesparen ohnehin das Gebot der Stunde. Was kann jede einzelne Person tun?

Im Schnitt zahlten die Banken in Deutschland im Juli laut Verivox bis zu 1,33 Prozent Zinsen für Festgelder mit zwei Jahren Laufzeit - noch zu Beginn des zweiten Quartals betrugen die besten Angebote lediglich 0,41 Prozent.

Im Vergleich zur Inflationsrate sind das jedoch noch immer sehr niedrige Zinssätze - Sparerinnen und Sparer sollten deshalb möglichst wenig Geld auf dem Tagesgeld- oder Girokonto parken. Für das Gesamtjahr 2022 rechnet die Bundesbank mit einer Inflationsrate von 7,1 Prozent für Deutschland. 10.000 Euro auf einem unverzinsten Girokonto würden somit in einem Jahr 663 Euro an Wert verlieren.

Wie wird sich die Entscheidung auf die Inflation auswirken?

Mit sinkenden Preisen und Lebenshaltungskosten können Verbraucherinnen und Verbraucher allerdings auch nach der Zinserhöhung der EZB nicht rechnen.

Was bedeutet es wenn die EZB die Zinsen erhöht?

Inflation

Warum steigen die Preise?

Inflation

Warum steigen die Preise?

Der Inflationsdruck weltweit ist weiter hoch. Auch in Deutschland machen sich viele Menschen Sorgen, dass ihre Kaufkraft schwindet und sie sich weniger leisten können. Wie entsteht Inflation und wie wird gegengesteuert?

Die Inflation wird aktuell insbesondere von den hohen Energiepreisen getrieben. In diesem Bereich betrug die Teuerungsrate im Juni im Vormonatsvergleich stolze 38 Prozent, die Kosten von Haushaltsenergie stiegen um mehr als 40 Prozent. Hintergrund sind die derzeit hohen Preise an den internationalen Rohstoffmärkten – auf diese hat die EZB aber keinen Einfluss.

Im klassischen Fall wird Inflation nicht durch knappes Angebot, sondern durch hohe Nachfrage angetrieben. Da kann die EZB dann mit einer Erhöhung des Leitzins wirksam gegensteuern. Obwohl die Entscheidung der EZB gegen die aktuelle Inflation nicht viel ausrichten kann, bewerten viele Ökonomen den Kurswechsel der Notenbank positiv. Die EZB mache damit deutlich, dass ihr die Inflation nicht gleichgültig sei, sagte Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft am 22. Juli 2022 im Deutschlandfunk.

Was passiert wenn die EZB die Zinsen erhöht?

Wenn der Leitzins steigt, wird es für Banken teurer, sich Geld von einer Zentralbank zu leihen. Um diese Kosten auszugleichen, erhöhen die Banken im Gegenzug die Kosten für die Kredite, die sie ihren KundInnen anbieten. Das führt dazu, dass weniger Kredite abgeschlossen werden.

Was bedeutet eine Zinserhöhung der EZB?

Er wird fällig, wenn sich Banken Geld von der Zentralbank beschaffen. Möchten Kreditunternehmen ihr Geld bei der EZB parken, bekommen sie seit dem 27. Oktober 2022 1,5 Prozent Zinsen. Für Verbraucher:innen bedeutet die erneute EZB-Zinserhöhung steigende Zinsen fürs Sparen oder Finanzieren.

Was passiert wenn die Zinsen erhöht werden?

Wird der Leitzins erhöht, so kann die Nachfrage leicht sinken. Die Hoffnung der Notenbanken: Die Inflation wird sinken. Als Inflationsziel gibt die EZB eine Preissteigerung von maximal 2 Prozent an. Zuletzt lag die Inflationsrate in Europa bei knapp 10 Prozent.