Wissenschaft Plasmaphysik
Was passiert, wenn es wie wild am Himmel blitzt
Veröffentlicht am 01.09.2015 | Lesedauer: 3 Minuten
In Cottbus schlagen die meisten Blitze ein
Im letzten Jahr registrierten die Messstationen in Deutschland über 600.000 Blitzeinschläge. Dabei gibt es große regionale Unterschiede - Cottbus ist die Blitzhauptsstadt von Deutschland.
Quelle: N24
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622.636 Blitze haben sich 2014 über Deutschland entladen. Das sind rund 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten gab es in Cottbus. Für die Wissenschaft ist der Blitz noch immer ein Mysterium.
Hohe Temperaturen und viel Feuchtigkeit in der Luft – das sind die idealen Voraussetzungen für ein Gewitter. Deshalb sind sie im Sommer am häufigsten. Jeder Blitz in Deutschland wird von Messstationen registriert. Einschläge lassen sich mit einer Präzision von rund 200 Metern verorten.
Das von der Firma Siemens betriebene Antennennetz namens Blids registrierte im Jahr 2014 exakt 622.636 Blitzeinschläge in Deutschland. Das sind rund 15 Prozent mehr als im Vorjahr.
In der Deutschlandkarte sind die Städte und Landkreise mit der durchschnittlichen Anzahl der Blitze pro Quadratmeter dargestellt
Quelle: Infografik Die Welt
In Blitzen fließen sehr starke elektrische Ströme, die im Mittel eine Stärke von 20.000 Ampere erreichen. Diese verwandeln die Luft im Blitzkanal in ein sogenanntes Plasma. Das ist der vierte Aggregatzustand der Materie – neben fest, flüssig und gasförmig.
In einem Plasma sind die Atome oder Moleküle ionisiert, das heißt: ihnen fehlen Elektronen. Positiv geladene Ionen und negativ geladene Elektronen sind die Träger des elektrischen Stroms in einem Blitz.
Vorblitze senden auch Röntgenstrahlung aus
Doch die Sache erinnert ein wenig an das berühmte Henne-Ei-Problem: Wenn sich in der Luft noch kein Plasmakanal gebildet hat, kann eigentlich kein Strom fließen. Doch der Strom wird zum Erhitzen der Luft benötigt, damit ein Plasma erst entstehen kann.
Cottbus ist Deutschlands Blitzhauptstadt 2014. Der Blitzinformationsdienst von Siemens (Blids) registrierte dort im vergangenen Jahr 8,42 Blitze pro Quadratkilometer – im Gegensatz... dazu verzeichnen der Landkreis Aurich und die Stadt Passau nur 0,23 Blitze pro Quadratkilometer
Quelle: Infografik Die Welt
Bis heute ist die Entstehung von Blitzen nicht vollständig wissenschaftlich verstanden. Man geht jedoch davon aus, dass die kosmische Strahlung eine Rolle spielt. Sie kann Atome und Moleküle ionisieren, sodass in der Atmosphäre Bereiche mit Ladungsträgern entstehen.
Durch eine schnelle Kaskade von Vorblitzen entsteht dann erst der Plasmakanal, durch den der Hauptblitz schließlich zur Erde zucken kann. Das vom Blitzstrom erzeugte starke Magnetfeld stabilisiert dabei den Leitungskanal. Erst vor wenigen Jahren konnten Forscher nachweisen, dass von den Vorblitzen auch Röntgenstrahlung ausgesendet wird – nicht jedoch vom Hauptblitz.
Weil Blitze kurze Strompulse sind, erzeugen sie auch charakteristische elektromagnetische Wellen, die sich in alle Richtungen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Das wird vom Blids-Messnetzwerk genutzt.
Rekordverdächtiger Sommer verabschiedet sich
Pünktlich zum meteorologischen Herbstanfang verabschieden sich Hitze und Sonnenschein. Zum Titel Rekord-Sommer reicht es nicht ganz, ein neuer Hitzerekord wurde trotzdem aufgestellt. Eine Bilanz.
Quelle: N24
Die von einem Blitz ausgesandten Wellen werden von mehreren Stationen empfangen. Weil deren Antennen die Richtung erkennen können, aus der die Welle gekommen ist, lässt sich aus den Ankunftszeiten der Welle an verschiedenen Stationen auf den Ort des Blitzes zurückschließen.
Blids ist ein kommerzielles System, das unter anderem von Versicherungen, Betreibern von Stromnetzen und Wetterdiensten genutzt wird. Einmal im Jahr – natürlich im Sommer – präsentiert Siemens der Öffentlichkeit einen Blitzatlas für das Vorjahr. Er offenbart, wo es besonders oft oder auch ziemlich selten geblitzt hat.
Im Jahr 2014 gab es demnach die meisten Einschläge pro Quadratkilometer in der Stadt Cottbus. Auf dem zweiten Platz lag der Spree-Neiße-Kreis, gefolgt von der Stadt Schweinfurt.
Die Hitliste der Blitzstädte verändert sich jedoch von Jahr zu Jahr. Das Wettergeschehen ist zu chaotisch, als dass man hier stets die gleiche Rangfolge erwarten könnte. Besonders bemerkenswert ist jedoch der rasante „Aufstieg“ der Stadt Schweinfurt, die es 2014 unter die Top 3 schaffte aber noch ein Jahr zuvor die Stadt in Deutschland mit den wenigsten Blitzen war. So können sich die Dinge ändern. Die Schweinfurter werden wohl mit Interesse den Blids-Ergebnissen von 2015 entgegensehen.