Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu der Frage, wann der Anspruch auf die Vergütung (Lohn, Gehalt) fällig wird, welche Voraussetzungen das Gesetz für den Schuldnerverzug verlangt und wann der Arbeitgeber demgemäß in Zahlungsverzug gerät. Show
Außerdem finden Sie Hinweise dazu, ob Arbeitnehmer ihren Zinsanspruch für die Zeit des Lohnverzugs ausgehend vom Bruttolohn oder vom Nettolohn berechnen können und was Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Falle eines Lohnverzugs beachten sollten. von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
Wann gerät der Arbeitgeber in Zahlungsverzug?Voraussetzung für den Verzug des Arbeitgebers mit der Zahlung der Vergütung (Lohn bzw. Gehalt, Ausbildungsvergütung) sind zwei Dinge:
Wann wird der Anspruch auf die Vergütung fällig?Zur Fälligkeit des Arbeitslohns gibt es eine gesetzliche Vorschrift, nämlich § 614 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach ist die Vergütung nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten. Nach dieser gesetzlichen Regelung sind Arbeitnehmer vorleistungspflichtig: Erst muss der Arbeitnehmer arbeiten, danach muss der Arbeitgeber den Lohn bezahlen. Ist daher im Arbeitsvertrag beispielsweise eine Monatsvergütung vereinbart ist, d.h. wird die Vergütung nach Zeitabschnitten bzw. Monaten bemessen, muss der Arbeitgeber erst nach Ablauf des jeweiligen Monats, d.h. am ersten Tag des folgenden Monats zahlen. An diesem Tag wird also nach dem Gesetz das Monatsgehalt fällig. In vielen Arbeits- und Tarifverträgen sind Fälligkeitsregelungen enthalten, die von § 614 BGB abweichen. Dann muss die Vergütung je nachdem, was der Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vorschreibt, z.B. bis zum 15. Kalendertag des laufenden Monats, am Monatsletzten oder auch erst am 10. Arbeitstag des folgenden Monats gezahlt werden. Dann gilt nicht § 614 BGB, sondern die arbeitsvertragliche bzw. tarifliche Regelung. Sehen Sie daher zunächst in Ihrem Arbeitsvertrag oder einem auf Ihr Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag nach, bis zu welchem Monatstag der Arbeitgeber den Lohn bzw. das Gehalt gezahlt haben muss. Wann gerät der Arbeitgeber nach dem Gesetz in Schuldnerverzug?Wie gesagt muss für den Eintritt des Verzugs die Forderung zunächst einmal fällig sein. Welche Voraussetzungen über die Fälligkeit hinaus für den Verzug erforderlich sind, ist in § 286 BGB geregelt. Diese Vorschrift lautet auszugsweise:
Da für die Leistung des Arbeitgebers, d.h. die Lohnzahlung, in aller Regel eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, ist es für den Eintritt des Verzugs nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer ein Mahnschreiben verfasst. Vielmehr gilt: Der Arbeitgeber kommt automatisch in Verzug, wenn er den "nach dem Kalender bestimmten" Fälligkeitstermin für die Lohnzahlung verstreichen lässt. Ist im Arbeitsvertrag oder in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag keine von § 614 BGB abweichende Regelung über die Fälligkeit der Vergütung enthalten, kommt der Arbeitgeber daher am zweiten Kalendertag des folgenden Monats mit der Lohnzahlung in Verzug. Welche Rechte haben Arbeitnehmer infolge des Lohnverzugs?Gerät der Arbeitgeber in Verzug mit der Lohnzahlung, haben die betroffenen Arbeitnehmer Probleme. Viele laufenden Zahlungen sind zu Beginn des Monats zu leisten, so vor allem die Miete oder Kreditraten. Ist das Konto dann aber aufgrund des Lohnverzugs nicht gedeckt, droht Ärger mit dem Vermieter und/oder mit der Bank. Zum Ausgleich dieser Verzugsschäden sieht das Gesetz vor, dass der säumige Arbeitgeber als Schuldner der Lohnforderung dem Arbeitnehmer als Gläubiger der Lohnforderung
zahlen muss Haben Arbeitnehmer im Falle des Lohnverzugs Anspruch auf eine Verzugsschadenspauschale von 40,00 EUR?Gemäß § 288 Abs.5 BGB haben Gläubiger bei Zahlungsverzug des Schuldners über die beiden o.g. Rechte hinaus (Ersatz des Verzugsschadens, Verzugszinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr) außerdem
Auf den ersten Blick gilt dieser Anspruch für alle Vertragsverhältnisse und damit auch für Arbeitsverhältnisse. In § 288 Abs.5 BGB heißt es: "Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist." Ob die Vorschrift über die Pauschale von 40,00 EUR (§ 288 Abs.5 BGB) auch im Arbeitsrecht gilt und damit Arbeitnehmern im Falle des Zahlungsverzugs ihres Arbeitgebers einen Anspruch von 40,00 EUR brutto gibt (und zwar für jeden einzelnen Fall des Lohnrückstandes), war einige Jahre lang umstritten. Einige Landesarbeitsgerichte (LAG) hatten in den Jahren 2016 bis 2018 zugunsten der klagenden Arbeitnehmer entschieden, d.h. die 40-Euro-Pauschale zugesprochen (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2016, 3 Sa 34/16, LAG Köln, Urteil vom 22.11.2016, 12 Sa 524/16, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 16/370 LAG Köln: Bei Zahlungsverzug werden 40,00 EUR fällig). Für die Anwendung von § 288 Abs.5 BGB zugunsten von Arbeitnehmern spricht, dass Arbeitnehmer "Gläubiger einer Entgeltforderung" (=Lohnforderung, Gehaltsforderung) sind, und dass der Schuldner dieser Forderung (= der Arbeitgeber) kein Verbraucher ist, sondern ein Unternehmer im Sinne von § 14 Abs.1 BGB. Gegen die Anwendung von § 288 Abs.5 BGB auf Lohnforderungen spricht aber § 12a Abs.1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), wonach die Parteien eines Arbeitsgerichtsprozesses im Urteilsverfahren in der ersten Instanz keinen Anspruch auf Erstattung der eigenen Anwaltskosten haben, wenn sie den Prozess gewinnen. Dieser Ausschluss der Kostenerstattung gemäß § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG gilt laut Bundesarbeitsgericht (BAG) auch für die Einschaltung eines Anwalts im außergerichtlichen Stadium, also z.B. dann, wenn ein Arbeitnehmer einen Anwalt damit beauftragt, rückständige Lohnforderungen vorgerichtlich durch ein an den Arbeitgeber gerichtetes Anwaltsschreiben beizutreiben. Für die Kosten eines solchen anwaltlichen Schreibens müsste eigentlich der säumige Schuldner (= Arbeitgeber) aufkommen, denn die Anwaltskosten sind ein Teil des Verzugsschadens (§ 280, § 288 Abs.4 BGB). Die Kostenerstattung ist aber durch § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG nach der BAG-Rechtsprechung ausgeschlossen, da § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG eben nicht nur für Gerichtsprozesse, sondern schon für außergerichtliche Streitigkeiten im Arbeitsverhältnis gilt. Daher hat das BAG im September 2018 entschieden, dass nicht etwa § 288 Abs.5 BGB gegenüber § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG vorrangig ist, sondern umgekehrt § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG gegenüber § 288 Abs.5 BGB (BAG, Urteil vom 25.09.2018, 8 AZR 26/18, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 18/239 Keine Verzugskostenpauschale bei Gehaltsrückstand). Dabei kann sich das BAG auf § 288 Abs.5 Satz 3 BGB berufen ("Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist."). Daraus folgt, dass die Pauschale ein Beitrag zu den Kosten sein soll, die dem Gläubiger (Arbeitnehmer) für die "Rechtsverfolgung" entstanden sind. Ist die Erstattung solcher Rechtsverfolgungskosten aber zulasten (bzw. zugunsten) beider Arbeitsvertragsparteien generell durch § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGG ausgeschlossen, gilt das auch für die Kostenpauschale gemäß § 288 Abs.5 BGB, so jedenfalls das BAG. Das bedeutet: Laut BAG haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die 40-Euro-Pauschale, wenn der Arbeitgeber mit Gehaltszahlungen in Verzug ist. Anderer Ansicht ist allerdings neuerdings das Arbeitsgericht Köln (Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 14.02.2019, 8 Ca 4245/18, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 19/118 Arbeitsgericht Köln contra BAG). Ob man bei einer Lohnklage die 40,00 EUR Verzugskostenpauschale einklagen sollte, ist daher wieder eine offene Frage bzw. hängt davon ab, ob man vor dem Arbeitsgericht Köln oder vor einem anderen Gericht klagt, das der Ansicht des Arbeitsgerichts Köln folgt. Wie berechnen sich die gesetzlichen Verzugszinsen?Wie gesagt haben Arbeitnehmer ab Beginn des Lohnverzugs einen Anspruch auf Verzugszinsen. Dazu sieht § 288 Abs.1 BGB vor, dass eine Geldschuld für die Dauer des Verzugs zu verzinsen ist und dass die Verzugszinsen mindestens fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz pro Jahr betragen. Der Basiszinssatz ist eine veränderliche Größe, die jeweils am 01. Januar und am 01. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt wird. Die Änderungen bzw. der aktuelle Basiszinssatz werden von der Bundesbank bekanntgegeben. Beträgt der Basiszinssatz z.B. ein Prozent, betragen die gesetzlichen Verzugszinsen gemäß § 288 Abs.1 BGB sechs Prozent pro Jahr. Der Basiszinssatz ist im Laufe der Jahre aufgrund der allgemeinen Zinsentwicklung immer kleiner geworden und bewegt sich ab Anfang 2013 im negativen Bereich. Derzeit, d.h. für die Zeit ab dem 01.07.2018, beträgt er -0,88 Prozent. Dementsprechend belaufen sich die gesetzlichen Verzugszinsen gemäß § 288 Abs.1 BGB aktuell auf (-0,88 + 5,00 =) 4,12 Prozent pro Jahr. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die Basiszinssätze seit 2012 und den sich daraus ergebenden gesetzlichen Verzugszinssätzen:
Sind Zinsen vom Bruttolohn oder vom Nettolohn geschuldet?Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) können Sie die Ihnen zustehenden Verzugszinsen aus Ihrem Bruttolohn berechnen (BAG, Großer Senat, Beschluss vom 07.03.2001, GS 1/00). Das müssen Sie bei einer Lohnklage beachten, da das Arbeitsgericht nur diejenigen Ansprüche durch Urteil zusprechen kann, die von Ihnen als dem Kläger beantragt wurden. Nähere Informationen dazu, was bei einer Lohnklage zu beachten ist, finden Sie unter dem Stichwort �Lohnklage�. Was sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Falle eines Lohnverzugs beachten?Was Sie als Arbeitgeber im Falle von Lohnrückständen beachten sollten, insbesondere um als Geschäftsleitungsmitglied der Gefahr einer persönlichen Haftung auf nicht abgeführte Sozialabgaben oder Lohnsteuern, können Sie näher unter dem Stichwort �Lohnrückstand - Arbeitgeberpflichten� nachlesen. Weiterführende Informationen zu der Frage, was mit Arbeitsverhältnissen im Insolvenzfall geschieht, finden Sie unter dem Stichwort �Insolvenz des Arbeitgebers�. Informationen über die rechtlichen Möglichkeiten, die Arbeitnehmer in Fällen des Lohnverzugs haben, finden Sie unter den Stichworten �Lohnrückstand - Arbeitnehmerrechte�, �Zurückbehaltungsrecht� und �Lohnklage�. Wo finden Sie mehr zum Thema Zahlungsverzug des Arbeitgebers?Weitere Informationen, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema Zahlungsverzug des Arbeitgebers interessieren könnten, finden Sie hier:
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Fragen rund um das Thema Zahlungsverzug des Arbeitgebers finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020 Wie schnell muss eine Abschlagszahlung bezahlt werden?1 BGB vor allem eine grundlegende Abweichung: die Forderung nach Abschlagszahlung wird erst 18 Werktage nach dem Zugang des Zahlungsverlangens beim Auftraggeber fällig.
Ist eine Abschlagszahlung rechtens?Auftragnehmer dürfen grundsätzlich eine Abschlagszahlung verlangen für eine vertragsgemäße Leistung, das sagt Paragraf 632 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Sie sind dazu auch dann berechtigt, wenn sie dies nicht ausdrücklich mit dem Kunden vorher vereinbart haben.
Kann man Verzugszinsen einklagen?Verzug bedeutet, dass jemand eine geschuldete Leistung (hier eine Zahlung) nicht innerhalb der Frist erfüllt hat. Wenn sich jemand in Verzug befindet, stehen demjenigen, der das Geld zu bekommen hat (Gläubiger), Verzugszinsen zu und er kann das Geld notfalls auch einklagen.
Was ist der Abschlagsbetrag?Der Begriff Abschlagszahlung oder „Akontozahlung‟ bezeichnet eine Teilzahlung, die man beim Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung an den Händler oder Leistungsanbieter tätigt. Man bezahlt sozusagen einen Abschlag.
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