Rbb auf der suche nach der verlorenen zeit

Montags bis freitags um 11.10 Uhr und in der Wiederholung um 22.30 Uhr werden im Kulturradio Berlin-Brandenburg Werke der Weltliteratur von bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern in Fortsetzungen gelesen. Vom 19.09. bis zum 29.10.2022 liest Ulrich Matthes in 18 Folgen „Hell's Kitchen. Storys aus Manhattan“ von Christian Zaschke.

Schlagwörter

Hörbuch, Hören, Hörfunksendung, Lesung, Zuhören,

Art der VeranstaltungLesung / Literatur / BuchvorstellungInhaltsbereich der VeranstaltungAllgemeinbildung; Sekundarstufe IIAdressatenAllgemeine Öffentlichkeit; Schüler/-innenTagungsspracheDeutschVeranstalterRundfunk Berlin-BrandenburgZuletzt geändert am27.09.2022

Seit Anfang Januar wird die mehrfach ausgezeichnete Produktion nun in einem 329 Folgen umfassenden Marathon vom rbbKultur ausgestrahlt.

INFOSProust-Lesung - "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit"StartMontag, 04.01.2021Laufzeit pro Folgeca. 28 Min.Folgen329SprecherPeter Matić,Radio (rbbKultur)Mo. - Fr. 11:10 UhrPodcastARD Audiothek

Apple PodcastBegleitende KulmneDoris Anselm, "Lust und Frust mit Proust"

An Proust scheitern

“Natürlich habe ich nicht den ganzen Proust gelesen.”
Marcel Reich-Ranicki

Als ich mir vor vielen Jahren zum ersten Mal vorgenommen habe, jetzt aber wirklich mal Proust zu lesen; den Mann, den so viele Autoren von Rang in den höchsten Tönen gelobt, wenn nicht gar als Vorbild verehrt hatten, stand ich vor einem Regal in meiner Bibliothek und musste laut lachen: sieben Bände mit dem Titel „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Ein wahrhaft epischer Witz, dachte ich und stellte mir vor, wie die Monty Python Truppe da wohl anerkennend mit den Köpfen genickt hatte. Und der Roman hält, was sein Titel verspricht. Bereits der erste Band führt durch ein minutiös ausgearbeitetes Labyrinth von Eindrücken und Betrachtungen, so ineinander verschlungen und dicht komponiert, dass man schon beim Umblättern nicht mehr weiß, wovon eben die Rede war.

Es ist ein besonderes Stilmerkmal Prousts, sich von den Gegenständen seiner Aufmerksamkeit nur widerwillig lösen zu können, weshalb seine Sätze oft ebenso ausgedehnt geraten wie der Gedankenspaziergang, den sie beschreiben sollen. Um nicht falsch verstanden zu werden, Proust schwafelt nicht, seine Prosa bleibt bei aller Eleganz immer präzise, aber er liebt seine Satzkonstruktionen so sehr, dass es ihm fast unmöglich schien, ja geradezu inhuman, sie dereinst, wenn ihre Zeit unabweisbar gekommen war – in hoffentlich noch ferner Zukunft und auch nur deshalb, weil der arme Gedanke keine weitere Pirouette mehr zu drehen vermochte oder ein schwindender Kerzenschein den Meister zum finalen Satzzeichen zwang – abschließen zu müssen. Das ist oft eindrucksvoll, auf Dauer aber auch ermüdend.

Ich gebe also bereitwillig zu, dass meine Bewunderung für Prousts stilistische Brillanz von meiner Abneigung gegen seine epische Weitläufigkeit, seine ausufernden Selbstbetrachtungen und Szenenbeschreibungen übertroffen wird, weshalb die verlorene Zeit noch immer auf meiner unrühmlichen Liste der nicht zu Ende gelesenen Klassiker steht. Neben anderen hochgelobten Meisterwerken wie “Herr der Ringe” oder “Zettels Traum”.

Aber ich tröste mich damit, dass weit Größere als ich sich des gleichen Frevels schuldig gemacht haben. Elke Heidenreich hat einmal in der Süddeutschen Zeitung erklärt, trotz mehrerer Anläufe an Proust gescheitert zu sein, und selbst Marcel Reich-Ranicki gab unumwunden zu, dass er natürlich „nicht den ganzen Proust gelesen“ habe, womit er nicht etwa Prousts Œuvre, sondern tatsächlich nur die „verlorene Zeit“ gemeint hat. Ich befinde mich also in bester Gesellschaft und habe zugleich eine ausgesprochen tolle Ausrede für den Fall, dass ich auch diesen Marathon nicht durchhalte.

Ist die Aufgabe groß, gelingt sie gemeinsam besser. Und wer sich (endlich) einmal dem längsten und bedeutendsten Roman der französischen Literatur, "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" von Marcel Proust, widmen will, kann das jetzt in Gemeinschaft tun. Grundlage dafür ist die preisgekrönte und vom rbb produzierte Lesung der sieben Bände und mehreren tausend Seiten von Peter Matic. Die insgesamt 329 Folgen sind im Radio bei rbbKultur vom 4. Januar an von montags bis freitags um 11:10 Uhr zu hören, sie stehen dann parallel auch auf rbbkultur.de, in der ARD Audiothek und erstmals als Podcast zur Verfügung.

Parallel öffnet rbbKultur auf seiner Webseite ein Forum zum Mammutwerk. Auf rbbkultur.de/proust können Hörerinnen und Hörer kommentieren und sich austauschen; hier können sich Menschen, die "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" schon immer lesen wollten, diesem Vorhaben gemeinsam stellen. Die Diskussion und das Leseerlebnis befruchten wird wöchentlich die Autorin und Journalistin Doris Anselm. In ihrer Kolumne, die exklusiv für das Projekt entsteht, feiert sie einerseits die großen Momente dieses Romanzyklus und feuert andererseits zum Durchhalten und Dranbleiben an. Ihr Motto: Das Werk ist wie eine Gipfeltour, herausfordernd, aber jede Mühe wert.

Zur Handlung:

Der aus reichem Hause stammende Marcel Proust ist gesundheitlich angeschlagen, zieht sich in die Abgeschiedenheit zurück und begibt sich auf die "Suche nach der verlorenen Zeit". Es ist der Lebensbericht eines Erzählers, dessen größter Wunsch es von Kindheit an ist, Schriftsteller zu werden. Der aber erst Jahrzehnte des Müßiggangs hinter sich bringen muss, bis er durch eine Welle traumatischer Erinnerungen sein schöpferisches Talent entdeckt und sich schreibend der vergessenen, verschwendeten, verlorenen Zeit vergewissert. Die literarische Moderne steht vor der Tür, doch die Verlage merkten es nicht sofort: Den ersten Band, "In Swanns Welt" (1913), mit dem Peter Matic die Lesung beginnt, musste Marcel Proust noch auf eigene Kosten publizieren. Was folgte, ist große Literaturgeschichte.

Proust on demand:

Jede Folge steht ab 00.00 Uhr des Sendetages für 30 Tage online und als Podcast zur Verfügung. Alle Infos zur Lesung, zum Forum und zur Kolumne von Doris Anselm gibt es unter rbbkultur.de/proust