Hat man Einfluss auf das Gewicht des Babys?

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Babys, so will es ein Vorurteil, sollen möglichst groß und kräftig sein, und deswegen lautet eine der ersten Fragen bei einem neu geborenen Erdenbürger auch meist: Wie groß, wie schwer? Inzwischen scheinen Babys aber so groß und so dick zu werden, dass es für die gebärenden Mütter zu einem Problem wird.

Bei seiner Geburt hatte die Mutter richtig kämpfen: Denn Elias ist ein Wonneproppen. Damit liegt er voll im Trend. Noch vor zwei Jahrzehnten kamen Kinder im Schnitt mit dreieinhalb Kilogramm zur Welt. Jetzt wiegen sie bei der Geburt rund vier Kilo. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Professor Klaus Vetter, erinnert sich:

" Als meine Kinder geboren wurden, das war vor etwa 30 Jahren, da rechnete man mit 50 cm Länge, heute gehen wir gut auf die 52 zu. Das ist aber nur der Mittelwert. Worum es hier aber geht, dass es so einen richtigen Cluster gibt, eine Gruppe, die wirklich groß sind. Und um die geht es, dass die Probleme darstellen. "

Wie groß und wie schwer das Ungeborene ist, hängt wesentlich davon ab, wie viel Zucker die Mutter aufnimmt. Vor allem als raffinierter Zucker, wie er zum Süßen benutzt wird. Aber auch andere Formen wie Fruchtzucker und Kohlenhydrate zählen bei der Zuckerbilanz mit. Wenn die Mutter zu wenig Zucker bekommt, schadet das dem werdenden Kind kaum. Es holt sich die benötigte Menge immer noch, auch wenn die Mutter unterernährt ist. Selbst wenn sie hungert, ist das Baby kaum kleiner. Anders reagiert das Ungeborene jedoch auf ein Überangebot. Es kann sich dagegen nicht wehren und lagert die überschüssige Menge Zucker ein. Zunächst in der Leber, und dann, umgewandelt, in den Fettdepots des Körpers. Das Baby wird dicker. Es passiert jedoch noch mehr:

"Der Stoff, der dafür sorgt, dass die Glukose oder der Zucker aufgenommen wird, ist das Insulin. Das Hormon der Bauchspeicheldrüse, dieses Insulin, sorgt dafür, dass der Zucker aus der Blutbahn in die Zellen kommt. Andererseits hat dieses Insulin eine andere Funktion. Es ist eigentlich das stärkste Wachstumshormon, das wir haben. Wir können das in der Gebärmutter recht gut beobachten, die Kinder sind dann nicht nur dick, sondern übermaßig. Wir nennen das makrosom, also übermäßig groß gewachsen."

Bei der Geburt sind dann vor allem die zu breiten Schultern problematisch. Schon ein Zentimeter mehr kann dazu führen, dass das Kind im Geburtskanal stecken bleibt. Außerdem kommt es wegen der Übermaße oft zu Geweberissen im Unterleib der Gebärenden oder zu Überdehnungen mit dauerhaften Schäden, wie zum Beispiel späterer Inkontinenz. Wenn die Gynäkologen sich heute für einen Kaiserschnitt entscheiden, dann meist wegen der Übermaße des Nachwuchses.

Sollte schon die Mutter zuviel wiegen, riskiert sie außerdem einen Schwangerschaftsdiabetes. Das Ungeborene ist dann besonders starken Zuckerschüben ausgesetzt:

" Das Problem bei den diabetischen Kindern ist, dass sie eine andere Körperkomposition haben und damit auch weiniger Beweglichkeit zwischen Kopf und Körper, und damit eher in das Risiko laufen, dass die Anpassungsmechanismen, die im Geburtskanal normalerweise stattfinden, nicht optimiert sind. Wir wissen, dass das sogar bei Kindern mit normalem Gewicht ist, wenn sie die diabetische Körperkomposition haben. Deshalb macht man bei diesen Kindern, wo man dass weiß, extra noch mal Abklärungen und Gespräche, damit man sich dort von mögliche Problemen nicht überraschen lässt."

Doch nicht nur die Geburt ist bei zu vielen Zentimetern, Kilos und einem ungünstigen Körperbau des Babys problematisch. Professor Vetter warnt: Auch für die spätere Zukunft des Kindes werden die Weichen durch ein Überangebot an Zucker falsch gestellt:

" Wie wissen, dass in der Gruppe der Kinder, die jetzt übermaßig sind, zum Beispiel mehr Fettzellen angelegt werden und diese Kinder dann mehr Mühe haben als andere, ihr Gewicht zu halten. Sie laufen also vermehrt in ein Problem hinein, das wir heute im Endeffekt als so genanntes metabolisches Syndrom begreifen, das dann eben Fettsucht und Diabetes wieder zur Folge hat und damit auch eine verkürzte Lebensdauer. "

Schwangere können die Gefahr zu dicker und zu großer Babys minimieren. Indem sie konsequent darauf achten, energiearme Nahrung ohne viel Zucker zu sich zu nehmen. Die alte Regel, nach der Schwangere für zwei essen sollten, ist von der Wissenschaft widerlegt. Aber der Energieüberschuss lässt sich noch weiter abbauen:

" Wir haben ein Sportprogramm für Schwangere entwickelt, dass sich sehr bewährt, weil man da mit einfachen Mitteln nicht nur an der Ernährung dreht, sondern eben auch am Verbrauch. Und wir haben den Eindruck und auch durch einige Studien nachgewiesen, dass das besser raus kommt, als wenn man das nicht tut."

Bei Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes macht die zusätzliche Bewegung oft sogar das Spritzen von Insulin überflüssig.

Wie schwer ist das deutsche Durchschnittsbaby?

Laut einer WHO-Studie vom Januar 2017 wiegt das deutsche Durchschnittsbaby 3.480 Gramm und liegt damit in einem internationalen Vergleich an zweiter Stelle. Das größte Gewicht bringen übrigens Babys in Norwegen mit durchschnittlich 3575 Gramm auf die Waage.

Warum sind deutsche Babys bei der Geburt 500 Gramm schwerer als indische?

„Dieses Ergebnis war überraschend und die Ursachen für die Gewichtsunterschiede sind noch nicht vollständig verstanden", erklärt Dr. Anke Diemert, Oberärztin an der Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, das als deutsches Zentrum an der Studie beteiligt war. Denn bisher nahm man an, dass Kinder bei ähnlich guten Wachstumsbedingungen auch gleich groß werden können.

Wie viel wog das deutsche Rekordbaby?

In Leipzig wurde im Juli 2013 ein weibliches Baby mit einem Geburtsgewicht von 6.110 Gramm und einer Größe von 57,5 cm auf natürlichem Weg entbunden, 2011 in der Berliner Charité ein 6.080 Gramm schwerer Junge namens Jihad.

Was beeinflusst das Geburtsgewicht?

Die Gene spielen dabei eine größere Rolle als bisher angenommen. Das ergab eine Studie der Universität Exeter 2016, bei der 153.781 Personen analysiert wurden. Bis dahin wurden die Gründe, zum Beispiel für ein niedriges Geburtsgewicht, vor allem bei der Mutter gesucht. Neben den Genen sind es, laut Dr. Anke Diemert, außerdem diese drei Faktoren, die (bei gesunden Müttern) Einfluss auf das Geburtsgewicht haben: „Die Dauer der Schwangerschaft, das Alter der Mutter, ob es ihr erstes oder zweites Kind ist und das Geschlecht des Kindes." Und natürlich hängt das Geburtsgewicht davon ab, wie gut das Baby über die Plazenta versorgt wird und wie sich die Mutter während der Schwangerschaft ernährt.

Je mehr die Mutter in der Schwangerschaft zunimmt, desto schwerer auch das Baby?

Ja, besonders bei Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes, manchmal auch bei einer gesunden Mutter gibt es diesen Zusammenhang. „Aber es stimmt nicht immer", sagt Dr. Christine Klapp, Oberärztin in der Geburtsmedizin an der Berliner Charité. „Wenn eine Mutter viel zunimmt, aber die Plazentaanlage und –durchblutung ungünstig ist, kann es passieren, dass sehr schwere Schwangere sehr leichte Kinder zur Welt bringen."

Was verringert, was erhöht das Geburtsgewicht?

Manchmal liefert die Plazenta weniger Sauerstoff und Nährstoffe, dann kann das Baby nicht so gut gedeihen. Grund kann zum Beispiel ein hoher Blutdruck der Mutter sein. Eine Studie der Universitäten in Exeter und Bristol von 2016 zeigte: Jeder Anstieg des systolischen Wertes um 10 mm Hg führte zu einem Rückgang des Geburtsgewichts um 150 bis 200 Gramm. Bekannt ist auch, dass Zigaretten, aber auch Kaffee das Geburtsgewicht senken. Laut einer Studie aus dem Jahr 2013 sinkt das Geburtsgewicht des Babys, je mehr Kaffee (oder sonstige Koffein-Getränke) die werdende Mama täglich trinkt. Die WHO empfiehlt daher, täglich nicht mehr als 300 mg Koffein zu sich zu nehmen (3 Tassen Kaffee). „Wenn sich eine Schwangere nicht gut ernährt, kann daraus eine Mangelsituation entstehen. , und dies kann sich natürlich auch auf das Kind auswirken", erklärt Dr. Christine Klapp: „Zum Beispiel wenn streng vegan lebende Mütter, keine oder nicht genug Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, die wichtig sind - wie zum Beispiel Eisen und Vitamin B12." 7-8 Prozent der Frauen entwickeln unter der Schwangerschaft einen Diabetes, und der ist häufig für ein besonders hohes Geburtsgewicht und die immer wieder in den Medien beschriebenen „Riesen-Babys" verantwortlich.

Was gilt als hohes, was als niedriges Geburtsgewicht?

Ein Gewicht unter 3000 Gramm gilt als niedriges, über 4000 Gramm als hohes Geburtsgewicht.

Schwere, große Eltern = große, schwere Kinder?

Ja, die Wahrscheinlichkeit ist höher, und das ist genetisch bedingt. „Wenn ich große und (nicht allzu) schwere Eltern sehe, die Plazenta gut funktioniert und sie auch sonst gesund sind und sich vernünftig ernähren, dann kann da kein ganz kleines Wesen herauskommen", sagt Dr. Christine Klapp. „Aber wenn es in die Extreme geht, dann kann sich dies umkehren", so Anke Diemert: „Ganz schwere Mütter haben eher das Problem, dass die Kinder nicht mehr so gut wachsen und sie dann zartere Kinder bekommen."

Gibt es ein ideales Geburtsgewicht?

Ein günstiges Geburtsgewicht liegt zwischen 3000 und 4000 Gramm.

Je schwerer das Baby, desto schwieriger die Geburt?

Ja und nein, sagen die Geburtsmediziner: Ja, weil bei einem sehr schweren Baby das Risiko von Geburtsverletzungen bei Mutter und Kind steigen. Problematisch ist zum Beispiel - was bei Diabetes nicht ungewöhnlich ist - wenn der Bauch des Babys größer ist als der Kopf.

Nein, weil der Geburtsverlauf nicht nur vom Baby, sondern auch von den körperlichen Voraussetzungen der Mutter abhängt – für eine sehr kleine, schlanke Frau führt womöglich schon ein Kind von 3.700g zu einem sog. „relativen Missverhältnis" und zum Geburtsstillstand und dann notwendigem Kaiserschnitt. Während eine Frau, die schon ein oder mehrere Kinder mit 4.000g normal geboren hat, auch bei der Geburt eines 4.400g Kindes wahrscheinlich kein Problem haben wird. Aber das hängt auch u.a. von den Proportionen und der Position des Kindes ab.

Stimmt es, dass zweite Babys mehr wiegen als erste? Warum?

Ja, es stimmt. Man vermutet, dass der Körper dann von der ersten Schwangerschaft her schon in Übung ist. Dr. Anke Diemert: „Alles ist einfach schon einmal durchgespielt und damit gut vorbereitet. Und eine Frau, die mehr als einmal erfolgreich eine Schwangerschaft austrägt hat vermutlich einen gut funktionierenden Uterus." Dies bedeutet eine bessere uterine Perfusion (Durchblutung) und günstigere Voraussetzung für die Einnistung gleich zu Beginn der Schwangerschaft.

Warum nehmen Babys nach der Geburt ab?

Bis zu 10 Prozent ihres Gewichts verlieren Babys in den ersten drei bis vier Lebenstagen. „Das Kind muss sich ja völlig umstellen, nach der „all-inclusive"-Versorgung im Mutterleib. Jetzt muss es selbst essen, schlucken und verdauen. Und die Muttermilch ist auch nicht vom ersten Tag an in Massen da", erklärt Christine Klapp die vorübergehende Schlankheitskur. Aber „die Babys sind für die ersten Lebenstage sehr gut vorbereitet. Sie haben dafür das so genannte braune Fettgewebe, das ihre Zuckerreserven für diese erste Zeit bereit stellt", ergänzt Anke Diemert.

Schweres Baby , großes Gehirn?

Wenn der Kopfumfang größer ist, dann ist auch das Gehirn ein wenig größer, das bedeutet aber nicht, dass die Funktion damit besser und das Baby dann schlauer ist.

Tipp: Dr. Christine Klapp, Oberärztin in der Geburtsmedizin an der Berliner Charite´, wo es eine Spezialsprechstunde für Mütter mit Diabetes gibt, empfiehlt Frauen mit Kinderwunsch bei deutlichem Übergewicht oder spezieller Ernährung (z.B. vegan) bereits vor der Schwangerschaft eine gynäkologische oder ernährungsmedizinische Beratung aufzusuchen: „So kann man eventuelle Risiken im Vorfeld gut in den Griff bekommen", sagt die Ärztin.

Was beeinflusst das Gewicht des Babys im Bauch?

Wie groß und schwer ein Kind bei der Geburt ist, wird zum einen durch seine Erbanlagen bestimmt: Ebenso wie Erwachsene sind schon Neugeborene unterschiedlich groß und schwer. Dabei spielen die ethnische Zugehörigkeit, das Alter und die Größe der Mutter sowie ihr Gewicht zu Beginn der Schwangerschaft eine Rolle.

Warum sind manche Babys schwerer als andere?

Die Gründe: Adipöse Mütter, Spätgebärende mit einem erhöhten Risiko, an Schwangerschaftsdiabetes zu erkranken. Werdende Mütter, die unter dieser Krankheit leiden, versorgen ihr Kind im Bauch mit zu viel Zucker. „Ist die Insulinausschüttung der Mutter gestört, wächst das Baby im Mutterleib zu schnell“, erklärt Berger.

Was sagt das Geburtsgewicht aus?

Was sagt das Gewicht vom Baby bei der Geburt aus? Das Geburtsgewicht des Neugeborenen und seine Größe sind für Ärzte und Eltern ein wichtiger Indikator darüber, wie gut entwickelt das Baby ist. Es ist aber ganz natürlich, dass es hier einen großen Spielraum gibt.

Welches Geburtsgewicht ist kritisch?

Eine deutliche Gewichtszunahme sollte daher möglichst vermieden werden. Ein Geburtsgewicht von über 4000 Gramm erhöht die Gefahr für Komplikationen während der Geburt und für zukünftige gesundheitliche Probleme der Kinder.

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