Ab wann soll der mindestlohn von 12 euro kommen

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Wer von der Erhöhung profitiert ZDFheute Logo

Bisher verdienen in Deutschland Millionen Menschen weniger als 12 Euro pro Stunde. Das ändert sich ab heute. Antworten auf die wichtigsten Fragen zum höheren Mindestlohn.

Die Anhebung dürfte vielen angesichts der Inflation gerade Recht kommen.

Beitragslänge:1 minDatum:01.10.2022

Millionen Arbeitnehmer in Deutschland können sich auf eine Lohnerhöhung freuen. Am heutigen Samstag steigt der Mindestlohn offiziell auf 12 Euro. Wer am spürbarsten profitiert, zeigen die wichtigsten Fragen und Antworten:

Um wieviel steigt der Mindestlohn?

Die Lohnuntergrenze steigt zum 1. Oktober von 10,45 Euro auf 12 Euro je Stunde. Das ist eine Erhöhung um knapp 15 Prozent. Seit Jahresbeginn beträgt die Steigerung rund 22 Prozent.

Der Bundestag hat eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns beschlossen. Ab dem ersten Oktober sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mindestens 12 Euro pro Stunde verdienen.

Beitragslänge:1 minDatum:03.06.2022

Wie viele Menschen profitieren von der Erhöhung?

6,64 Millionen. Zumindest verdienen so viele Beschäftigte laut einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung derzeit weniger als 12 Euro. Dabei profitieren rechnerisch 3,5 Millionen Frauen und 2,7 Millionen Männer.

Profitieren eher Beschäftigte in Vollzeit, Teilzeit oder Minijobs?

Unterteilt nach Arbeitszeit ergibt sich folgendes Bild: Es holen nun rechnerisch

  • 1,4 Millionen Vollzeitbeschäftigte beim Lohn auf,
  • 1,8 Millionen in Teilzeit und
  • 3 Millionen Menschen mit Minijobs.

Ab Oktober steigt der Mindestlohn in Deutschland auf 12 Euro. Doch wie stehen wir damit im EU-Vergleich? Wir blicken auf die Regelungen in Luxemburg, Lettland und Italien.

Beitragslänge:3 minDatum:29.09.2022

Hat die Mindestlohnerhöhung etwas mit der jetzigen Krise zu tun?

Nein, die Erhöhung hatte die Koalition schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine und der folgenden Energiekrise geplant. Bei der Schlussdebatte zur Erhöhung im Bundestag im Juni spielten die Inflation und die Sorge um die Bezahlbarkeit von Energie dennoch eine große Rolle. Mehrere Rednerinnen und Redner warnten damals davor, dass die Preisexplosion viele Menschen existenziell bedrohe. In der Zwischenzeit hat die Koalition aber auch weitere Entlastungen auf den Weg gebracht.

In welchen Branchen wirkt die Erhöhung am stärksten?

In der Gastronomie sind rechnerisch mehr als 60 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse betroffen. In der Land- und Forstwirtschaft sind es nach Angaben der Bundesregierung 46 Prozent mit Löhnen unter 12 Euro. Im Grundstücks- und Wohnungswesen sind es 32 und im Wirtschaftszweig Verkehr und Lagerei 29 Prozent.

"Armut ist nicht ansteckend, aber diejenigen, die davon betroffen sind, werden in unserer Gesellschaft wie Aussätzige behandelt", so der Armutsforscher Christoph Butterwegge. Wegen der starken Inflation müsse der Mindestlohn noch mehr steigen.

Beitragslänge:4 minDatum:03.06.2022

Wie bewerten die Sozialpartner die Mindestlohnerhöhung?

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat sich lange für die Erhöhung stark gemacht. Zuletzt wertete DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell den Schritt als "einen Lichtblick in diesen schwierigen Zeiten". Der Arbeitgeberverband BDA hatte den Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil zur Erhöhung dagegen politisch und rechtlich als "ausgesprochen fragwürdig" kritisiert. Die BDA richtete ihre Kritik nicht gegen die Lohnhöhe als solche - sondern dagegen, dass nun der Gesetzgeber über die Lohnhöhe entscheide und nicht Arbeitgeber und Gewerkschaften.

Welche Rolle haben die Sozialpartner beim Mindestlohn?

Normalerweise eine zentrale. Denn sie sitzen in der Mindestlohnkommission. Dieses Gremium schlägt normalerweise die turnusgemäßen Erhöhungsschritte für die 2015 - damals mit 8,50 Euro - eingeführte Lohnuntergrenze vor. Die gesetzliche Erhöhung auf 12 Euro folgt jenseits von diesem üblichen Mechanismus. Nach dem außerplanmäßigen Schritt soll - so das Versprechen der Koalition - wieder die Mindestlohnkommission zuständig sein.

Berlin. „Der für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geltende Mindestlohn wird zum 1. Oktober 2022 einmalig auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro erhöht“, hieß es im Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Damit wird ein zentrales Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) umgesetzt – der höhere Mindestlohn war ein Eckpfeiler seiner Wahlkampagne. Scholz legte in den Koalitionsverhandlungen größten Wert darauf, dass die Erhöhung im ersten Jahr seiner Regierung erfolgt.

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Wie begründet die Regierung die Erhöhung?

Die Bundesregierung führt im Wesentlichen drei Argumente für die Erhöhung des Mindestlohns an. Der deutsche Mindestlohn falle – gemessen am mittleren Einkommen im Land – im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich gering aus, heißt es erstens im Gesetzentwurf.

„Steigende Lebenshaltungs-, insbesondere auch Wohnkosten, stellen zudem die Geeignetheit des Mindestlohns, auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung die Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage gewährleisten zu können, infrage“, wird zweitens ausgeführt. Drittens sei die Erhöhung nötig, damit Menschen, die in Vollzeit zum Mindestlohn arbeiten, später von ihrer Rente leben könnten.

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Was ist das Ungewöhnliche an dieser Mindestlohnerhöhung?

Da ist zum einen der große Sprung auf 12 Euro: Seit dem 1. Januar 2022 beträgt der Mindestlohn 9,82 Euro die Stunde. Zum 1. Juli 2022 steigt er planmäßig auf 10,45 Euro. Wenn der Mindestlohn dann nur wenige Monate später auf 12 Euro erhöht wird, liegt ein wesentlicher Unterschied im Verfahren: Normalerweise ist die Mindestlohnkommission, in der Arbeitgeber, Gewerkschaften und Wissenschaftler vertreten sind, zuständig. Jetzt greift die Politik, entgegen den bisher geltenden Regeln, ein.

Mindestlohn von 12 Euro: Arbeitgeberverbände lehnen staatliche Festsetzung ab

Der Mindestlohn könnte zum 1. Oktober auf 12 Euro pro Stunde erhöht werden, doch die Arbeitgeber fordern Nachbesserungen.

© Quelle: dpa

Wie viele Menschen bekommen mehr Geld? Was kostet die Erhöhung?

Laut Gesetzentwurf werden etwa 6,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Erhöhung profitieren – bei den betroffenen Arbeitgebern werde es zu höheren Lohnkosten von geschätzt rund 1,63 Milliarden Euro schon im Jahr 2022 kommen. Hinzu kommen gestiegene Bürokratiekosten.

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Durch den höheren Mindestlohn entsteht auch bei Tariflöhnen, die knapp über der Marke liegen, ein Druck hin zu Erhöhungen. Im Übrigen gilt: Der Mindestlohn dürfte auch zu Preiserhöhungen führen. Vereinfacht gesagt: Wenn derjenige, der am Grill steht, einen höheren Stundenlohn bekommt, wird der Burger auch teurer.

Was ist der Kernkritikpunkt der Arbeitgeber am geplanten Gesetz?

Die Arbeitgeber kritisieren, der staatliche Eingriff untergrabe das Vertrauen in die bisherige Form der Mindestlohnfindung, die Tarifautonomie werde massiv beschädigt. „Was der angemessene Lohn für Arbeit ist, darauf haben in unserer Wirtschaftsordnung bisher Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie die Sozialpartner in tarifautonomen Vereinbarungen die Antwort gefunden“, heißt es in einer Stellungnahme der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) zum Gesetzentwurf aus dem Arbeitsministerium.

Darüber hinaus komme die starke Erhöhung des Mindestlohns wegen der Krise durch Corona zu einer denkbar ungünstigen Zeit.

Wie geht es weiter mit der Mindestlohnkommission?

Für künftige Erhöhungen des Mindestlohns soll wieder die Kommission zuständig sein. Der einmalige Schritt des Gesetzgebers sei nötig, weil er in der Mindestlohnkommission nicht zeitnah zu bewerkstelligen gewesen sei, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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„Danach soll die Mindestlohnkommission weiterarbeiten und sich im geübten Verfahren über die nächsten Erhöhungsschritte einigen“, fügte er hinzu. Wie aus Arbeitgeberkreisen zu hören ist, komme – bei allem Unmut – ein Ausstieg aus der Mindestlohnkommission nicht infrage. Denn dieser würde nur einen Einflussverlust der Arbeitgeber bedeuten, heißt es.

Was ändert sich noch?

Zeitgleich mit der Erhöhung des Mindestlohns soll die Verdienstobergrenze für Minijobs am 1. Oktober von 450 auf 520 Euro steigen. Dies hat die FDP in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt. Die Idee dahinter: Minijobgrenze und Mindestlohn sollen in einem stabilen Verhältnis zueinander stehen. Künftig soll sich die Minijobgrenze an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren.