Wer ist 83 jahre von den politkern

Bei Demos in der ersten Reihe, die Haare immer etwas wild, Fahrrad fahrend durch Kreuzberg – so haben ihn viele in Erinnerung.

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele ist tot. Er starb am Montag im Alter von 83 Jahren, wie sein Rechtsanwalt Johannes Eisenberg am Mittwoch mitteilte.

Rechtsanwalt Eisenberg schrieb in seiner Mitteilung: „Er hat selbst entschieden, dass er den langen Leidensweg, den ihm seine Erkrankungen zugemutet hat, nicht mehr fortsetzen wollte und lebenserhaltende Maßnahmen reduziert. Er war bis zuletzt bei vollem Bewusstsein. Nicht der Geist, der Körper wurde ihm zur Qual und hat ihn am 29. August 2022 verlassen.“

Wer ist 83 jahre von den politkern

Hans-Christian Ströbele anlässlich des Parteitags der Grünen in Duisburg

Foto: imago images / sepp spiegl

Frühe Karriere als RAF-Anwalt

Ströbele hatte Jahrzehnte lang immer wieder für Aufregung gesorgt, auch lange vor seiner Karriere als Parlamentarier. Er war: sehr stramm links, antiwestlich und antikapitalistisch, pflegte ein Image als Störenfried – wofür er aber in den links-grünen Hochburgen Berlins gefeiert wurde. Zuletzt lehnte er aus angeblich pazifistischer Motivation Waffen für die Ukraine strikt ab – trotz des mörderischen Wütens Russlands.

▶︎ Ströbele war als junger Mann Terror-Sympathisant! Ab 1972 war er Wahlverteidiger von RAF-Top-Terrorist Andreas Baader. Im Mai 1975 wurde er wegen Missbrauchs der Verteidigertätigkeit vom Prozess ausgeschlossen, im Juni für kurze Zeit verhaftet und später wegen „Unterstützung einer kriminellen Vereinigung“ zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Nachdem die Grünen 1990 aus dem Bundestag geflogen waren, tummelte sich Ströbele in Berlin als Bezirkspolitiker in Berlin-Tiergarten

Foto: imago images / CommonLens

Anwalts-Kollege Horst Mahler ist heute Neonazi

▶︎ Sein einstiger linksextremer Anwalts-Kollege Horst Mahler (heute rechtsextrem unterwegs) versackte im RAF-Terrorismus, wurde zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Seine Verteidiger waren Ströbele und ein zweiter Anwalt, der später noch in die Kurve kam: Otto Schily, erst Grüner, dann Sozialdemokrat und respektierter Bundesinnenminister (1998 bis 2005) in Zeiten des Kriegs gegen den Terror nach den Anschlägen auf das World Trade Center im September 2001.

Als Israel von Saddam Hussein beschossen wurde …

▶︎ Unvergessen, wie er 1991 seinen Sprecher-Posten bei den Grünen verlor. Saddam Husseins Irak hatte Kuwait überfallen und Israel mit R-17-Raketen beschossen. Ströbele zeigte im Interview mit dem Journalisten Henryk M. Broder (damals „Süddeutsche“ und „taz“) Verständnis für den Nahost-Diktator: Das sei „die logische, fast zwingende Konsequenz der Politik Israels gegenüber den Palästinensern“ – und musste sein Amt räumen.

Broder heute zu BILD: „De mortuis nil nisi bene“ – von Toten nur Gutes sagen … 

Ströbele 2017 bei der Wahlkreismitgliederversammlung zur Wahl eines Nachfolgers für ein Direktmandat aus dem Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg

Foto: imago/IPON

▶︎ 2002 war Ströbele der einzige Grünen-Parlamentarier, der seinen Wahlkreis als Direktkandidat eroberte. Dieses Kunststück ist ihm viermal gelungen. 2002, 2005, 2009 und auch 2013 gewann er im Berliner Szene-Bezirk Friedrichshain/Kreuzberg das Direktmandat. „König von Kreuzberg“ nennen ihn deshalb viele. Vorangegangen war, dass die Grünen ihm für die Bundestagswahl 2002 einen aussichtsreichen Listenplatz verweigerten. Eigentlich schien seine politische Karriere schon am Ende – doch da legte Ströbele erst richtig los und schaffte diese einzigartige Rekordserie.

Ströbele war oft mit dem Fahrrad unterwegs

Foto: snapshot-photography

Im Bundestag war er stets durch Hartnäckigkeit aufgefallen, als Querkopf und Nervensäge – der aber trotz seiner Radikalität viele Fans hatte. In Berlin war Ströbele weit über seinen Wahlkreis hinaus bekannt, galt als bunter Hund.

Ströbele scheute auch bei den Grünen nie davor zurück, sich mit innerparteilichen Kontrahenten anzulegen. So machte er im Wahlkampf 2002 etwa demonstrativ Front gegen den damaligen Grünen-Übervater und Vizekanzler Joschka Fischer und warb mit dem Slogan: „Ströbele wählen heißt Fischer quälen.“

Kanzler Olaf Scholz würdigte Ströbele am Mittwoch auf Twitter: „Sein Antrieb war, Politik zu machen und die Gesellschaft zu verändern. Mit Christian Ströbele verliert Deutschland einen streitbaren Politiker, der die politische Debatte über Jahrzehnte mitgeprägt hat. Meine Gedanken sind bei seiner Familie.“