Was tun wenn mama nicht mehr kann

Unter diesem Titel erschien die Bachelorarbeit unserer Gastautorin Sylvie Goldberger. Hier teilt sie einen Auszug ihrer Erkenntnisse.

Publiziert: 04.10.2022, 05:45

Was tun wenn mama nicht mehr kann

Niedergeschlagen und freudlos: In der Schweiz erkranken jährlich 15 Prozent der Mütter an der PPD.

Foto: Getty Images

Ich selbst erkrankte nach den ersten beiden Geburten meiner Kinder an einer postpartalen Depression. Einer Depression also, die sich in Form von Niedergeschlagenheit, Interessenverlust, Freudlosigkeit, Schlafstörungen, Ängsten und Schuldgefühlen zeigt.

Um diesen Artikel vollständig lesen zu können, benötigen Sie ein Abo.

Abo abschliessenLogin

Mehr zum thema

Weisst du, es ist so, als hätte Mama ein Bein gebrochen: Ich gehe zum Arzt, lasse mir einen ‹Gips› machen, muss das Bein ein paar Wochen schonen und dann werde ich wieder laufen können. Nur sieht man meinen Gips nicht, weil ja mein Herz und der Kopf etwas müde sind und Ruhe brauchen, verstehst du?» – «Ich glaube schon. Wann ist dein Herz wieder heil?» – «In ein paar Wochen wird alles vorbei sein, versprochen!» Das war definitiv gelogen. Aber ich konnte meinem achtjährigen Sohn ja schlecht sagen, dass ich selber nicht wusste, ob unser Leben wieder ins Lot kommen würde. Schliesslich hatte ich ja auch nicht damit gerechnet, dass ich je von einem Burn-out betroffen sein würde. Keine Sekunde. Überhaupt zweifelte ich daran, dass es eine Krankheit wie «Burn-out» überhaupt gibt. «Ausgebrannt», das sind wir doch alle mal. Das kann ja nicht so schlimm sein.

Ich kann nicht mehr

Es ist die Hölle. Als ich an jenem Dienstagmorgen Ende Juni aufstehe, den Kopf vollgepackt mit Dingen, die ich heute noch zu erledigen habe: Mails, die ich unbedingt noch beantworten muss; Herr Huber soll sich nun endlich entscheiden, das muss ich ihm klar machen – Hosen, die ich für die Kleine in der Stadt zu besorgen habe, weil kein einziges Paar mehr in ihrem Kleiderschrank hängt, das ihr noch passt – Wäsche, die sich im Korb zu einem Matterhorn türmt, will unbedingt noch gewaschen werden, schliesslich stehen die grossen Sommerferien vor der Türe – um elf zum Kaffee mit Claudia; ich kann ihr unmöglich schon wieder absagen, sie hält mich ja ohnehin schon für eine uninspirierte Langweilerin, die sich keine Zeit mehr für ihre Freunde nimmt – und um halb vier vor der Schule stehen und den Grossen abholen, um ihn zur Schlagzeug-Schnupperstunde zu begleiten, wie versprochen.
Mit diesem chaotisch geführten Dialog in meinem Kopf sitze ich auf dem Bett. Um mich herum das gewohnte morgendliche Tohuwabohu. Lautes Radiogedröhne aus der Küche – die Kinder, die irgendetwas suchen: der Chindsgibändel, die Znünibox, die Badekappe sind heute spurlos verschwunden. Schleierhaft, wie diese Dinge in unserer kleinen Wohnung immer wieder vom Erdboden verschluckt werden. Für gewöhnlich wäre es nun an mir, das Zeug wieder aus dem Zylinder zu zaubern; täätää, hier ist sie wieder, die Znünibox! Aber gewöhnlich ist heute Morgen gar nichts. Als mein Mann mich immer noch auf dem Bett sitzend entdeckt, tränenüberströmt, stammle ich: «Ich kann nicht. Hab glaubs einen Nervenzusammenbruch.»

Ausgebrannt sind wir doch alle mal. Das kann nicht so schlimm sein, oder?

Sie tippe eher auf ein Burn-out. Vielleicht begleitet von einer Erschöpfungsdepression, sagte meine Hausärztin, als ich ein paar Stunden später – immer noch heulend – ihr gegenüber im Untersuchungszimmer sitze. «Ich kann den verdammten Hahnen nicht finden, um meine Tränen abzustellen», sage ich ihr. «Wenn ich daran denke, dass ich heute noch in den Laden muss, um etwas fürs Abendessen einzukaufen, schnürt es mir die Kehle zu. Und dann wäre da noch mein Hautausschlag, die Schuppenflechten an Ellenbogen und Knien, die mich nun zwar schon seit ein paar Jahren begleiten, aber in den letzten Tagen unheimlich gewachsen sind. Die werden bald über meinen ganzen Körper verstreut sein», sage ich. Es werde ganz schlimm kommen. So schlimm, dass ich mit meinen Kindern den ganzen Sommer über nicht in die Badi werde gehen können. Sie sollen sich für ihre Mutter ja nicht schämen. Deshalb brauche ich unbedingt eine Creme, um den Hautausschlag unter Kontrolle zu bringen. Wie ich bereits wisse, werde das nicht viel bringen, sagt mir die Ärztin, da mein Ausschlag chronisch sei. Und, was ich momentan brauche, sei alles andere als Kontrolle. Ruhe würde sie mir vor allem empfehlen und mich gerne zu einem Spezialisten überweisen.

Im Sog der Gedankenspirale

Keine Mails checken, kein Facebook, nicht zur Arbeit gehen; Aufgaben wie Waschen, Einkaufen und Kochen delegieren – an den Mann, Freunde, die Mutter, die Nachbarn. Nur die Sachen machen, die wirklich Freude bereiten. Die mir gut tun. Aber, was tut mir eigentlich gut? Ich kann mich nicht erinnern. Weiss nur, dass ich krangeschrieben bin.
Diagnose: Burn-out und Erschöpfungsdepression mittleren Grades. Ich solle nicht zu viel grübeln, hat der Psychiater gemeint. Die Gedankenspirale zu unterbrechen versuchen, wenn sich das Rad zu drehen beginne. Wie Wolken soll ich die Gedanken an mir vorbeiziehen lassen. Das Valium sei nur für den Notfall gedacht, so lange das Antidepressivum nicht seine Wirkung zeige. Der Notfall tritt schneller ein als gedacht: Die Wolken lassen sich nicht bewegen, keinen Millimeter, sondern kumulieren sich zu einem grauen Pulk. Wie konnte es so weit kommen? Hatte ich die Zeichen nicht erkannt? Hätte ich vielleicht schon länger einen Gang runter schalten müssen? Die Prioritäten anders setzen? Nicht so hohe Ansprüche haben? Solche Sachen werden ja immer als Ursache im Zusammenhang mit Burn-out genannt. Es stimmt schon, ich neige zum Perfektionismus. Steht ein Kindergeburtstag ins Haus, backe ich den Kuchen auf alle Fälle selber, alles andere erachte ich als billig. Ich hecke mir zahlreiche Spiele aus, bastle eine Piniata und fertige Dekorationen an. Das mache ich mit Leidenschaft und gerne. Die Arbeiten, die ich an meinen Bürotagen nicht fertigkriege, nehme ich nach Hause und schliesse sie abends oder am Wochenende ab. Das ist für mich keine mühsame Verpflichtung – schliesslich bereitet mir mein Beruf Freude. Beim Essen mag ich es frisch – nix Tiefkühlpizza oder Fischstäbchen. Ab und zu Pasta, okay, aber gerne denke ich mir auch mal was Neues aus. Trotz Putzfrau putze auch ich. Mit zwei Kindern fällt einfach ständig Schmutz an und ich mag es nicht, in einer unaufgeräumten, dreckigen Wohnung zu leben. Ist es sauber, bin ich zufrieden. Freunden zu helfen, ist für mich selbstverständlich und macht mich glücklich. Oder bilde ich mir das alles nur ein?

Multitasking Mutter

plainpicture/Johner, plainpicture/Image Source

Einen Kuchen kaufen? Kommt nicht infrage. Was denken da nur die anderen Mütter?

Sei nicht so streng zu dir!

«Mami, was luegsch immer soo?» – «Weil ich euch so gern habe.» Zu merken, dass die Kinder während der vergangenen Monate in meinem Leben nur das Beigemüse waren, macht mich am meisten fertig. Klar, ich habe mich um sie gekümmert: Um 12.15 Uhr stand das Mittagessen jeweils auf dem Tisch, die Hausaufgaben wurden kontrolliert, Ausflüge in den Zoo oder den Skatepark unternommen und eine Gutenachtgeschichte vor dem Einschlafen erzählt. Aber, wenn ich ehrlich bin, habe ich alles nicht besonders gerne gemacht. Es musste halt einfach sein. Falls mein vorgesehenes Kinder-Organisationsprogramm mal nicht wie ausgedacht funktionierte, wurde ich laut, brach in hysterisches Geschrei aus, wurde wütend. Etwa wenn die Kids nicht Punkt 20.15 Uhr in ihren Betten lagen. Dann konnte ich ausflippen. Mit der Folge, dass ich als Nervenbündel in den ersehnten Feierabend startete.
Ehrlich zu sein, ist manchmal ganz schön anstrengend. Aber es muss sein. Das lerne ich in den regelmässigen Sitzungen mit meinem Psychiater. Denn ein Burn-out ist letztlich nichts anderes als ein Warnschuss. Ein Signal dafür, sich im Leben ein paar zentrale Fragen zu stellen. Es wäre natürlich viel angenehmer gewesen, ich hätte die Zeichen schon vor meinem Knock-out erkannt. Auf meinem Mann gehört, der immer wieder gesagt hat: «Mach mal Pause» oder «Sei nicht so streng zu dir.» Leider habe ich es als doofes Männergeschwafel abgetan – bei den männlichen Artgenossen ist ja das ganze Leben immer voll easy. Jetzt kriege ich die Easyness also ärztlich verordnet. Zu Beginn habe ich mich zwar noch dagegen gesträubt. Weil es natürlich gleichzeitig bedeutet, dass ich auf Hilfe von anderen angewiesen bin, zugeben muss, dass ich «schwach» bin. Das fällt nicht leicht. Mir zumindest. Aber es ist die einzige wirksame Strategie. Komischerweise höre ich – je offener ich über mein Burn-out im Freundes- und Bekanntenkreis spreche – zahlreiche ähnliche Storys: «Ach, ich habe nach meiner Trennung auch ein Antidepressivum gebraucht, wie viel Milligramm nimmst du denn?» oder «Meine Schwester war sogar für ein paar Wochen im Sanatorium, um ihre Erschöpfungsdepression auszukurieren; das hat ihr echt gut getan.» Die ganze Welt scheint ausgebrannt zu sein.

Ein Burn-out zwingt einem, sich im Leben ein paar zentrale Fragen zu stellen.

Entbehrlich sein können

Vor Kurzem waren wir bei Freunden zum Essen eingeladen. Und mein Mann erzählte von meinem Zusammenbruch. Er fand die Zeit sehr bereichernd und trotz der ganzen Tragik auch schön. Ich wollte gerade einen genervten Kommentar von mir geben, bis ich kurz innehielt. Eigentlich hat er recht: Hatte ich während dieser Zeitspanne doch gelernt, dass es auch ohne mich ganz gut funktioniert. Die Erkenntnis, entbehrlich zu sein und nicht immer alle Fäden in der Hand halten zu müssen, war zwar hart, aber zugleich auch entspannend. Unter anderem hat es auch dazu geführt, dass mein Mann und ich im vergangenen Sommer wieder zu einem Paar geworden sind und nicht mehr nur eine gut funktionierende Firma.

Multitasking Mutter

plainpicture/Johner, plainpicture/Image Source

Wenn die To-do-Listen im Kopf immer länger werden und die Tage immer kürzer.

Silvia F. (37) arbeitet 60 % und lebt mit Ihrem Mann und zwei Kindern in Zürich. Nach der Diagnose Burn-out mit Erschöpfungsdepression wurde Sie für zwei Monate krankgeschrieben. Ein Jahr nach Ihrem Burn-out ist Sie immer noch in psychiatrischer Behandlung, konnte aber das Antidepressivum absetzen. Während Ihrem «Ausfall» wurde Sie von Ihrem Mann, Freunden, Eltern, der Schwiegermutter und guten Nachbarn tatkräftig unterstützt.


«Frauen achten zu wenig auf ihre Bedürfnisse»

Den Partner möglichst früh in die Arbeit einbinden. Sich immer wieder Ruheinseln schaffen und spüren, wenn einem alles zu viel wird. Dies sind einige Tipps von Psychiaterin und Burn-out-Spezialistin Barbara Hochstrasser.
Interview Veronica Bonilla Gurzeler

wir eltern: Intellektuell unterfordert und isoliert im Vorstadthaus, wurden Frauen früher regelmässig depressiv. Heute ist die Mehrheit der Mütter berufstätig. Und läuft durch die Doppelbelastung Gefahr, früher oder später ein Burn-out zu erleiden. Was machen wir Frauen falsch?

Barbara Hochstrasser: Ich würde nicht sagen, dass wir etwas falsch machen. Das Problem war und ist vielmehr die Kleinfamilie. Ihr Nachteil ist, dass sich zu viele Aufgaben auf nur zwei Erwachsene konzentrieren. Eine vom Seco 2011 publizierte Studie* zeigte, dass Frauen als Belastungsfaktoren bei Burnout sowohl das Berufs- wie das Privatleben nannten. Bei den Männern kommt die Belastung nur von der Arbeit.

Zurück zur Grossfamilie können und wollen wir nicht. Was brauchts?

Fehlen Familienangehörige, braucht es externe Hilfe, sei es in Form nachbarschaftlicher oder familiärer Unterstützung, einer Tagesmutter oder der Kita. So funktioniert Berufstätigkeit für den Mann wie für die Frau.

Aber Frauen, die ihre Kinder fremd betreuen lassen, sind vor Burn-out nicht gefeit, im Gegenteil.

Wir wollen zu viel. Wir achten nicht auf unsere Bedürfnisse oder nehmen sie zu wenig ernst. Eine Frau hat sich nach wie vor in den Dienst des Haushalts, der Kinder und der Familie zu stellen. Geht sie einer Arbeit nach, kommt diese Aufgabe noch dazu.

Wieso ereilt auch Nur-Hausfrauen ein Burn-out?

Ihnen fehlt es oft an Wertschätzung und sozialem Austausch. Und es wird erwartet, dass sie in Schule, Vereinen und innerhalb der Familie Einsatz zeigen. Mit kleinen Kindern ist man zudem ständig fremdbestimmt, muss immer auf sie aufpassen und wird regelmässig unterbrochen bei dem, was man tut. Ein grosser Stressfaktor.

Was müssen wir ändern?

Wie eine Kaffeemaschine, die gewartet, geputzt und aufgefüllt werden muss, benötigen auch wir Aufmerksamkeit, um zu funktionieren. Zuerst müssen wir aber herausfinden, was wir wirklich brauchen, um ein gutes Leben zu führen. Dazu gehört womöglich, Zeit für sich selbst zu haben. Manche Frauen überfordern sich konstant, weil sie denken, das sei ihre Aufgabe, weil sie nicht Nein sagen oder Hilfe anfordern können.

Hat das Baby nachts Hunger oder ist das Kind krank, braucht es unsere Zuwendung. Ein Nein geht mit kleinen Kindern oft nicht.

Klar, kleine Kinder brauchen Erwachsene, die ihre Bedürfnisse zuverlässig stillen. Schlafentzug ist deshalb in den ersten Jahren ein grosses Problem. Aus diesem Grund kommen Eltern nicht darum herum, eine Bestandesaufnahme der Belastungen zu machen, Unterstützung zu organisieren und die Präsenzsowie Erholungszeit fair aufzuteilen. Den Partner sehr früh einzubinden, ist weise, da er von der Biologie nicht in diese Rolle gedrängt wird.

*Stress bei Erwerbstätigen in der Schweiz, in Auftrag gegeben vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco)

Bei chronischem Stress ist man nervös, kann nicht mehr abschalten.

Manchmal kann jedoch kaum verhindert werden, dass man über längere Zeit grossen Strapazen ausgesetzt ist. Wie gefährlich ist das?

Ist unser Stresssystem aktiviert, sind wir fokussierter; wir produzieren Adrenalin, erleben ein Hochgefühl und sind aussergewöhnlich leistungsfähig. Gleichzeitig sinkt jedoch die Selbstwahrnehmung. Gönnt man sich nicht regelmässig Pausen, chronifiziert sich die Stressbelastung; es kann zu gesundheitlichen Störungen kommen.

Gut zu wissen, dass der Mensch in Zeiten grosser Anforderungen erhöht leistungsfähig ist. Wie lange geht das gut?

Je nach Alter und Vorbelastungen einige Tage oder Wochen. Der Mensch tankt Energie vor allem im Schlaf. Kann man unter der Woche nicht genug schlafen, soll man dies am Wochenende nachholen – oder nach 14 Tagen, wenn es nicht anders geht. Der entscheidende Punkt ist, dass es ein Gleichgewicht braucht zwischen Energieverschleiss und Erholung.

Was sind die Anzeichen für ein beginnendes Burn-out?

Bei einer chronischen Stressbelastung ist man überaktiviert, nervös, kann nicht mehr abschalten und wegen Überreizung nur noch wenige Stunden schlafen. Verdauungsprobleme oder diffuse Schmerzen wie Kopf- und Rückenweh kommen hinzu. Ausserdem kann man sich nicht mehr in nützlicher Frist erholen.

Könnte man in diesem Stadium noch die Notbremse ziehen?

Ja, man merkt ja oft, dass etwas nicht mehr stimmt. Spätestens jetzt sollte man zu sich schauen, sonst kommt es irgendwann zum Zusammenbruch.

Was ist der Unterschied zwischen einem Burn-out und einer Erschöpfungsdepression?

Das Burn-out ist eine Art Vor- oder Risikozustand. Man würde gerne dies und das tun, ist aber zu müde. Die Erschöpfungsdepression bringt zum einen die Symptome einer klassischen Depression mit sich: Man erwacht frühmorgens und kann nicht mehr einschlafen, verliert Freude, Motivation und Antrieb, alles ist einem egal. Der Appetit verändert sich und das sexuelle Interesse lässt nach. Bei einer Erschöpfungsdepression kommt die reduzierte Belastbarkeit dazu: Lärm, ein Telefonat, Kinderstreit – alles überfordert einen und man wird von der Angst beherrscht, den Alltag nicht zu meistern.

Wie stark leiden die Kinder?

Kinder leiden im Allgemeinen mit den Eltern. Es ist wichtig, sie altersentsprechend über den eigenen Zustand zu informieren und gleichzeitig zu vermitteln, dass sie daran nicht Schuld sind. Wichtig ist, dass jemand da ist, der zum Kind schaut und die Mutter auffängt.

Der Perfektionsanspruch ist gross. In den Medien wird stets die super erfolgreiche, extrem attraktive Berufs- und Hausfrau gefeiert. Wie geht man damit um?

Es ist nötig, die eigene Leistungsorientierung und das Perfektionsstreben, beides gesellschaftliche Phänomene, zu hinterfragen und sich darüber klar zu werden, wem man damit gefallen will.

Leichter gesagt als getan!

Das hat auch mit den grundsätzlichen Zielen zu tun, die man im Leben verfolgt. Unsere Gesellschaft hat leider einen Sinn- und Modellverlust erfahren. Hoch im Kurs stehen heute gute Ausbildung, hohe berufliche Position, materieller Wohlstand. Die Frage nach dem tieferen Sinn des Lebens und wie es uns als Ganzes geht, ging in letzter Zeit ein bisschen verloren. Die materialistische Orientierung ist ganz klar ein Teilaspekt der Burn-out-Thematik. Man weiss heute, dass die ersten Jahre im Leben eines Menschen zentral sind für den Rest des Lebens. Liebe und Fürsorge sind gerade in dieser Zeit viel wichtiger als materielle Werte. Deshalb braucht es eine Aufwertung der Tätigkeit mit Kindern.

Wie erkennt man überforderte Mutter?

Betroffene fühlen sich ausgebrannt, sie sind kraftlos, antriebsarm, reizbar und nicht belastbar. Mangelnde Konzentration und Motivation sind typische Begleitumstände. Hinzu kommen oftmals körperliche Symptome wie beispielsweise Schlafstörungen, Angstzustände, Kopfschmerzen oder auch Essstörungen.

Was ist ein Mama Burnout?

Burn-out Mütter und Väter zwischen Erschöpfung, Depression und diffusen Ängsten. Burn-out: Darunter versteht der Volksmund eine Mischung aus verschiedenen Symptomen wie Ängsten, Erschöpfung, psychosomatischen Beschwerden bis hin zur Depression.

Was ist eine erschöpfungsdepression?

"In der Erschöpfungsdepression ist die Energie in Form von Sorgen und Grübeln oft irgendwo anders geparkt – und dann hat man für das basale Leben nicht mehr genügend Kraft. Lebensnotwendige Aufgaben wie Einkaufen oder die Pflege eines Angehörigen können Betroffene allerdings oft noch lange Zeit aufrechterhalten.

Was tun bei Überlastung als Mama?

Oft reicht es, wenn einem jemand eine Außensicht sagt. Das können Freunde, Familie oder aber auch Therapeuten sein. Regelmäßig Zeit für Bewegung einplanen: Je öfter, desto besser. Einmal die Woche sollte aber mindestens ein Spaziergang drinnen sein.