Kann man erst und zweitstimme der gleichen partei geben

Die Bundestagswahlen basieren insbesondere auf dem im Deutschland geltenden Demokratieprinzip im Sinne der Artikel 20 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 und Artikel 28 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG). Es soll sichergestellt werden, dass das deutsche Volk das Land (durch Vertreter) leiten soll. Dafür stehen 598 Sitze im Bundestag zur Verfügung. Die Frage, welcher Partei (CDU, SPD, die Grünen, die Linken, die Piraten, die FDP etc.) man seine Stimme geben sollte, wird allerdings oftmals von der Frage begleitet, wieso auf dem Wahlzettel zwei Stimmabgaben möglich sind. Was genau bedeuten eigentlich Erststimme und Zweitstimme und inwieweit beeinflussen sie die Sitzverteilung im Bundestag?

Die Erststimme

Für Bundestagswahlen wird das gesamte Bundesgebiet in 299 Wahlkreise aufgeteilt. Dabei soll jeder Wahlkreis etwa gleich viele Wähler umfassen. Nach einer Anlage zum Bundeswahlgesetz (BWahlG) dürfen die Wahlkreisgrenzen die jeweiligen Landesgrenzen jedoch nicht durchschneiden. Darüber hinaus darf die Zahl der Einwohner (ohne Berücksichtigung von Ausländern) nicht mehr als 25 % vom Durchschnitt aller Wahlkreise abweichen.

In jedem Wahlkreis treten sowohl ein Kandidat pro Partei zur Wahl an, als auch parteiunabhängige Kandidaten. Die Bürgerin bzw. der Bürger können sodann ihre Erststimme für den/die für sie am geeignetsten Kandidaten/Kandidatin abgeben. Derjenige bzw. diejenige Kandidat/in, der/die die Mehrheit der Erststimmen im Wahlkreis erhält, wird direkt in den Bundestag gewählt (sog. Direktmandat). So wird durch die Erststimmen die Hälfte der Sitze im Bundestag vergeben, um zu gewährleisten, dass alle Regionen in Deutschland im Bundestag vertreten sind.

Es gilt dabei allerdings zu beachten, dass durch die Erststimme die Stärke einer Partei im Bundestag nicht bestimmt wird. Denn für jedes Direktmandat in einem Bundesland erhält die Partei dort grundsätzlich ein sog. Listenmandat weniger.

Die Zweitstimme

Die Parteien erstellen vor der Wahl für jedes Bundesland eine Liste mit Personen, die sich im Deutschen Bundestag engagieren wollen (sog. Landesliste). Mit der – vergleichsweise wichtigeren Stimme – wählt die Bürgerin / der Bürger demnach keine bestimmte Person, sondern eine Partei. Wie viele Personen auf der Liste dann tatsächlich einen Sitz im Bundestag erhalten, richtet sich nach den erhaltenen Zweistimmen. Die Zweitstimme entscheidet also darüber, wie stark eine Partei im Bundestag vertreten ist. Daher wird sie auch oft „Kanzlerstimme“ genannt.

Damit die Zweitstimmen aber überhaupt zählen können, müssen sie die sog. 5 %-Hürde überwinde oder drei Wahlkreise durch Direktmandate erhalten (sog. Sperrklausel). Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, so verfallen alle Zweitstimmen und die Partei kommt nicht in den Bundestag. Diese Regelung soll eine faktisch zweifache Einflussnahme der Wählerinnen und Wähler auf die Zusammensetzung des Bundestags verhindern.

Die sog. Überhangsmandate

Erringt eine Partei mehr Direktmandate durch Erststimmen in einem Bundesland, als ihr gemäß dem Zweistimmenergebnis in diesem Bundesland zustehen würden, so liegt ein Fall der Überhangsmandate vor. Der Umgang mit solchen Überhangsmandaten ist jedoch nicht strikt geregelt und kann von Wahl zu Wahl anders gehandhabt werden. Die einfachste Lösung ist dabei die Erweiterung der Anzahl der Sitze im Bundestag. Möglich wäre allerdings auch eine Nichtzuteilung der Überhangsmandate oder zwar eine Zuteilung, dafür aber eine Wegnahme von nichtüberstehenden Sitzen an anderer Stelle.

Das sog. Stimmensplitting und die Abgabe von nur einer Stimme

Es ist nicht notwendig, dass die Erst- und Zweitstimme der gleichen Partei gegeben werden. Daher besteht auch die Möglichkeit eine sog. Leihstimme bzw. Stützstimme zu vergeben. Dabei vergibt die Wählerin / der Wähler eine Stimme aus wahltaktischen Gründen einer anderen als der von ihr / von ihm bevorzugten Partei.

Darüber hinaus steht es der Wählerin bzw. dem Wähler frei, auch nur eine Stimme, sei es die Erststimme oder die Zweitstimme, abzugeben. Die jeweils nicht abgegebene Stimme zählt dann als „ungültig“.

Wem überhaupt ein Wahlrecht zusteht, erfahren Sie in unserem Ratgeber „Bundestagswahl: wer darf in Deutschland wählen?“.

Am 15. Mai 2022 wird in NRW ein neuer Landtag gewählt. Jeder Wähler hat auf seinem Wahlzettel eine Erststimme und eine Zweitstimme. Worin unterscheiden sie sich?

Düsseldorf Jeder Wahlberechtigte kann bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen seine Stimme abgeben. Dabei hat er mit der Erst- und der Zweitstimme sogar zwei Stimmen, die jedoch über unterschiedliche Bereiche bei der Wahl entscheiden.

Welche Funktionen haben Erststimme und Zweitstimme, was genau ist der Unterschied, und müssen beide Stimmen abgegeben werden, damit der Stimmzettel bei der Wahl in NRW gültig ist? Ein aktueller Überblick.

Wahlzettel zur Landtagswahl 2022 in NRW: Erststimme und Zweitstimme erklärt

Was wähle ich mit der Erststimme bei der Landtagswahl 2022 in NRW?​​​​​

Mit der Erststimme wird der Abgeordnete im Wahlkreis des Wahlberechtigten bestimmt. Von diesen Wahlkreisen gibt es in Nordrhein-Westfalen insgesamt 128. Die Kandidaten der Parteien treten gegeneinander an und werben für die Erststimme der Wähler in ihrem jeweiligen Wahlkreis. Die Reihenfolge, in der die Kandidaten auf der Liste für die Erststimme aufgeführt sind, richtet sich nach dem Ergebnis der Partei bei der vergangenen Landtagswahl in NRW. Diese war im Jahr 2017.

Der Kandidat, der die meisten Erststimmen in seinem Wahlkreis sammelt, erhält ein Direktmandat und zieht als Abgeordneter in den Landtag in Düsseldorf. Das Prinzip der Erststimme soll sicherstellen, dass aus jeder Region Nordrhein-Westfalens ein Abgeordneter im Landtag sitzt und somit jede Region mit ihren spezifischen politischen Forderungen im Parlament des Bundeslandes vertreten ist.

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Mit der Erststimme können Wähler also auf regionaler Ebene ihre Stimme abgeben und so politischen Einfluss über den Abgeordneten mit Direktmandat im Landtag nehmen.

Was wähle ich mit der Zweitstimme bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2022?

Die Erststimme stellt bei der Stimmabgabe allerdings die weniger relevante Stimme dar. Denn wesentlich wichtiger ist die Zweitstimme. Mit der Zweitstimme auf dem Wahlzettel zur Landtagswahl wählen die Wahlberechtigten eine der 29 Parteien, die an der Wahl in NRW teilnehmen. Sie entscheidet also über die Mehrheitsverhältnisse im Landtag Düsseldorf und die Sitzverteilung der mindestens 181 Sitze

Die Sitze im Landtag werden mit den Direktkandidaten besetzt, die über die Erststimmen ins Landesparlament einziehen. Hinzu kommen Kandidaten, die von den Parteien auf Landeslisten aufgestellt wurden.

Durch die Zweitstimme lässt sich nicht einer der Kandidaten direkt wählen – die Zweitstimme wird also beispielsweise nicht für den CDU-Kandidaten Hendrik Wüst oder den SPD-Kandidaten Thomas Kutschaty abgegeben, sondern für die Landesliste der jeweiligen Partei. Auf dieser Landesliste sind die Kandidaten aufgelistet, die eine Partei in das Parlament nach Düsseldorf schicken möchte.

Dabei ist die Reihenfolge der Kandidaten auf den Landeslisten entscheidend. Die Parteien entsenden ihre Kandidaten im Verhältnis zu ihren gewonnenen Zweitstimmen in den Landtag. Wer also auf der Landesliste oben steht, kommt eher zum Zug.

Bei der Sitzverteilung durch die Zweitstimme gilt dann: Als Erstes werden die entsprechenden Plätze im Landtag an die Direktkandidaten einer Partei vergeben – also die Erststimmen. Erst dann folgen die Kandidaten von den Landeslisten – also die Parteien, die die Zweitstimme erhalten haben. Nach dieser Systematik können die Parteien bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen mehr Direktmandate gewinnen, als ihnen nach Zweitstimmenanteil Sitze im Landtag NRW zustehen. Wenn das der Fall ist, wird der Landtag in Nordrhein-Westfalen vergrößert.

Die Zweitstimmen zählen allerdings nur dann, wenn die jeweilige Partei mindestens fünf Prozent aller Zweitstimmen erhält. Sollte dies nicht der Fall sein, verfallen die Zweitstimmen, und die betroffene Partei ist im kommenden Landtag nicht vertreten.

>>Lesen Sie dazu: Alle wichtigen Nachrichten zur Landtagswahl in NRW in unserem Newsblog und den Koalitionsrechner mit allen Umfragen und Prognosen

Warum gibt es zwei Stimmen bei der Landtagswahl in NRW 2022?

Durch das Prinzip der Erst- und Zweitstimme soll Folgendes sichergestellt werden: Die Erststimme garantiert, dass Kandidaten aus allen Wahlkreisen – und somit aus allen Regionen des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen - im Landtag vertreten sind. Die Zweitstimme hingegen bestimmt die Machtverhältnisse zwischen den zur Wahl antretenden Parteien. Durch die Anzahl gewonnener Sitze im Landtag Düsseldorf werden Koalitionen möglich oder ausgeschlossen.

Müssen beide Stimmen abgegeben werden, damit der Wahlzettel gültig ist?

Nein. Die Wähler müssen nicht zwingend Erst- und Zweitstimme abgeben, damit ihr Stimmzettel zur Landtagswahl 2022 in NRW gültig ist. Lediglich die nicht abgegebene Stimme wird als ungültig gewertet.

Können beide Stimmen an dieselbe Partei gegeben werden?

Ja. Sie können Ihre Erst- und Zweitstimme derselben Partei geben. Es ist jedoch genauso möglich, die zwei Stimmen aufzuteilen und an zwei verschiedene Parteien zu geben.

Wann ist mein Wahlzettel zur Landtagswahl 2022 in NRW ungültig?

Die Stimmabgabe bei der Landtagswahl ist dann ungültig, wenn sich auf dem Wahlzettel mehr als eine Markierung je Spalte befindet – beispielsweise zwei Kreuze je Spalte. Anstelle eines Kreuzes können aber auch Punkte, Häkchen oder sonstige Kennzeichnungen erfolgen. Diese dürfen allerdings weder mehrdeutig – zum Beispiel Fragezeichen – noch verfassungsfeindlich sein.

Die Stimmabgabe ist auch dann ungültig, wenn der Stimmzettel keine oder keine zweifelsfrei erkennbare Kennzeichnung enthält oder wenn außer dem Kreuz Bemerkungen geschrieben werden. Bei einem Wahlzettel mit lediglich einer Stimmabgabe ist nur die fehlende Stimme ungültig.

Mehr: CDU liegt in NRW laut Umfrage knapp vor SPD. 

Was ist wichtiger die Erststimme oder Zweitstimme?

Die Zweitstimme ist bei der Wahl zum Deutschen Bundestag die grundsätzlich maßgebliche Stimme für die Sitzverteilung an die Parteien.

Wen wählt man mit der Erststimme?

Bei der Bundestagswahl und bei vielen Landtagswahlen in Deutschland wählt man mit der Erststimme einen Direktkandidaten in seinem Wahlkreis.