Das Durchscrollen des Facebook-Feeds ist ein masochistischer Tick, der vielen von uns anhaftet. Im schlimmsten Fall erinnert uns dieser Tick immer wieder daran, dass wir irgendwann im Leben mal diverse Personen falsch eingeschätzt und daraufhin deren Freundschaftsanfragen angenommen haben. Ich muss allerdings auch zugeben, dass es mir manchmal wirklich Freude bereitet, mich durch das Profil meiner ehemaligen besten Freundin aus der fünften Klasse zu klicken. Ich lache nämlich gerne über Memes zur Schönheit von Pitbulls, über nostalgische Posts zu „Damals" und über tiefsinnige Zitate über das Leben (du weißt schon, „Wenn du loslässt, hast du beide Hände frei - Chinesische Weisheit" und so weiter). Einer neuen Studie der University of Waterloo zufolge sind meine ehemalige beste Freundin und Menschen, die in die gleiche Kerbe schlagen, in Wahrheit jedoch ziemlich dumm. In der wissenschaftlichen Abhandlung mit dem recht blumigen Titel On the reception and detection of pseudo-profound bullshit schreiben der Doktorand Gordon Pennycook und vier andere Forscher, dass es einen Zusammenhang zwischen niedriger Intelligenz und der Begeisterung für augenscheinlich tiefgründige Zitate gibt. In der Studie nutzten die Wissenschaftler die Website sebpearce.com, auf der man sich zufällige Aussagen generieren lassen kann, die tiefsinnig klingen sollen. Die Ergebnisse sind dabei auf den ersten Blick erstaunlich überzeugend, beim näheren Hinsehen ergeben sie dann jedoch kaum mehr Sinn. Quelle: Adobe Photo Stock In den oberen Etagen sagt man: „Besser eine schnelle Entscheidung als gar keine!“ Das stimmt beim Tetris ganz genau! Improvisieren bei Fehler steht beim Managen hoch im Kurs! Je schneller sich das Business dreht, umso hektisch holzschnittartiger werden die Entscheidungen. Die Projekte werden unter großer Eile „hochkomplex“, sagt man. In Wirklichkeit sehen die Projekte so aus wie die löchrig wachsende Tetris-Mauer auf dem Bildschirm, wenn man sie in ihrer ganzen Historie sehen könnte. Die wahrgenommene Komplexität bildet sich aus der Summe früherer Nachlässigkeiten und den dadurch entstandenen Budgetlöchern. Richtig schnell geht eben nur dumm! Außer bei den großen Meistern, für den sich aber ein neu ernannter Manager meist schon hält, ohne durch seine Fehler in der Folge demütiger zu werden. Denn er hat seine kleinen Patzer (wie beim Blitzschach) nicht mehr im Kopf. Er steht nun oft in einer „komplexen Situation“, wie er bei subjektiv empfundener Ohnmacht sagt, weil er vor einer Herausforderung steht, die er selbst erzeugt hat. Wer ihn auf die Patzer in der Anfangsphase stupst, erntet Ärger: „Das ist ein nur kleiner Fehler, na und?“ Man nennt ihm einen zweiten. „Was soll das? Wollen Sie Ärger?“ Niemand versteht, dass die Komplexität sich oft aus vielen kleinen Fehlern speist, die eben die löchrige und hohe Mauer bei Tetris erzeugen. Der große Meister macht auch keine kleinen Fehler, besonders nicht in Eile. Der Weise aber spielt das Leben nur auf nachhaltigem Level und verzichtet vorhaltig auf den Aufstieg nach dem Peter-Prinzip. Das Leben ist eben nicht wie Tetris, wo sich der Level automatisch nach oben schaltet. Wir haben die Wahl. Group 13 Blogübersicht PrevVor NächsterNächster Markus Gebhard sagt: 20. November 2019 um 08:03 Uhr Sorry to insist, aber Sie verwenden den Begriff „dümmer“ leider inflationär und teilweise nicht korrekt, denn beim Spielen mit hoher Geschwindigkeit wirkt tatsächlich nicht die sog. Intelligenz (was auch immer Sie damit meinen), sondern die antrainierte Routine, das Kleinhirn, das Rückemark oder der „Steiß des Dinosauriers“ – fragen sie einmal Soldaten, Feuerwehrleute, THWler, Astronauten (die erste Mondlandung war alles andere als „intelligent“); in bestimmten Situationen ist nix mit „Intelligenz“, sondern da muss es „nur funktionieren“, das ist nicht dumm, sondern im Gegenteil, weit vorausgedacht… Antworten Frank von der Heyde sagt: 20. November 2019 um 10:54 Uhr Diese Antwort bzw Kritik halte ich aber nicht für richtig. Antworten Markus Gebhard sagt: 20. November 2019 um 15:54 Uhr Hier ging es aber um die „Dummheit“ beim Tetris- oder Schnellschach-Spielen, die keine ist. Und genau da hinkt der Vergleich, auch wenn er vielleicht an der Managerfront falsche Vorgehensweisen adressiert. Ich verwahre mich gegen den Begriff „dumm“ an dieser Stelle; denn „dumm sind immer die anderen, nur man selbst nicht“… Antworten Daniel Davis sagt: 21. November 2019 um 07:54 Uhr Ich denke, Herr Dueck hat schon einen sehr guten Vergleich angestellt. Unsere laienhafte Spielweise von Tetris in höheren Leveln ist verglichen mit der von Meistern, die Jahre lang „Tetris Master 4 Ultimate – Extreme Speed Death Mode“ gespielt haben, einfach von der Abwesenheit eines Plan geprägt. Wo der Meister zu jedem Zeitpunkt nur noch auf die Vorschau des/der nächsten Steine schaut und den aktuellen Aufbau mit fünf bis zehn weiteren Steinkombinationen bereit im Kopf hat, kennen wir diese Strategie nicht einmal – und das ist durchaus dumm. Es ist ja nicht dumm in dem Sinne, dass wir nicht nachdenken würden. Wir sind erst ab einem bestimmten Level dumm, weil wir nicht mehr die Zeit für „unser“ Nachdenken haben – aber eben auch nicht die Methoden der Meister lernen wollen oder gar kennen. Und damit sind wir zumindest wieder bei dem „Nicht lernen wollen“-Punkt der Definition von Dummheit angekommen. Antworten lorddy82 sagt: 26. November 2019 um 01:20 Uhr schonmal mit heissen Nadeln gestrickt? ;)) Antworten Markus Niederöst sagt: 3. Dezember 2019 um 09:07 Uhr „dumm“ passt für mich extrem gut. Alles andere ist nicht provokativ genug. Antworten Klaus Dumpf sagt: 20. November 2019 um 10:12 Uhr Ich dachte, immer nur in Level 1 spielen ist der Grund, warum am Ende gar nichts fertig wird. Weil zu lange geplant und nachgedacht wird um möglichst alle Fälle zu berücksichtigen. Mit Level 5 macht man dann Fehler, die man behebt, und kommt wenigstens vorwärts? Antworten Richard Schieferdecker sagt: 20. November 2019 um 10:54 Uhr Das System „gebiert seine Kinder“. So, wie Sie das beschreiben, kommen die Weisen nie in die wirklich verantwortlichen Positionen. Also müsste das System verändert werden. Ich sage nur ein Stichwort: Postwachstumsökonomie. Aber das wird in der in meiner Wahrnehmung autistischen Welt der Mainstream-Ökonomen wohl nicht so schnell passieren. Oder hat jemand eine Idee? Antworten
Emil Zimmermann sagt: 21. November 2019 um 07:46 Uhr Dumm geht besser schnell (auch mal überlegt?) Antworten Thomas Götze sagt: 21. November 2019 um 10:20 Uhr „Dumm“ ist ein polarisierendes Wort. Dummerweise [sic!] passt es extrem gut. Denn in manchen Fällen ist dumm besser. Antworten
Gudrun Voigt sagt: 21. November 2019 um 17:37 Uhr Wenn die Gedanken an die Zukunft schon die Hochgeschwindigkeit… Stress auslösen, sollte man sich Dankbar und Liebevol auf das Hier und Jetzt besinnen, so können sich die Gedanken ändern und die Zukunft kann dann besser kommen. Der Geist erschafft Materie, auch die Gute! Antworten Knut S sagt: 22. November 2019 um 16:47 Uhr Das Wort „einfach“ waere fuer mich passender als „dumm“. Ich beobachte in meinem Umfeld (Softwareentwicklung) haeufig, dass der Fokus nicht auf Einfachheit liegt. Statt dessen sollen alle Eventualitaeten abgedeckt werden sollen, z.B. in Prozessen. Dadurch sind die Prozesse enorm komplex und unuebersichtlich, wodurch sie nicht mehr gelebt werden. KISS – keep it simple, stupid – ist enorm hilfreich. Ich stelle mir haeufig Fragen wie: „Muss dies jetzt geregelt werden oder reicht es, sich darum zu kuemmern, wenn/falls es auftritt?“ Oder auch „Kann man diesen Spezialfall mit dem Standardfall in Einklang bringen und keine Sonderwege gehen?“ Antworten
Alex S. sagt: 26. November 2019 um 01:08 Uhr Es gibt einen großen unterschied zwischen Dummheit und Intuition. Ein Tetris-Spieler hat keine „Dumme“ strategie für höhere Level, sondern hat jedes Szenario so oft gesehen, dass er nicht mehr darüber nachdenken muss. Das ist keine intelligente und strategische Entscheidung mehr, das stimmt, aber deswegen ist es nicht dumm. Das, was der Autor hier als „dumme Strategien“ bezeichnet, sind das Produkt Jahrelanger erfahrung, und haben keinesfalls was mit „dumm“, „einfach“ oder „simpel“ zu tun, sondern sind vielmehr ein Ausdruck wahren könnens. Antworten Holger sagt: 26. November 2019 um 01:54 Uhr Bitte nicht immer nur an EINEM WORT hochziehen! Antworten
Alberto siief sagt: 26. November 2019 um 09:44 Uhr wo hast du gelutscht dass dieser juckige Bullshit hier bei Firefox Pocket gezeigt wird deinen Tetrisvergleich hättest du 1990 bringen können Boomer the future is now old man Antworten Leon B sagt: 26. November 2019 um 12:35 Uhr Oh Mann, wenn old media Journalisten meinen sie hätten Ahnung von Video Games… Antworten Dominik M. sagt: 26. November 2019 um 16:19 Uhr Meines Erachtens wäre intuitiv ein geeigneterer Begriff, um das Szenario des Autors zu umschreiben. Die Ansicht des Autors, dass man von Beginn an so handeln soll, wie man es am Ende gezwungen ist, teile ich nicht. Wenn ich ausreichend Zeit habe, um etwas zu tun, sollte ich diese Zeit auch nutzen. Falls ich von Beginn an intuitiv agiere, passieren auch von Beginn an mehr Fehler und der Punkt, an dem die Situation nicht mehr zu retten ist (Game over), kommt früher. Antworten Wolfgang Heuer sagt: 26. November 2019 um 19:37 Uhr „Dumm“ ist der Gegensatz zu „weise“. „Dumm spielen“ ist ein falscher Ausdruck. „Intuitiv spielen“ wäre besser. Ohne rationales Denken spielen, sondern nur wahrnehmen und mit Hilfe der Intuition (des Unbewußten) agieren. Je mehr / besser man mit dem Unbewußten, der Seele, verbunden ist und auf ihre Fähigkeiten vertraut, desto besser gelingt’s. Antworten piquadrat sagt: 27. November 2019 um 00:31 Uhr Dumm ist, wer etwas Falsches sagt oder tut – und weiß, das es falsch ist. Zur Abgrenzung: Wer es nicht weiß, ist dämlich. In diesem Sinne ist der Begriff „dumm“ sehr präzise verwendet worden. P.S.: Dieser Beitrag richtet sich an alle, die sich in der Reiberei um Begrifflichkeiten wohl fühlen, weil sie dann keine Zeit mehr haben, in der sie sonst vielleicht über wichtigere Dinge nachdenken müssten. Antworten
HeinerK sagt: 27. November 2019 um 08:18 Uhr Interessant ist die Beachtung des Zeitdrucks beim Autofahren. Dabei muss man öfter unter Zeitdruck Entscheidungen fällen, die man anderenfalls anders gefällt hätte. Außer bei einem Unfall sind die Folgen der Entscheidung aber selten irreparabel. Aber auch Chefärzte bei der Visite oder Manager auf dem Flur oder bei Kurzbesprechungen müssen oft Entscheidungen unter Zeitdruck fällen, wobei das Problem nicht nur der Zeitdruck, sondern auch die Anzahl zu treffender Entscheidungen in einem bestimmten Zeitraum ist. Antworten Joachim Schnurrer sagt: 28. November 2019 um 17:03 Uhr Das sog. „Deadlining“, das ja z.B. bei Tetris auftritt, wird noch etwas besser beleuchtet, wenn man die schöne Geschichte der Hose zu Lohengrin im Buch Wild Duck (erste Auflage 2005) ab S218 liest. Hier kann man sehr schön die aufziehende Dummheit erkennen, die dieses Prinzip heraufbeschwören kann. Antworten Alex sagt: 30. November 2019 um 16:32 Uhr Ich halte die Beurteilung für ziemlich selbstgefällig und nicht korrekt. Gerade im Bezug zum Management gilt ein einfaches Prinzip: Ich will nur darauf aufmerksam machen, dass das streng differenziert betrachtet werden muss, was nun vorherrscht. „Management“ ist ziemlich hoch gegriffen. Alltäglicher ist z.B. das Lehren von Schulinhalten oder das Erziehen von Kindern. Man weiß nie, was kommen oder entstehen wird. In der Regel beginnt man mit einem erlernten Schema-F und passt sich danach an – je nach Eignung/Charakter der Kinder. Das würde ich auch nicht als „dumm“ bezeichnen, sondern viel eher liegt es in der Natur mancher Dinge, ins kalte Wasser springen zu müssen, bevor man genau weiß, was man getan hat oder was folgen muss. Höheres Tempo + Tetris. Wer an dieser Stelle intelligent ist, informiert sich über kognitive Vorgänge (z.B. Reaktionszeit vs. Erscheinen neuer Tetris-Blöcke) und wägt dabei ab, inwieweit darüberhaupt noch Raum ist zum Denken. Reaktionszeit kann trainiert werden. Für das aktive Nachdenken bleibt dennoch wenig Zeit. Hinterher stellt man sich die Frage – worauf reagiere ich wie am Besten und wie bereite ich mich bestmöglich darauf vor? Pros lassen sich nicht auf „dumme Strategien“ ein, sondern schaffen sich Ausgangssituationen (zusammengesetzte Muster), auf die sie leichtestmöglich reagieren können. Wenn du deine Strategie vorbereitest und auf ein Ausgangsmuster hinarbeitest, bereitest du dann eines vor, wo du Steine häufiger 2 oder 3 Linien nach links oder rechts bewegen musst? Wenn du mit Knüppel spieltst und rechtshänder bist, dann ist es motorisch leichter, Blöcke nach links als nach rechts zu bewegen. Wirst du daraufhin kompliziertere Bewegungen eher nach links oder nach rechts verlagern? Wenn du deine Muster in und auswendig kennst, welche Bewegungen und Reaktionen empfindest du als am risikoreichsten (d.h. wo ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass du zu langsam sein wirst, die erforderliche Bewegung zu vollziehen)? Wenn du weißt, wo es sehr wahrscheinlich passiert, dann lernst du wiederum das als neue Ausgangssituation und baust darauf eine erweiterte Strategie auf. Das zeigt wiederum, dass Intelligenz zwar erforderlich, aber doch eher nebensächlich ist. Wenn man sich selbst tiefgründig damit auseinandersetzen will, dann muss man sich viele Fragen stellen und Antworten darauf finden, um eine solide Strategie zu entwickeln. Die einen kommen schneller auf die Fragen, die sie wiederum auf die Antworten bringen, welche die eigene Strategie voranbringt. Bei anderen dauert das länger. Aber an aller erster Stelle steht Bereitschaft, Geduld, Ausdauer und Ehrgeiz. Und danach Üben ohne Ende. |